Hamburg. Luise Gottberg und Kathrin Deumelandt übernehmen Schlüsselrollen beim Kiezclub. Was sie antreibt und wie sie den Verein prägen wollen.

Selbst Frippe ist braun-weiß. Wenngleich Luise Gottberg betont, dass die Farbe keine Voraussetzung war, den Shih-Tzu-Mischlingsrüden aus dem Tierheim zu adoptieren. Es rundet aber passend das tierisch St. paulianische Bild der 34-Jährigen ab, die seit vergangenem Freitag offiziell zur Vizepräsidentin nachgewählt wurde.

„Es klingt so schnulzig, aber für meinen Herzensverein tätig zu werden, ihn mitzugestalten zu dürfen, ist so wunderbar erfüllend“, sagt Gottberg und hat dabei – ganz schnulzig – glänzende Augen und fasst sich aufs Herz. Kein Wunder, die Hamburgerin ist auf dem vorläufigen Höhepunkt des braun-weißen Teils ihres Lebens angelangt: wohnhaft im Viertel, früher Gegengerade, dann Südtribüne, immer schon großer Fußballfan.

Luise Gottberg und Kathrin Deumelandt sind die neuen Führungsfrauen des FC St. Pauli

Eine ähnliche Biografie hat Kathrin Deumelandt hinter sich. Sie geht seit 24 Jahren ins Millerntor-Stadion, ist seit 2009 Vereinsmitglied, stieß vor zwei Jahren in den Aufsichtsrat vor und übernahm nun die Leitung der zuvor eine Dekade amtierenden Sandra Schwedler. Um Gottberg wie um Deumelandt wird derzeit viel gesprochen – wegen ihrer neuen Posten, aber auch weil sie als Frauen in Spitzenpositionen im Profifußball Raritäten sind.

Julia Möhn
Julia Möhn (52) ist Chefin der Initiative „Fußball kann mehr“. © Funke Foto Services | Mark Sandten

„Im Topmanagement der 36 Proficlubs sind nur sechs von 84 Positionen weiblich besetzt“, sagte Julia Möhn unlängst im Abendblatt-Podcast „Millerntalk“. Die Geschäftsführerin der Initiative „Fußball kann mehr“ lobte in diesem Zusammenhang den FC St. Pauli als glänzendes Beispiel. Für etwas, das eigentlich ganz normal sein sollte.

Frauen in Führungspositionen sind selten im Profifußball

„Es sollte etwas Normales sein, aber im Profisport und speziell im Fußball sind auf den Haupttribünen oder auf offiziellen Fotos viele schwarze Anzüge zu sehen, dagegen wenig Diverses“, sagt Deumelandt. Obwohl Vereine, die Frauen ausbooten, „auf eine Menge Expertise verzichten“, sei noch eine große Wegstrecke zurückzulegen.

Die Einführung einer Quote könne ein Vehikel dazu sein, Räume für Frauen zu öffnen. „Ich selbst würde mich, zumindest beim FC St. Pauli, aber schon als Teil der Post-Quoten-Generation ansehen. Das ist eine tolle Errungenschaft“, sagt Gottberg, die kein großes Aufsehen um ihr Geschlecht machen möchte.

Wie Gottberg und Deumelandt den Kiezclub voranbringen wollen

Viel wichtiger ist der Rechtsanwältin mit Fachgebiet Verwaltungsrecht, sich während ihrer Amtszeit für Fanthemen einzusetzen. „Der Fußball soll weiter die hohe Bedeutung für die Fans behalten. Besonders bezüglich Teilhabe und des Zusammenhalts, der Zugang soll unbeschränkt bleiben“, sagt Gottberg, die Präsident Oke Göttlich (48) für sie ziemlich unerwartet zu Jahresbeginn gefragt hatte, die scheidende Vizepräsidentin Christiane Hollander (61) zu ersetzen.

Fussball
Luise Gottberg (34) ist die jüngste Vizepräsidentin der Geschichte des FC St. Pauli. © Witters | Leonie Horky

Deumelandt (51), Leiterin der Volkshochschule Ost, bringt besonders ihre ökonomischen Kenntnisse in den Aufsichtsrat ein. Die ehemalige Mitarbeiterin der Hamburger Wissenschaftsbehörde kennt die Politiklandschaft der Stadt. Dass sie nun den Vorsitz übernommen hat, ändere wenig an der bereits sehr engen Zusammenarbeit des Gremiums, das Göttlich einmal monatlich zum Bericht einbestellt.

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„Wir überlegen uns auch, wie sich der FC St. Pauli weiterentwickeln kann“, sagt die gebürtige Magdeburgerin. Die Entwicklung zu einem Bundesligisten, an dessen Spitze Geschlecht keine Rolle spielt, ist bereits vollzogen. „Aber für einen Kulturwandel muss es weiter thematisiert werden“, sagt Deumelandt. Frippe würde vermutlich zustimmend bellen.