Michelle Martin, die Ex-Frau und Komplizin des Kinderschänders Marc Dutroux, bleibt weiter in Haft. Eine vorzeitige Haftentlassung wurde abgelehnt.
Brüssel. Mehr als fünfzehn Jahre nach den Verbrechen des Kinderschänders Marc Dutroux muss sich Belgien immer wieder mit seinem Trauma auseinandersetzen: Am Donnerstag lehnte ein Gericht in Mons einen Antrag dessen früherer Ehefrau und Komplizin, Michelle Martin, auf vorzeitige Haftentlassung ab. Die mögliche Freilassung war in Belgien heiß diskutiert worden. Viele Belgier lehnen sie strikt ab. Auch die Eltern der Opfer hatten sich in der Vergangenheit vehement gegen eine vorzeitige Haftentlassung ausgesprochen.
Die dreifache Mutter, die mittlerweile von Dutroux geschieden ist, war 1996 am selben Tag wie ihr damaliger Ehemann fest genommen worden. Dutroux erhielt eine lebenslange Haftstrafe ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung. Er hatte sechs Mädchen in seine Gewalt gebracht, vergewaltigt und elendig zugrunde gehen lassen. Seiner damaligen Frau wurde angelastet, umfangreich an seinen Taten beteiligt gewesen zu sein. Vor allem wurde ihr zur Last gelegt, dass sie zwei der Opfer in einem Kellerverlies verhungern ließ.
Martin wurde zu 30 Jahren Haft verurteilt, von denen sie die Hälfte mittlerweile verbüßt hat. Medienberichten zufolge soll sie während der Haftzeit tief religiös geworden sein. Im Prozess hatte Martin immer betont, aus Angst nicht in das Kellerverlies gegangen zu sein, um den dort gefangen gehaltenen Mädchen etwas zu Essen zu bringen. Sie sei unfähig gewesen, ihrem Mann zu widersprechen.
Der Antrag Martins war nicht ihr erster. Zuletzt hatte sie im Mai vorzeitige Haftentlassung beantragt, die das zuständige Gericht ihr sogar zugestand. Sie wollte in ein französisches Kloster gehen . Weil sich Frankreich weigerte, die Dutroux-Komplizin aufzunehmen, scheiterte die Freilassung. Diesmal wurde nicht kommuniziert, wohin Martin ziehen wollte und wer sie aufnehmen sollte. Zwar gab es Berichte, dass ein niederländisches Kloster sie aufnehmen wollte. Dies wurde aber dementiert. Auch Luxemburg war als möglicher Zielort im Gespräch.
In Belgien können Straftäter nach einem Teil der Strafe die Freilassung beantragen, müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllen, die ihnen das Gericht auferlegt. Beispielsweise kann das Gericht untersagen, dass die Betroffenen Kontakt mit den Medien aufnehmen oder sich ihren Opfern nähern. Auch muss in der Regel sichergestellt sein, dass sie einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen. Da Martin vor ihrer Inhaftierung 2004 bereits straffällig geworden war und dafür inhaftiert wurde, damals wegen Beihilfe zur Vergewaltigung, galten für sie längere Fristen.
Der Vater eines des von Dutroux getöteten Mädchen, Paul Marchal, begrüßte die Gerichtsentscheidung und kündigte an, alles zu tun, um eine Freilassung Martins vor dem Ablauf der vollen Haftzeit nach Kräften zu verhindern. Martin habe bereits ihre zweite Chance gehabt, wurde er am Donnerstag in belgischen Medien zitiert. "Eine dritte Chance für sie finde ich zu viel."
Seine Ablehnung begründete das Gericht damit, dass nötige finanzielle, therapeutische und berufliche Voraussetzungen für eine Freilassung nicht erfüllt seien. Über einen neuen Antrag von Martin könnte den Angaben zufolge im kommenden Jahr entschieden werden.
Der Fall Dutroux ist für Belgien noch immer ein Trauma. Bis heute werden Polizei und Strafverfolgungsbehörden eine ganze Reihe von Ermittlungspannen zur Last gelegt. So hatte die Justiz mehrfach Hinweise ignoriert, die zu einer früheren Festnahme von Dutroux hätte führen können. Zwei von ihm entführte Mädchen verhungerten, während der Belgier in Untersuchungshaft saß.