Hamburg. Der Niederländer ist einer von mehreren Kandidaten im Volkspark. Sportvorstand Stefan Kuntz verfolgt einen klaren Plan.
Ruud van Nistelrooy hatte sich zum Amtsantritt große Worte zurechtgelegt. „Der HSV ist ein toller Verein mit einer starken Mannschaft und großen Ambitionen. Und große Ambitionen habe ich auch“, sagte der Niederländer auf dem Pressepodium im Volksparkstadion. Dem HSV war mit der Verpflichtung des Weltstars ein echter Coup geglückt. Van Nistelrooy ließ die Fans von der Meisterschaft träumen, spätestens nach seinem Traumeinstand mit einem Doppelpack zum 3:1-Sieg beim VfB Stuttgart zwei Wochen nach seiner Präsentation am 25. Januar 2010.
15 Jahre später gerieten viele Fans wieder ins Träumen, als der Name van Nistelrooy mit dem HSV erneut in Verbindung gebracht wurde. Noch am Abend nach der Entlassung von Trainer Steffen Baumgart berichteten gleich mehrere Sky-Reporter auf ihren privaten Kanälen in den sozialen Netzen, dass sich der Zweitligist mit dem 48-Jährigen beschäftige, der vor wenigen Wochen noch bei Manchester United an der Seitenlinie stand. Die Eskalationsstufe in den sozialen Netzwerken erreichte ihren Höhepunkt, als Sky-Transferexperte Florian Plettenberg seinen eigenen Post, in dem er von Gesprächen mit van Nistelrooy berichtet hatte, mit einem grünen Haken kommentierte.
Der Name Ruud van Nistelrooy steht auf einer Shortlist des HSV
Von einem „Done Deal“, wie es in der Sprache der Transferreporter gerne heißt, kann im Fall von van Nistelrooy und dem HSV aber keine Rede sein. Noch nicht. Nach Abendblatt-Informationen gab es noch keinen direkten Kontakt zwischen dem Zweitligisten und van Nistelrooy. Richtig ist aber, dass der ehemalige Stürmerstar von Real Madrid und Manchester auf einer sogenannten Shortlist steht von Kandidaten, die für die Nachfolge von Baumgart infrage kommen.
Ob van Nistelrooy in Kürze wieder im Presseraum des Volksparkstadions sitzen und von den großen Ambitionen und der starken Mannschaft des HSV sprechen wird, ist aktuell noch völlig offen. Sportvorstand Stefan Kuntz hat sich zwar schon vor der Trennung von Baumgart mit potenziellen Nachfolgern beschäftigt, in die konkreten Gespräche ist der 62-Jährige aber erst nach der Entscheidung vom Sonntag eingestiegen.
Kuntz und Costa beginnen mit konkreten Gesprächen
Aktuell prüfen Kuntz und Sportdirektor Claus Costa mehrere Optionen. In den Gesprächen geht es in erster Linie darum, auszuloten, ob die Kandidaten der Shortlist überhaupt verfügbar sind und Interesse an dem Job haben. In einem zweiten Schritt prüft der HSV, welches Bild sich der jeweilige Kandidat bereits von dem Kader gemacht hat und welche Lösungsansätze er sieht. Im weiteren Verlauf der Trainersuche spielen natürlich auch die Gehaltsvorstellungen eine Rolle. Denn nicht jeder auf dem Markt verfügbare Coach ist für die Hamburger finanziell zu realisieren.
Neben van Nistelrooy kursiert auch der Name von Paderborns Lukas Kwasniok im Volkspark. Dieser war schon im Februar Kandidat beim HSV, als sich der damalige Sportvorstand Jonas Boldt schließlich für Baumgart als Nachfolger für den entlassenen Tim Walter entschieden hatte. Diesmal gab es aber zu beiden zweitligaerfahrenen Übungsleitern nach Abendblatt-Informationen genauso wenig eine direkte Kontaktaufnahme wie zu van Nistelrooy.
Kuntz wollte Funkel und Labbadia holen
Spekuliert wird auch über Friedhelm Funkel und Bruno Labbadia. Beide Trainer wollte Kuntz schon in seiner Zeit als Vorstand beim 1. FC Kaiserslautern zwischen 2008 und 2016 auf den Betzenberg holen. Beide Ideen scheiterten an den finanziellen Möglichkeiten. Am Geld dürfte es in der aktuellen Situation nicht scheitern. Sowohl Funkel als auch Labbadia wird in ihrem Umfeld nachgesagt, dass sie sich die Aufgabe vorstellen könnten.
Ob die beiden mit ihrer Philosophie zur Mannschaft passen, ist allerdings fraglich. Kuntz sucht nicht nur einen Trainer, der eine große Persönlichkeit mitbringt, sondern auch das vorhandene Offensivpotenzial aus dem Kader herausholen kann. Diese Aufgabe wäre wie maßgeschneidert für den früheren Torjäger van Nistelrooy, der sich vor zwei Wochen mit einem 3:0-Sieg gegen Leicester City von Manchester United verabschiedete. Schon bei seinem Einstand elf Tage zuvor hatte er im EFL Cup gegen Leicester 5:2 gewonnen. Nun wird van Nistelrooy selbst als Kandidat für die Nachfolge von Steve Cooper in Leicester gehandelt.
Als van Nistelrooy aus dem HSV-Hotel flüchtete
An van Nistelrooy gibt es in Hamburg aber nicht nur positive Erinnerungen. Als dieser im Januar 2011 nach nur einem Jahr zurück zu Real Madrid wechseln wollte und der HSV ihm die Freigabe verweigerte, ging der erboste Niederländer auf die Barrikaden und stürmte in die Geschäftsstelle. Weil der damalige HSV-Chef Bernd Hoffmann nicht im Büro war, wurde ihm ein Gespräch mit Sportdirektor Bastian Reinhardt angeboten. „Ich will nicht Pipo de Clown sprechen. Ich will den Boss“, soll der Fußballer gesagt haben. Pipo war ein berühmter Clown in den Niederlanden aus einer TV-Serie Ende der 1950er.
- HSV sortiert Öztunali und einen weiteren Profi aus – die Folgen
- Kuntz erklärt HSV-Aus für Baumgart und Nachfolger-Suche
- HSV-Kommentar: Kuntz braucht schnelle Lösung auf Trainerbank
Vor dem Rückrundenstart gegen Schalke soll er dann aus dem Teamhotel ausgebüxt sein, um einen Wechsel zu erzwingen. HSV-Mitarbeiter konnten van Nistelrooy wieder einfangen. Am nächsten Tag dann das Spiel gegen Schalke: Der HSV gewann 1:0 – und van Nistelrooy erzielte das Tor des Tages.