Hamburg. Die schönste Geschichte vor Weihnachten: Der dienstälteste HSV-Profi berichtet über seine ungewöhnliche Ehe – und über seine HSV-Ehe.
Wenige Tage ist es her, da saß HSV-Profi Bakery Jatta in der Kabine im Volksparkstadion und unterhielt sich mit seinen Mannschaftskollegen. Über dies. Und über das. Über das letzte Spiel. Das nächste Spiel. Und dann war da noch diese eine Sache: „Ich habe geheiratet in Gambia“, sagte der 26-Jährige. „Aber ich war in Hamburg.“
Fußballkabinen sind Biotope, wo es bisweilen auch schon mal etwas derber zur Sache gehen kann. Jatta hatte also die Lacher auf seiner Seite – verbunden mit der nicht ernst gemeinten Frage, ob es in Gambia nun sogar schon eine Online-Hochzeit gebe.
HSV-Profi Jatta erklärt seine Hochzeit
Fünf Tage nach seiner Hochzeit sitzt Jatta wieder in einer Kabine im Volkspark – und muss selbst lachen. „Natürlich haben die Jungs sich sehr für mich gefreut, auch wenn der eine oder andere einen Spaß gemacht hat“, sagt der Fußballer im Gespräch mit dem Abendblatt. „Hier ist es ja nicht normal, dass man heiratet, aber gar nicht bei der Hochzeit anwesend war.“
Jatta strahlt, holt sein Handy aus der Tasche, legt es auf den Tisch und zeigt Fotos. Von der Hochzeitszeremonie am Nikolaustag in Gambia, von seiner Braut, von den vielen unterschiedlichen Kleidern. Es muss eine große Feier gewesen sein, nur ohne Jatta. „Für viele Leute klingt das komisch, deswegen würde ich das kurz erklären“, sagt der Neu-Ehemann von Braut Isatou.
Eine muslimische Zeremonie – ohne Jatta
„In unserer Kultur kann man auch heiraten, wenn man selbst gar nicht anwesend ist. Natürlich wäre ich auch lieber in meiner Heimat dabei gewesen, aber als Fußballprofi weit weg von der Heimat, ging das leider nicht. Deswegen hatten meine Familie und die Familie meiner Frau eine große, muslimische Zeremonie geplant, bei der die Ehe dann – auch ohne meine Anwesenheit – offiziell wurde.“
Andere Länder, andere Sitten. In der Moschee in Jattas Heimatort in Gambia wurde verkündet, dass Isatou Bojang und Bakery Jatta von nun an Mann und Frau sind. Arrangierte Hochzeiten, bei denen sich die Paare gar nicht kennen, sollen nichts Ungewöhnliches in Gambia sein – aber bei Jatta war es anders: „Ich habe meine Frau in meiner Gemeinde kennengelernt, sie kommt aus demselben Dorf wie ich“, berichtet Jatta. „In unserem Fall haben sich unsere Herzen für die Hochzeit entschieden und glücklicherweise unsere Familien auch.“
Wann Jatta nach Gambia reisen will
Der eine bekommt am Nikolaustag einen Stiefel voller Schokolade, der andere bekommt eine Ehe. „Ich glaube, dass man sieht, wie glücklich ich bin“, sagt der dauerstrahlende Jatta, der sich bis zum nächsten Treffen mit seiner Braut allerdings noch ein paar Tage gedulden muss.
Direkt nach dem letzten HSV-Spiel des Jahres in der kommenden Woche gegen Greuther Fürth will der Flügelstürmer in die Heimat zu seiner neuen Frau reisen, sich ein paar Tage vom Fußball, vom HSV und vom Aufstiegskampf ablenken – und vor Ort auch regeln, dass Isatou schon bald mit in seine neue Wahlheimat reisen darf.
Während er und seine Frau erst seit wenigen Tagen ein Ehepaar sind, sind Jatta und der HSV bereits seit 2016 verheiratet. Damit ist der Afrikaner der dienstälteste Hamburger, der neben Abstieg, sechs Nicht-Aufstiegen, vielen Debatten und Prozessen auch zahlreiche Trainer erlebt hat.
