Hamburg. Der bisherige Stürmer des 1. FC Köln wechselt zum HSV, bei dem er als zweite Spitze neben Glatzel eingeplant ist.
Der 2. August wird ein emotionaler Tag für Davie Selke. An jenem Freitagabend, wenn der HSV die Zweite Liga mit dem Topspiel beim 1. FC Köln eröffnet, wird der 29-Jährige ein Trikot mit der Raute auf der Brust tragen und auf seinen Ex-Verein treffen. Denn nach bestandenem Medizincheck hat Selke am Donnerstag einen Vertrag bis Sommer 2026 bei den Hamburgern unterschrieben, die sich zudem eine Option für ein weiteres Jahr bis 2027 gesichert haben.
Der zuletzt vereinslose Angreifer kommt ablösefrei vom Bundesliga-Absteiger Köln, mit dem er sich nicht auf eine Verlängerung der Zusammenarbeit einigen konnte, obwohl er eigentlich bleiben wollte. In einem emotionalen Statement hatte sich Selke am Dienstag von den FC-Fans verabschiedet. „Es ist kein Geheimnis, dass ich es mir vorstellen konnte, den Weg mit Euch weiterzugehen“, schrieb er auf Instagram. Sein ursprünglich bis Sommer 2026 datierter Kontrakt in Köln galt nicht für die Zweite Liga, in der Selke nun für den HSV auf Torejagd geht.
„Davie hat im Fußball schon viel erlebt und bringt einen großen Erfahrungsschatz mit nach Hamburg. Mit seiner Spielweise, aber vor allem auch seiner Mentalität wird er für unsere Mannschaft eine große Bereicherung sein“, ließ sich Sportvorstand Stefan Kuntz auf der vereinseigenen Webseite zitieren.
HSV holt Selke – auch wegen Baumgart
Selke soll beim HSV als zweite Spitze neben Zweitliga-Torschützenkönig Robert Glatzel agieren, dessen Status in Hamburg weiterhin unumstritten ist. „Ich plane schon das eine oder andere Spiel mit zwei Spitzen“, hatte Baumgart vor Kurzem gesagt und damit einen Systemwechsel angekündigt. Im bisherigen Kader fehlte es ihm dafür an Optionen, da der in der vergangenen Saison torlos gebliebene Angreifer Andras Nemeth (21) seiner Rolle als Backup nicht gerecht wurde.
Zuletzt hatte sich der HSV deshalb intensiv um Erencan Yardimci (22) bemüht, konnte sich mit dem türkischen Erstliga-Aufsteiger Eyüpspor allerdings nicht auf eine Ablösesumme einigen. Als Selke vor wenigen Tagen die Frist eines Kölner Vertragsangebots verstreichen ließ, öffnete sich für die Hamburger eine Tür.
Selke spielt sehr körperbetont
Mit Selke und Glatzel, die beide ihre Stärken im Strafraum haben, wird es dem HSV künftig an Tempo in vorderster Spitze fehlen. Dafür wird die Spielweise stärker auf Flanken ausgelegt, da insbesondere Selke als durchsetzungsstark im Kopfball gilt.
Mit seiner sehr körperbetonten Spielweise bewegt sich der 1,95 Meter große Neuzugang stets an der Grenze des Erlaubten. „Seine Körperlichkeit wird unser Offensivspiel definitiv bereichern, diese Stärke hat Davie bei seinen bisherigen Stationen immer wieder unter Beweis gestellt. Und nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung aus mehr als 200 Bundesliga-Spielen wird er in unserer Mannschaft eine wichtige Rolle einnehmen“, sagte Profifußballdirektor Claus Costa.
Schon bei seinen bisherigen Stationen RB Leipzig, Werder Bremen, Hertha BSC und Köln sollte Selke die gegnerische Abwehr intensiv anlaufen, womit er das Anforderungsprofil für Baumgarts Pressing-Fußball erfüllt. Der heutige HSV-Trainer war es auch, der dem Strafraumstürmer zu alter Stärke verhalf, als er ihn im Januar 2023 ablösefrei aus seiner festgefahrenen Situationen in Berlin erlöste und nach Köln lockte.
