Hamburg. Der Torhüter will sein Team im Pokal in Freiburg wie im Vorjahr ins Achtelfinale führen und noch ein weiteres Ziel erreichen.
Daniel Heuer Fernandes könnte am Mittwochabend etwas Historisches erreichen. Der HSV-Torwart hätte die Chance, im DFB-Pokalspiel beim SC Freiburg (18 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) mit Frank Rost gleichzuziehen. Der frühere HSV-Torwart gewann in seiner Karriere fünfmal ein Elfmeterschießen im Pokal. Nur der mehrfache Welttorhüter Oliver Kahn (6) hat eine bessere Statistik. Heuer Fernandes steht aktuell auf Platz drei mit vier erfolgreichen Elfmeterschießen. Im Gegensatz zu Rost und Kahn hat der HSV-Keeper zudem eine weiße Weste, war in vier Versuchen immer der Sieger.
Rennen um Position im HSV-Tor weiter offen
Das Problem an dieser Geschichte: In dieser Saison hat Heuer Fernandes keine Chance, in der Rangliste weiter nach oben zu klettern. Der 31-Jährige ist zwar seit dem ersten Spieltag wieder die Nummer eins beim HSV, im DFB-Pokal steht dafür aber sein Konkurrent Matheo Raab im Tor. Für Heuer Fernandes ist das eine suboptimale Situation, für die er aber Verständnis aufbringt. „Der Trainer hat das so entschieden, und er trifft sehr klare Entscheidungen. Wir Torhüter leben das“, sagte Heuer Fernandes am Sonnabend nach der 2:4-Niederlage bei der SV Elversberg.
Für den HSV ist es aber kein Nachteil, dass Elfmeterkiller Heuer Fernandes, der in der Pokalsaison 2021/22 gleich dreimal die Man-of-the-Match-Trophäe gewann, am Mittwoch nur auf der Bank sitzt. Mit Raab hat der HSV nicht nur einen ebenbürtigen Ersatztorwart, sondern einen Mann, der ebenfalls Elfmeterschießen kann. Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Raab im Zweitrundenspiel bei Arminia Bielefeld seinen bislang größten Abend als HSV-Torwart erlebte. „Wow, dieser Raab!“, rief HSV-Netradio-Reporter Thomas Huesmann in sein Mikrofon, als der 25-Jährige seine Mannschaft mit einer Doppelparade kurz vor Schluss in die Verlängerung rettete.
Trinkflasche half Raab beim Elfmeterschießen
Im Elfmeterschießen hielt Raab auf der Bielefelder Alm dann zwei Versuche. Torwarttrainer Sven Höh hatte ihm die vermutlichen Ecken der Arminia-Schützen auf einen an die Trinkflasche befestigten Zettel geschrieben. Beim letzten Versuch stand allerdings nur: „Entscheide du :-)“. Raab entschied sich richtig, blieb einfach nur stehen und brachte den HSV mit seinem zweiten gehaltenen Elfmeter ins Pokal-Achtelfinale. Auch dort ging es bei Hertha BSC ins Elfmeterschießen, das Raab mit dem HSV aber verlor.
Sollten es die Hamburger an diesem Mittwoch in Freiburg überhaupt ins Elfmeterschießen schaffen, wäre das bereits eine große Überraschung. Die Breisgauer sind auch im ersten Jahr nach dem Abgang von Langzeittrainer Christian Streich ein Topteam in der Bundesliga. „Die ganze Entwicklung macht einfach Spaß. Was dieser Verein uns zeigt, ist, wie du über Jahre etwas aufbaust“, sagte HSV-Trainer Steffen Baumgart vor dem Spiel. Baumgart hatte in den vergangnen Jahren immer einen guten Draht zu Streich gehalten, hält aber auch Nachfolger Julian Schuster für eine gute Wahl. „Er ist seit 2008 im Verein. Der weiß, was er macht.“
Freiburg mit Müller statt Atubolu
Mit Noah Atubolu (22) hat der SC ein Eigengewächs sowie den aktuellen Torwart der U21-Nationalmannschaft in seinen Reihen. Gegen den HSV lässt Schuster jedoch Ersatztorwart Florian Müller (26) ran, der aber nur für ein Spiel einspringen wird. Raab dagegen will am Mittwochabend die Chance ergreifen, sich wieder für die Position der Nummer eins im HSV-Tor zu empfehlen. Baumgart hat sich zuletzt dafür entschieden, keine klare Nummer eins mehr für die laufende Saison zu definieren.
„Wir werden die Situation weiter beobachten“, sagte Baumgart am Wochenende. Sollte Raab mit einer weiteren Trophäe als Mann des Spiels den Pokalabend beenden und womöglich sogar wieder der entscheidende Mann im Elfmeterschießen werden, würde die Torhüterdiskussion beim HSV erneut aufflammen.
HSV winken Achtelfinal-Einnahmen von rund einer Million Euro
Ganz nebenbei würde Raab damit auch finanziell wieder für eine Millioneneinnahme beim HSV sorgen. Ein Einzug in das Achtelfinale bedeutet für die Clubs Prämien in Höhe von 838.000 Euro. Hinzu kommen dann die geteilten Zuschauereinnahmen des Achtelfinalduells. Dafür muss der HSV aber die schwere Auswärtshürde Freiburg überstehen. Die wahrscheinlichere Variante ist daher, wenn es am Ende für den HSV heißt: Du gewinnst hier nicht die Million.
Zuletzt trafen die Hamburger vor zweieinhalb Jahren im Halbfinale des Pokals auf den SC, verloren aber im eigenen Stadion nach einer schwachen ersten halben Stunde mit 1:3. Dass der HSV in jenem Jahr überhaupt so weit kam, hatte er dem dreifachen Elfmeterhelden Heuer Fernandes zu verdanken.
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Auf sein fünftes Elfmeterschießen – das erste gewann er 2019 mit dem HSV in Chemnitz – muss der Torhüter aber noch warten. Und wer weiß, vielleicht zieht Raab im Laufe der Saison ja sogar noch mit seinem Teamkollegen gleich. Das Potenzial dafür – darin sind sich viele einig – hat Raab in jedem Fall.
Die möglichen Aufstellungen
Freiburg: Müller – Kübler, Ginter, Lienhart, Günter – Osterhage, Höfler – Doan, Höler, Grifo – Adamu.
HSV: Raab – Perrin, Schonlau, Muheim – Meffert, Reis – Jatta, Pherai, Karabec – Selke, Königsdörffer.