Jatta erlebte schon elf HSV-Trainer
Auf die Frage, ob er wisse, wie viele es genau waren, muss Jatta lange überlegen. „Ich habe nie gezählt, wie viele Trainer ich hatte. Wenn ich es jetzt spontan sagen müsste: Sieben oder acht?“, sagt er fragend. Bei der richtigen Antwort „elf“ zieht Jatta die Stirn nach oben. „Oha, das sind mehr, als ich dachte“, sagt der Mann, der gerade die ewige Treue geschworen hat.
Doch Scheidungen im Fußballgeschäft sind natürlich auch für Jatta längst alltäglich. „Ich bin allen Trainern dankbar. Jeder war anders, jeder hatte seine eigene Art“, sagt er – und geht jeden der elf Trainer in Gedanken einmal durch.
„Tim war wie ein Papa für mich“
„Bruno Labbadia war mein erster HSV-Trainer, das war etwas Besonderes. Tim Walter war die längste Zeit mein Trainer, da hat man dann natürlich auch eine sehr enge Beziehung. Er war wie ein Papa für mich und für die ganze Kabine“, sagt Jatta. „Aber auch Merlin hat eine sehr enge Bindung mit der Mannschaft. Wir kennen ihn schon seit viereinhalb Jahren.“
Jatta hätte nichts dagegen, wenn auch die Beziehung zwischen Polzin und dem HSV etwas länger halten würde. „Er ist immer für jeden Einzelnen da – nicht nur im Training oder im Spiel. Als Spieler merkt man, wie er versucht, uns besser zu machen.“ Oft schicken sie sich gegenseitig Fußballszenen aus dem Internet. „Es geht immer darum, dass er zeigen will, wie man seine Stärken und sein Potenzial noch besser ausschöpfen kann. Er stärkt das eigene Selbstbewusstsein.“
Vor dem Spiel gegen den Karlsruher SC hat Polzin ein großes Foto von Jatta in der Kabine gezeigt und das Ganze mit der Info versehen, wie viele Spiele der Dauer-HSV-Läufer schon in der Bundesliga und in der Zweiten Liga für die Hamburger absolviert hat. „Merlin sagte vor allen: ,Schau, Baka, was du alles erreicht hast.‘“
Jatta bekommt erneut leuchtende Augen. „Merlin weiß, dass ich kein Ronaldo bin. Aber er weiß auch, was ich kann – und wie ich das Team stärker machen kann.“
HSV-Profis freuen sich über Polzin-Beförderung
Als Sportvorstand Stefan Kuntz vor Kurzem erklärte, dass Polzin mindestens bis zur Winterpause bleiben werde, habe sich die ganze Mannschaft sehr gefreut. „Merlin ist ein Trainer, mit dem man immer reden kann. Auch in schlechten Momenten. Das hilft der Gruppe sehr.“
- HSV News: OP-Schock und die Folgen – Torwart Raab fällt monatelang aus
- HSV: Ransford Königsdörffer – das steckt hinter seinem Beraterwechsel
- HSV-Nordtribünen-Report: So ticken die Ultras – Stimmung, Zusammenhalt, neuer Capo
Bis Weihnachten ist Jattas Wunschzettel klar: zwei Siege gegen Ulm und gegen Fürth – und idealerweise eine langfristige Beziehung zwischen Trainer Polzin und dem HSV. Dann geht es für den frischgebackenen Ehemann erst einmal in die Heimat.
HSV: Bakery Jatta will Familie gründen
Doch auch als gläubiger Moslem hat Jatta einen Weihnachtswunsch: „Ich hatte immer den großen Wunsch, eine Familie zu gründen. Und diese Familie will ich nun mit Isatou zusammen gründen“, sagt Bakery Jatta, der dann in der Kabine neuen Gesprächsstoff hätte.
Inschallah. „So Gott will.“