Hamburg. In der Urteilsbegründung heißt es, dass die Richter vom Doping-Regelverstoß überzeugt sind. Hamburger Anwalt sagt, wie es weitergeht.
70 Seiten, klein bedruckt, mit ganz viel Jura-Sprech. Doch die am Dienstag veröffentlichte Urteilsbegründung des Internationalen Gerichtshof CAS im Fall des HSV-Profis Mario Vuskovic, der wegen Epo-Dopings für vier Jahre gesperrt wurde, lässt sich auch in einem einzigen Satz zusammenfassen: „Die Richter sind deutlich überzeugt, dass der Athlet einen Anti-Doping-Regelverstoß begangen hat.“
So steht es unmissverständlich unter Punkt 275 in der Konklusion. Die Krux: Bei Dopingverfahren muss nicht die Schuld des Beschuldigten bewiesen werden. Sondern im Gegenteil: Der durch A- und B-Probe überführte Doping-Sünder muss seine Unschuld beweisen, was nahezu unmöglich ist.
CAS: HSV-Profi Mario Vuskovic bleibt nur noch ein Joker
In der ausführlichen Urteilsbegründung erklären die CAS-Richter sehr deutlich, dass sie die Verteidigung von Vuskovic, seinen Anwälten und vom HSV für „nicht glaubwürdig“ halten – und auch die Ausführungen von Zeugen wie Steven Baack, dem Ex-Leiter der Sonderkommission der Hamburger Polizei, als „nicht überzeugend“ ansehen.
Der HSV reagierte bislang nicht auf die Bitte um eine Einschätzung zur Urteilsbegründung, Vuskovics Anwalt Joachim Rain wollte sich auf Abendblatt-Nachfrage nicht äußern. Doch welche juristischen Möglichkeiten bleiben dem Kroaten nun überhaupt noch?
Schweizer Bundesgericht könnte über Verfahrensfehler urteilen
Als letzter Joker gilt die theoretische Möglichkeit, sich nun an das Schweizer Bundesgericht zu wenden. Dabei wird allerdings nicht mehr die Frage erörtert, ob Vuskovic schuldig oder nicht ist, sondern hier würde das Gericht lediglich überprüfen, ob der CAS Verfahrensfehler begangen hat.
Der Hamburger Sport- und Arbeitsrechtler Kolja Hein beziffert die Erfolgsmöglichkeiten vor dem Schweizer Bundesgericht in der neusten Ausgabe des Abendblatt-Podcasts „HSV – wir müssen reden“ allerdings auf maximal fünf Prozent. „Ich würde es lassen“, sagt Hein, der grundsätzlich wird: „Zwei positive Dopingproben wegzuboxen ist nahezu unmöglich.“
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Laut Hein hätte der HSV Vuskovic aus arbeitsrechtlicher Sicht auch jederzeit fristlos kündigen und sogar Schadensersatz anmelden können. „Juristisch wäre das möglich, menschlich wäre so ein Vorgehen aber höchst fragwürdig“, sagt der Anwalt, der das HSV-Vorgehen begrüßt.
Unabhängig von der HSV-Entscheidung fordert Doping-Experte Prof. Fritz Sörgel eine grundsätzliche Überprüfung der Sanktionsmöglichkeiten der Anti-Doping-Agenturen Wada und Nada: „Im Sanktionssystem ist ein Fehler. Dieses Urteil ist überhaupt nicht durchdacht. Man kann Einzel- und Mannschaftssportler nicht in die gleiche Bewertung reinnehmen“, sagt der 73-Jährige der „Bild“-Zeitung.
Vuskovic: Doping-Experte hat einen Kompromissvorschlag
Sörgel gibt zu bedenken: „Eigentlich will man mit einem Doping-Urteil nicht gleich die Karriere eines Sportlers beenden. Bei einem Fußballer mit vier Jahren ohne Mannschaftstraining wird das aber in den meisten Fällen genau das bewirken.“
Sein Kompromissvorschlag in der „Bild“: „Ich würde ein Modell vorschlagen: zwei Jahre Sperre und zwei weitere Jahre ohne Punktspiel, aber zumindest wieder mit der Erlaubnis zum Mannschaftstraining.“
Zuletzt gab es Überlegungen, ob Vuskovic in einer der neuen Hallenfußballligen, die nicht in der Fifa organisiert sind, Spielpraxis sammeln könnte. Doch weder in der Baller League noch in der Icon League ist dieses Szenario aktuell realistisch.