Hamburg. Zwei HSV-Profis stehen vor neuer Chance gegen Fürth. Sie sind nicht die einzigen Spieler, die bislang unter den Erwartungen blieben.

Claus Costa schaute sich am Mittwoch mit seiner gesamten Scoutingabteilung das HSV-Training im Volkspark an. Sieben festangestellte Scouts arbeiten für den Club und versorgen den Direktor Profifußball täglich mit neuen Informationen über potenzielle Neuzugänge. Sie dürften während der Einheit auf einen Spieler ganz besonders geachtet haben: Emir Sahiti. Der Flügelstürmer, der im Sommer von Hajduk Split aus Kroatien zum HSV kam, könnte am Sonnabend beim letzten Spiel des Jahres gegen Greuther Fürth zum erst zweiten Mal in dieser Saison von Beginn an spielen.

Am vergangenen Sonnabend beim Spiel in Ulm (1:1) kam Sahiti in der zweiten Halbzeit für den schwachen Bakery Jatta in die Partie und belebte das Offensivspiel des HSV. „Er hat den Schwung reingebracht, den ich von ihm erwarte“, sagte Trainer Merlin Polzin drei Tage danach. „Die Mannschaft braucht das, deshalb kann es sein, dass er nun von Anfang an spielt.“

Sahiti war neben Hefti der teuerste Neuzugang

Für Sahiti ist es im letzten Spiel des Jahres die große Chance zu zeigen, warum er im Sommer mit einer Ablösesumme von 1,2 Millionen Euro neben Silvan Hefti (CFC Genua) der teuerste Neuzugang des HSV war. Bislang lief der Nationalspieler Kosovos unter dem Radar. Der 26-Jährige, der vor wenigen Wochen das erste Mal Vater wurde, brauchte einige Zeit, um in Hamburg anzukommen. Länderspielreisen sowie eine mehrwöchige Verletzungspause machten die Eingewöhnung nicht einfacher. Nun muss Sahiti zeigen, was in ihm steckt.

Der Neuzugang spielt dabei auch für Costa und die Scoutingabteilung. Schließlich ist Sahiti ein sogenannter Scoutingtransfer. Was bedeutet, dass sich der HSV vor der Verpflichtung vor allem per Videos, Daten und Liveeindrücken über den Spieler informierte, während langjährige Bundesligaprofis wie Davie Selke oder Marco Richter keiner seitenlangen Scoutingberichte bedurften, sondern insbesondere aufgrund persönlicher Kontakte von Ex-Trainer Steffen Baumgart oder Sportvorstand Stefan Kuntz geholt wurden.

Costa wollte Sahiti schon vor zwei Jahren

Sahiti ist einer von mehreren Scoutingtransfers, die Costa in seinen zweieinhalb Jahren als verantwortlicher Kaderplaner zum HSV geholt hat. Viele Volltreffer waren bislang nicht dabei. Insbesondere in der vergangenen Sommertransferperiode gingen die Ideen bei den Neuzugängen nur bedingt auf. Ein Beispiel ist Sahiti. Rund zweieinhalb Jahre ist es her, dass Costa sich schon einmal intensiv mit dem Namen beschäftigt hatte. Der heutige Sportdirektor war zu diesem Zeitpunkt noch Leiter der Scou­ting­abteilung, hatte durch die Freistellung des damaligen Sportdirektors Michael Mutzel aber bereits eine höhere Verantwortung bei der Abwicklung von Transfers.

Der Franzose Jean-Luc Dompé, der anstelle des zu teuren Sahitis in jenem Sommer zum HSV kam, sowie dessen Landsmann William Mikelbrencis waren die ersten zwei Neuverpflichtungen, die Costa zusammen mit Ex-Sportvorstand Jonas Boldt maßgeblich mitverantwortete. Ein halbes Jahr später wurde Costa dann auch offiziell zum Nachfolger von Mutzel befördert. In seiner Funktion hat der 40-Jährige – Dompé und Mikelbrencis mit eingerechnet – in fünf Transferperioden 20 Spieler verpflichtet und dafür 7,5 Millionen Euro an Ablösesummen und Leihgebühren ausgegeben. Auf der Einnahmenseite stehen rund drei Millionen Euro durch die Verkäufe von Maximilian Rohr (500.000), Filip Bilbija (500.000) sowie Laszlo Benes (2,0 Millionen).

Auch Pherai bleibt bislang unter den Erwartungen

Das Beispiel Benes zeigt, dass Neuzugänge insbesondere beim HSV oftmals Anlaufzeit benötigen. Ähnlich wie bei Benes hätte man diesen Sprung im zweiten Jahr auch von Immanuel Pherai erwartet, der im Sommer 2023 für 750.000 Euro von Eintracht Braunschweig kam. Doch der Spielmacher, der in seinem ersten Jahr unter den Erwartungen blieb, enttäuscht bislang auch in der Hinrunde.

Auch Pherai hat nun gegen Fürth am Sonnabend die Chance, seine externe und interne Bewertung zu verbessern. „Manu deutet häufig an, was in ihm steckt“, sagt Polzin, der Pherai anstelle des zuletzt enttäuschenden Marco Richter für die Startelf nominieren dürfte. „Jetzt geht es für ihn darum, diese Qualität Team-gewinnbringend einzusetzen. Er muss mit dem Ball so umgehen, dass die Jungs ihm vertrauen können und er nicht leichtfertig agiert.“

Scoutingtransfers können noch nicht überzeugen

Leichtfertige Ballverluste waren vor allem Ex-Coach Baumgart ein Dorn im Auge. Nun spielt Pherai um seine Zukunft. Der 23-Jährige, der im kommenden Sommer eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag verankert hat, ist einer der Potenzialspieler, von denen sich der HSV irgendwann einen Transfergewinn durch einen Verkauf verspricht. Dieser ist im aktuellen Kader am ehesten noch bei Miro Muheim, Ransford Königsdörffer, Ludovit Reis oder Eigengewächs Fabio Baldé zu erwarten.

Bei den Potenzialspielern, die Costa in den vergangenen zweieinhalb Jahren aus dem Ausland verpflichtet hat, ist eine Wertsteigerung aktuell nicht in Sicht. Mikelbrencis (20) sitzt auch im dritten Jahr nach einem kleinen Hoch wieder auf der Bank, Andras Nemeth (22) trifft auch bei Preußen Münster nicht, Lukasz Poreba (24) ist bislang keine Verstärkung, Adam Karabec (21) ist nur ausgeliehen. Und selbst Noah Katterbach (23), der im Januar ablösefrei aus Köln kam, kommt über gute Ansätze nicht hinaus. Zudem hat Costa mit Javi Montero, Guilherme Ramos, Dennis Hadzikadunic und Lucas Perrin in zwei Jahren vier Innenverteidiger verpflichtet, von denen keiner nachhaltig überzeugen konnte.

Mehr zum Thema

Diese Bilanz ist aber nicht der Grund, warum Stefan Kuntz zuletzt einen Technischen Direktor verpflichten wollte. Sportdirektor Costa, der nach Abendblatt-Informationen anders als bislang angenommen noch länger als bis 2025 beim HSV unter Vertrags steht, soll sich auch im Falle der Verpflichtung eines neues Direktors weiterhin federführend um die Kaderplanung kümmern. Costas bisherige Transferbilanz ist aktuell vor allem eines: eine Momentaufnahme. Damit diese sich wieder ins Positive dreht, braucht er eine schnelle Steigerung der Neuzugänge. Am besten schon am Sonnabend durch Sahiti.