Hamburg. Der HSV setzt mindestens bis zur Winterpause auf den 34-Jährigen. Wie dieser die Entscheidung vor dem Darmstadt-Spiel aufnahm.

Es war ein überraschendes Bild, als am Freitagnachmittag vor dem Heimspiel des HSV gegen Darmstadt 98 (So., 13.30 Uhr) nicht nur Merlin Polzin, sondern auch Stefan Kuntz neben Pressesprecher Philipp Langer auf dem Podium des Medienraums Platz nahm. Aus dem Grund für die ungewöhnliche Konstellation machte der Sportvorstand dann auch kein großes Nikolaus-Geheimnis.

„Wir haben heute morgen Merlin und seinem Trainerteam gesagt, dass das Vertrauen nicht nur bis zum nächsten Spiel, sondern mindestens bis zur Winterpause gilt“, sagte Kuntz und gab Polzin damit eine Jobgarantie für die letzten drei Spiele des Jahres. Ob es auch sein Wunsch sei, mit dem Bramfelder in die Rückrunde zu gehen, ließ Kuntz offen. „Ich äußere keine Wünsche mehr, seit ich weiß, dass es das Christkind gar nicht gibt.“

Und im Ernst: „Es geht darum, einem jungen Trainer eine Chance zu geben, die nicht nur von einem Spiel abhängig ist.“ Zudem will er Polzin den Druck nehmen, bei einer möglichen Niederlage wieder weichen zu müssen. „Merlin muss sich jetzt keine Gedanken um das Ergebnis machen. Dieses Vertrauen geben wir dem Trainerteam angesichts der Arbeit, die wir feststellen konnten, aus voller Überzeugung.“

Kuntz verhandelt weiter mit HSV-Kandidaten

Polzin selbst freute sich logischerweise über das Vertrauen. „Das ist ein Antrieb, der noch mal mehr pusht für das Wochenende“, sagte der 34-Jährige. „Es bedeutet eine große Verantwortung, die ich wertzuschätzen weiß.“ Gegen Darmstadt wolle man damit beginnen, das Volksparkstadion wieder „zu einer Festung“ zu machen.

Kuntz hatte in erster Linie die Trainerleistung rund um das vergangene Auswärtsspiel in Karlsruhe (3:1) überzeugt. „Wir haben alle gesehen: Es gab eine emotional aufdrehende Mannschaft. Es gab taktische Änderungen und Personalentscheidungen, bei denen wir deckungsgleich waren“, sagte er.

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Trotz der „fairen Chance“, die Polzin nun bekomme, könnten parallel Gespräche mit weiteren Kandidaten geführt werden. „Vielleicht gehen ja die Verhandlungen weiter“, sagte Kuntz und stellte klar: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich mich weiter mit anderen Trainerkandidaten treffe und sie einfach mal kennenlerne. Das war schon unter Steffen Baumgart so“, sagte Kuntz.

Labbadia-Deal unwahrscheinlich, aber möglich

Die Wahrscheinlichkeit, dass Bruno Labbadia zum HSV kommt, ist mit der neuen Entscheidung deutlich gesunken. Der ehemalige HSV-Coach, der vor einer Woche noch als Topfavorit auf die Nachfolge von Baumgart galt, soll zudem etwas irritiert gewesen sein über die Kommunikation von Kuntz in diesem Prozess. Dass der Darmstädter im Laufe der Saison aber doch noch in den Volkspark zurückkehrt, sollte es mit Polzin nach der Winterpause nicht gut laufen, ist nicht ausgeschlossen. Das Spiel am Sonntag gegen Labbadias Heimatclub Darmstadt coacht nun aber Polzin.

Der bisherige Co-Trainer nimmt damit nun als Chefcoach seinen vierten Anlauf, ein Heimspiel gegen Darmstadt zu gewinnen. In seiner ersten Saison unter Daniel Thioune war die 1:2-Niederlage im April 2021 der Anfang vom Ende für Thioune. Es kam hinterher zu einem Kabineneklat zwischen Thioune und Stürmer Bobby Wood, die Stimmung in der Mannschaft kippte gegen den Trainer. Polzin durfte bleiben, schaffte aber auch mit dem Trainerteam um Tim Walter in zwei Versuchen keinen Sieg.

HSV trifft auf Angstgegner Darmstadt

In alles sechs Zweitligapartien blieb der HSV gegen die Lilien sieglos. Besonders bitter war die 2:3-Niederlage im März 2019 nach einer 2:0-Pausenführung. Von dieser Pleite sollte sich der damalige Trainer Hannes Wolf nicht mehr erholen. Auch in den Bundesligajahren 2016 und 2017 gab es gegen Darmstadt zwei Heimniederlagen. Der letzte Sieg gegen die Hessen im Volkspark geschah im Jahr 1981.

Ob Polzin diesen Negativlauf beenden kann? Mit Florian Kohfeldt kommt nun ausgerechnet ein Trainer in den Volkspark, der mit Darmstadt einen echten Positivlauf hat. Seit der 42-Jährige Mitte September die Nachfolge von Torsten Lieberknecht übernommen hat, ist Darmstadt in der Zweiten Liga ungeschlagen. In der sogenannten Kohfeldt-Tabelle der vergangenen zehn Spiele liegt Darmstadt sogar auf Platz eins. In der echten Tabelle ist der Bundesligaabsteiger aktuell zwar nur Elfter, hat aber auch nur drei Punkte Rückstand auf den Zweitplatzierten HSV.

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Polzin ließ Darmstadt beim Pokalspiel in Bremen am Dienstagabend beobachten und ist auf einen starken Gegner eingestellt. „Wir konnten uns auf alle taktischen Szenarien gut vorbereiten. Es wird ein sehr intensives Spiel. Wir wollen wieder unsere Stärken auf den Platz bekommen“, sagte Polzin, der wieder auf den zuletzt verletzten Jonas Meffert zurückgreifen kann.

Als Interimstrainer konnte Polzin zuletzt in Karlsruhe den Ohne-Meffert-kann-der-HSV-nicht-gewinnen-Fluch brechen. Nun will er als Hamburger Cheftrainer auch endlich den Darmstadt-Fluch beenden.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

  • HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Elfadli – Richter, Karabec – Königsdörffer, Selke, Dompé.
  • Darmstadt: Schuhen – Lopez, Riedel, Vukotic, Nürnberger – Klefisch, Müller – Förster, Corredor – Lidberg, Hornby.
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