Kuntz wurde mit Selke einst U-21-Europameister
„Wir sind absolut davon überzeugt, dass Davie uns sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine stärker machen wird“, sagte Kuntz, der als Trainer der deutschen U-21-Nationalmannschaft im Sommer 2017 gemeinsam mit Selke Europameister wurde. An der Seite des heutigen A-Nationalspielers vom FC Bayern, Serge Gnabry, sowie dem anschließend zum HSV gewechselten Torwart Julian Pollersbeck kam Selke während des Turniers als Stammspieler zum Einsatz. Lediglich im Finale fehlte er verletzungsbedingt.
„Ich habe mit Davie in der deutschen U-21-Nationalmannschaft zusammengearbeitet, als er entscheidenden Anteil daran hatte, dass wir 2017 Europameister geworden sind“, sagte Kuntz über den Angreifer, der bei jener Nachwuchs-EM zwei Tore erzielte und eins vorbereitete.
HSV-Zugang Davie Selke verzichtet auf Gehalt
„Ich habe mit Stefan Kuntz und Steffen Baumgart bereits erfolgreich zusammengearbeitet, beide haben mir ihre klaren Vorstellungen und Ziele überzeugend aufgezeigt“, freut sich Selke auf seinen neuen Club. „Der HSV ist einer der spannendsten Clubs im deutschen Fußball und der Gedanke daran, dabei mitzuhelfen, diesen Verein in die Bundesliga zurückzubringen, hat mich sofort gepackt.“
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Der Silbermedaillengewinner von Olympia 2016 deutete nach seiner Vertragsunterschrift an, für den HSV auf Gehalt verzichtet zu haben. „In diesem Gesamtpaket aus Club, Verantwortlichen und Zielen haben andere Dinge nur eine untergeordnete Rolle gespielt, denn ich wollte unbedingt dabei sein“, sagte Selke, dem deutlich lukrativere Anfragen aus dem Ausland vorlagen. In Köln soll er zuletzt 1,6 bis 1,7 Millionen Euro verdient haben. Beim HSV soll es in etwa die Hälfte der Summe sein.
HSV holt Selke: Wo der Club jetzt sucht
Mit dem Transfer haben die Hamburger eine wichtige Planstelle des Kaders geschlossen. Nach Lukasz Poreba (300.000 Euro/Lens) und Dennis Hadzikadunic (Leihe/Rostow), die bereits in der vergangenen Saison ausgeliehen waren, sowie Daniel Elfadli (weniger als eine Million Euro/Magdeburg) und Adam Karabec (Leihe/Sparta Prag) ist Selke bereits der fünfte Neuzugang dieses Sommers. Nach dem Abgang von Ignace van der Brempt (Salzburg) wird nun in erster Linie ein neuer Rechtsverteidiger gesucht. Möglich ist auch die Verpflichtung eines weiteren Flügelspielers, der das neue Sturmduo mit Bällen füttert.
„Ich freue mich sehr auf den HSV“, sagt Selke, dessen erstes Pflichtspiel für seinen neuen Club gleich ein richtiges Highlight wird. Der Moment, wenn er am ersten Spieltag ins Kölner Rheinenergiestadion einläuft, dürfte sehr emotional für ihn werden.
Die Bilanz von Selke bei seinen bisherigen Stationen
- Werder Bremen (2013 – 2015): 33 Spiele, neun Tore, vier Vorlagen.
- RB Leipzig (2015 – 2017): 53 Spiele, 14 Tore, vier Vorlagen. Die erste Saison spielte Davie Selke in der Zweiten Bundesliga (zehn Tore, drei Vorlagen).
- Hertha BSC (2017 – Januar 2020): 76 Spiele, 14 Tore, 14 Vorlagen.
- Werder Bremen (Januar 2020 – Juni 2021): 34 Spiele, drei Toren, null Vorlagen.
- Hertha BSC (Juni 2021 – Januar 2023): 38 Spiele, fünf Tore, eine Vorlage.
- 1. FC Köln (Januar 2023 – Juni 2024): 36 Spiele, elf Tore, null Vorlagen.