Hamburg. Hamburger verpassen Sprung auf einen Aufstiegsplatz im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Neue Sorgen um Reis.

Es war fast schon eine gespenstische Atmosphäre, als Schiedsrichter Tom Bauer das Heimspiel des HSV mit einem Pfiff beendete. 1:1 (1:0) trennten sich die Hamburger vom 1. FC Nürnberg und bleiben auch im sechsten Saisonspiel zu Hause ungeschlagen. Doch so richtig wusste niemand der Zuschauer, wie er auf das Ergebnis reagieren sollte, das eigentlich zu wenig für den Aufstiegskampf ist. Aufgrund des Spielverlaufs muss der HSV allerdings froh sein, überhaupt einen Punkt geholt zu haben. Zumindest darin waren sich hinterher auch die Protagonisten einig.

„Wir müssen heute mit dem Punkt zufrieden sein. Mehr war nicht drin bei unserer Leistung“, sagte Torhüter Daniel Heuer Fer­nandes, der seine Mannschaft mit zehn (!) Paraden vor einer Niederlage bewahrte. Fast schon im Alleingang stemmte sich der 31-Jährige gegen die drohende zweite Ligapleite in Folge, nachdem der HSV vor einer Woche 2:4 bei der SV Elversberg verloren hatte. Heuer Fernandes rettete mehrfach im Eins-gegen-eins, eine seiner großen Stärken, gegen die spielfreudigen, aber abschlussschwachen Gäste.

HSV-Lob nur für starken Heuer Fernandes

Schon nach drei Minuten bügelte der Torhüter einen Abwehrschnitzer des neu in die Mannschaft gerückten Moritz Heyer aus, der den Ball bei seinem Klärungsversuch verfehlte. Bis zum Gegentor hatte der Deutsch-Portugiese bereits sieben Paraden auf seinem Konto, dann aber musste er sich doch geschlagen geben, als Mahir Emreli ins lange Eck vollstreckte (63.). Zuvor war der Nürnberger bereits dreimal an – natürlich! – Heuer Fernandes gescheitert, nachdem Daniel Elfadli (15.) den HSV in Führung gebracht hatte.

„Wir hatten einen sehr guten Torwart, der über lange Zeit verhindert hat, dass der Gegner ein Tor macht“, lobte Trainer Steffen Baumgart seinen besten Mann. Mit der Leistung des Rests der Mannschaft konnte er dagegen weniger zufrieden sein. „Es war kein gutes Spiel über weite Strecken. Für uns war heute nicht mehr drin als dieser Punkt“, sagte der 52-Jährige, der den starken Auftritt der Gäste zu Recht hervorhob. „Wenn Nürnberg ein zweites Tor macht, können wir uns nicht beschweren.“

HSV hinkt eigenem Punkteziel hinterher

Für den HSV war es wettbewerbsübergreifend das dritte Spiel in Folge ohne Sieg. Die Hamburger konnten zwar in der Tabelle einen Platz raufklettern und liegen nur einen Punkt hinter Platz zwei, doch der Trend geht aktuell in die falsche Richtung. Zum zweiten Mal in Folge gab der HSV in der Liga eine 1:0-Führung aus der Hand. Zudem ist der Club mit 19 Punkten nach elf Spieltagen drei Zähler vom angestrebten Zwei-Punkte-Schnitt entfernt.

Steffen Baumgart (r.) weiß noch nicht, wie schwer sich HSV-Profi Ludovit Reis verletzt hat.
Steffen Baumgart (r.) weiß noch nicht, wie schwer sich HSV-Profi Ludovit Reis verletzt hat. © WITTERS | TayDucLam

„Unsere Fehlerquote im Aufbau war zu groß“, monierte Baumgart, der allerdings auch auf die personelle Situation hinwies. Mit Ka­pitän und Abwehrchef Sebastian Schonlau, Stratege Jonas Meffert, Torjäger Robert Glatzel musste der Trainer gegen Nürnberg auf drei Schlüsselspieler verzichten.

Baumgart beklagt sieben HSV-Verletzte

Zumindest Meffert (Gelb-Rot) und Schonlau (Rot) kehren nach abgesessener Sperre auswärts in Braunschweig (8. November) wieder zurück.

„Meffert und Schonlau sind schwer zu ersetzen. Ihr Ausfall würde jede Mannschaft treffen“, sagte Baumgart, dem gegen den von Miroslav Klose trainierten Club auch die verletzten Dennis Hadzikadunic, Silvan Hefti und Emir Sahiti fehlten. Hinzu kam der kurzfristige Ausfall von Ludovit Reis, der nach einer knappen halben Stunde angeschlagen ausgewechselt werden musste. Für ihn kam Marco Richter ins Spiel (31.), doch ohne Reis fehlte es dem HSV an Ballsicherheit und Präsenz im Mittelfeld.

„Danach hat man gemerkt, dass es für uns zunehmend schwieriger wurde. Das lag aber auch daran, dass der Gegner es immer besser gemacht hat“, sagte Baumgart, der alle sieben Ausfälle als „potenzielle Stammspieler“ bezeichnete. „Wenn dir immer wieder ein Spieler wegbricht, dann merkt man das auf dem Platz.“

Mehr zum Thema

HSV bangt um Reis

Auch Heuer Fernandes beklagte den Ausfall von Reis, der gerade „für Balleroberungen wichtig“ sei. Durch die fehlende Ruhe am Ball habe sich der HSV zu weit zurückziehen müssen und passiv verteidigt, klagte der Torwart. Offensiv fand sein Team teilweise überhaupt nicht statt. Baumgart monierte die fehlende Dynamik.

„Wir haben Dompé aus dem Spiel genommen, das habe ich nicht verstanden“, kritisierte er. „Es gibt viele kleine Facetten, die wir im Umschaltspiel nicht gut gemacht haben. Wir haben den Ball hergeschenkt, einfach abge­geben.“ Gästetrainer Miroslav Klose bestätigte dagegen wenig überraschend, im Volkspark zwei Punkte liegen gelassen zu haben.

Die Statistik

  • HSV: Heuer Fernandes – Perrin, Elfadli, Heyer – Katterbach (75. Mikelbrencis), Poreba, Reis (31. Richter), Muheim – Karabec (63. Pherai), Dompé (64. Baldé) – Selke (75. Königsdörffer).
  • Nürnberg: Reichert – Jeltsch, Knoche, Karafiat – Villadsen, Jander, Soares (71. Yilmaz) – Justvan, Castrop (71. Lubach) - Emreli (68. Schleimer), Tzimas (84. Goller).
  • Schiedsrichter: Bauer (Mainz).
  • Tore: 1:0 Elfadli (15.), 1:1 Em­reli (63.).
  • Gelbe Karten: Mikelbrencis – Emreli (3), Soares (2), Tzimas (2).
  • Zuschauer: 57.000 (ausverkauft).
  • Statistik: Torschüsse: 12:18, Ecken: 5:11, Ballbesitz: 45:55 Prozent, Zweikämpfe: 54:46 Prozent.