Hamburg. HSV-Stürmer hat sich zum Leistungsträger entwickelt. Was ein Beraterwechsel bedeutet und wie er ein Manko bekämpft.

Ransford Königsdörffer ist kein Typ, der gern im Mittelpunkt steht. In Interviewsituationen mit Journalisten wirkt der Stürmer des HSV bisweilen schüchtern. Fragen nach Erklärungen für sportlich schwierige Phasen weicht er oftmals aus, indem er sich in die Allzweck-Floskel „so ist Fußball“ flüchtet. Gleichzeitig tut sich Königsdörffer schwer, mit Komplimenten für seine Leistung umzugehen. So eintönig er in solchen Gesprächen auch herüberkommt, auf dem Platz wirkt er wie ausgewechselt.

In dieser Saison hat sich Königsdörffer zum Leistungsträger entwickelt. Mit sieben Toren führt er die interne Torjägerliste gemeinsam mit dem Langzeitverletzten Robert Glatzel und Davie Selke an. Mehr Mittelpunkt geht kaum.

HSV-Profi Königsdörffer: Der erste Kontakt

Bei seinem Führungstor im Heimspiel des HSV gegen Darmstadt (2:2) zeigte er sogar eine ganz neue Qualität beim ersten Kontakt, der ihm häufig als Manko ausgelegt wird. Gedankenschnell nahm er den scharfen Pass von Jean-Luc Dompé mit der rechten Sohle optimal mit, drehte sich einmal um die eigene Achse und vollstreckte mit seinem zweiten Kontakt im Stile eines Topstürmers.

Diese Szene wird beim HSV als Indiz gewertet, wie lernfähig Königsdörffer ist. Denn sein erster Kontakt wurde in den Gesprächen mit seinen bisherigen HSV-Trainern Tim Walter, Steffen Baumgart und aktuell Merlin Polzin schon mehrmals thematisiert. Sportvorstand Stefan Kuntz, früher selbst Stürmer, nahm den Angreifer ebenfalls zur Seite, um ihm Verbesserungsvorschläge für die richtige Ballmitnahme an die Hand zu geben.

Königsdörffer hat ein Abseitsproblem

Auch beim Lösen von gegnerischen Abwehrspielern ist Königsdörffer lange Zeit Potenzial nach oben bescheinigt worden. Nachdem für den bisherigen Flügelspieler in dieser Saison eine neue Position in der Sturmmitte gefunden wurde, stand er häufig im Abseits. Nicht innerhalb der Mannschaft, aber auf dem Platz. Denn seine Laufwege waren anfangs nicht immer optimal.

Zehnmal wurde Königsdörffer bereits aus der verbotenen Zone zurückgepfiffen und damit so oft wie kein anderer Hamburger. Auf Platz zwei folgt schon mit großem Abstand Youngster Fabio Baldé (drei). Ligaweit standen nur Schalkes Torjäger Kenan Karaman (zwölf) und Kölns Damion Downs (elf) häufiger im Abseits.

Doch auch in diesem Bereich wird Königsdörffer beim HSV eine Entwicklung seit Saisonbeginn bescheinigt, denn zuletzt bewegte er sich deutlich besser im erlaubten Bereich am Rande der Abseitslinie.

HSV plant Zukunftsgipfel mit Königsdörffer

Weil der Stürmer als sehr lernwillig gilt und Ratschläge annimmt, will ihm der Club eine langfristige Perspektive aufzeigen. Nach Abendblatt-Informationen wird es Anfang des Jahres 2025 ein Zukunftsgespräch zwischen dem HSV, Königsdörffer und seinem neuen Berater geben. Dabei wollen beide Parteien eruieren, ob die Zusammenarbeit fortgesetzt werden soll.

Der gebürtige Berliner hat sich gerade von seinem langjährigen Berater getrennt und ist von der Agentur Aka Global zu Roof gewechselt, bei der Fußballergrößen wie Kai Havertz, Serge Gnabry und Virgil van Dijk unter Vertrag stehen, um nur drei Namen zu nennen. Mit einer solchen Entscheidung bereiten Spieler häufig einen Wechsel vor. Bei Königsdörffer stellt sich die Lage jedoch anders dar. Er ist einem langjährigen Freund beim Wechsel der Berateragenturen gefolgt. Nicht mehr und nicht weniger. Der HSV muss sich also (vorerst) keine Sorgen machen.

Aus Sicht des HSV ist die Lage ohnehin klar: Die Hamburger möchten Königsdörffers im Juni 2026 auslaufenden Vertrag gern verlängern. Sollte der Profi seine Zukunft nicht in Hamburg sehen, wäre der Sommer 2025 zugleich die letzte Möglichkeit, ihn gewinnbringend zu verkaufen. Um einen ablösefreien Wechsel in eineinhalb Jahren zu verhindern, gibt es für den HSV mittelfristig daher nur zwei Optionen: verlängern oder verkaufen. Mit einer Entscheidung, die auch vom neuen Trainer oder dem Verbleib Merlin Polzins abhängt, ist allerdings erst in einigen Monaten zu rechnen.

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Königsdörffer war 2022 für 1,2 Millionen Euro vom damaligen Zweitligaabsteiger Dynamo Dresden nach Hamburg gewechselt. Mit seinen 23 Jahren und seiner aktuellen Trefferquote ist er einer der wenigen Spieler des Kaders, mit dem sich in der Theorie ein Transfergewinn erzielen ließe. In der Praxis stehen die Zeichen aber auf Verlängerung.

Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Weil Ex-Trainer Walter Königsdörffer kaum für die Startelf berücksichtigt hatte, wollte der Angreifer im vergangenen Winter nur noch eines: weg. „Bei Tim Walter wollte ich gehen. Das war im Winter. Ich wollte einfach mehr spielen“, sagte er rückblickend im August dieses Jahres. „Ich durfte dann aber nicht wechseln, also bin ich geblieben.“

Eine gute Wahl für ihn persönlich und den HSV, der mit dem auch schon wieder freigestellten Steffen Baumgart einen Walter-Nachfolger installierte, unter dem Königsdörffer eine rasante Entwicklung nahm. Statt eines Abgangs steht nun sogar ein neuer Vertrag im Raum. „So ist Fußball“, würde Königsdörffer dazu wohl sagen.

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