Hamburg. Der ehemalige Kapitän hat auch bei Holstein Kiel gearbeitet. Verlieren sei für Aufsteiger normal, aber man darf sich nicht daran gewöhnen.

„An das Spiel beim SC Freiburg erinnere ich mich sehr gut, nicht nur weil ich das Tor zum 1:1 gemacht habe“, erzählt Fabian Boll, „wir hatten nach unserem 3:1-Sieg dort sofort das Gefühl, dass wir in der Bundesliga angekommen sind.“ Das war am ersten Spieltag der Saison 2010/11 und der Mittelfeldspieler Boll triumphierte mit Aufsteiger FC St. Pauli im Breisgau.

„Irgendwann brauchst du dieses Gefühl, in der Bundesliga angekommen zu sein, auch der Trainer braucht das“, sagt der langjährige Mittelfeldspieler der Kiezkicker und Co-Trainer von Holstein Kiel mit Blick auf seine beiden ehemaligen Vereine, die in dieser Spielzeit als Aufsteiger bereits nach zwei Spieltagen punktlos am Tabellenende stehen. „Aber noch ist es zu früh, um nervös zu werden oder den Stab zu brechen.“

Kommissar Boll verfolgt seine Clubs mit Interesse

Seit dem Ende seiner Trainertätigkeit an der Förde im Sommer 2022 arbeitet Boll wieder in seinem gelernten Job als Polizeikommissar, was „seine“ Clubs nun in der Fußball-Bundesliga so treiben, verfolgt der 45-Jährige aber natürlich mit großem Interesse.

Wobei er große Unterschiede in den Ambitionen der Vereine vermutet: „In Kiel rechnet, glaube ich, keiner ernsthaft damit, dass die Mannschaft die Klasse hält, die Bundesliga ist ein Zugewinn. Bei St. Pauli sind die Ansprüche, denke ich, andere. Die rechnen nach der überragenden letzten Saison schon damit, dass sie Chancen auf den Klassenerhalt haben.“

Systemumstellung bei neuem Trainer braucht Zeit

Deshalb seien die Niederlagen gegen den 1. FC Heidenheim und Union Berlin auch so enttäuschend, Mannschaften, von denen man dachte, dass sie auf Augenhöhe seien. Waren sie ja auch – „zwischen den 16ern, da hat St. Pauli komplett mitspielen können, hat seine Bundesligatauglichkeit gezeigt. Aber die Effektivität in den Strafräumen ist in der Bundesliga eben nochmals viel besser“, sagt Boll, „das mussten wir damals auch lernen.“

Eine Systemumstellung bei einem neuen Trainer hat außerdem seine Tücken. Auch diese Erfahrung hat Boll selbst gemacht, als Holger Stanislawski nach dem Abstieg 2011 gegangen war. „Ich selbst habe mich bei André Schubert unheimlich weiterentwickelt“, erzählt Boll, „aber wir hatten noch lange Zeit all die Mechanismen und Abläufe von Stani drin.“ Das könnte jetzt nach Fabian Hürzeler auch noch so sein.

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Das Programm nach der Länderspielpause ist für beide Aufsteiger anspruchsvoll. St. Pauli muss zum FC Augsburg reisen, dann kommt RB Leipzig ans Millerntor. „Man kann auch mal vier Spiele verlieren, aber man darf sich dennoch nie daran gewöhnen“, sagt Boll, „das ist nicht so leicht.“ Der Blick auf die Tabelle lohne sich zu Saisonbeginn ohnehin erst nach sechs, sieben Spieltagen. „Der FC St. Pauli wird seine Punkte sammeln, davon bin ich überzeugt“, sagt der ehemalige Kapitän der Braun-Weißen, „aber es sollte nicht zu lange dauern.“