Heidenheim. Heidenheim-Stürmer schießt drei Tore, HSV verliert Tabellenführung: Die Hamburger kassieren wieder ein Gegentor in der 90. Minute.
Diese Niederlage wird der HSV wohl noch länger im Kopf behalten. Es lief bereits die 90. Minute, als Torhüter Sven Ulreich ein folgenschwerer Stockfehler im eigenen Fünfmeterraum unterlief. Heidenheims Stürmer Christian Kühlwetter ging dazwischen und sorgte mit seinem dritten Tor für die 2:3 (2:2)-Niederlage des HSV.
„Es fühlt sich emotional nicht gut an", sagte der von den Ereignissen in Heidenheim emotional sichtbar angeschlagene HSV-Coach Daniel Thioune. „Wenn man das Spiel durch einen riesengroßen Fehler in der 90. Minute verliert, kann man sich sicher sein, dass es vielen Spielern gerade nicht so gut geht."
Wieder ein spätes Gegentor, wieder in Heidenheim. Erinnerung wurden wach an die vergangene Saison, als der HSV durch das 1:2 von Heidenheims Konstantin Kerschbaumer in der 95. Minute den Aufstieg verspielt. Und diesmal?
HSV verliert Tabellenführung in Heidenheim
Zunächst bleiben die Hamburger trotz einer 2:0-Führung auch im vierten Spiel in Serie sieglos. Es ist außerdem die zweite Niederlage in Folge. Den negativen Trend kann der HSV nun nicht mehr verneinen. „Man kann jetzt vielleicht von einer Mini-Krise reden, die wir aber meistern werden", sagte Thioune.
„Wir waren zuletzt nicht gut genug", räumte Kapitän Tim Leibold ein. „Natürlich war das heute ein Fehler von Ulle, aber das kann passieren." Abwehrchef Toni Leistner ergänzte: „Wir haben uns durch individuelle Fehler bei den Gegentoren um den Lohn gebracht."
Zu allem Überfluss verlor der HSV (17 Punkte) auch noch die Tabellenführung an die bisherige Überraschungsmannschaft Greuther Fürth (18), die parallel 3:2 beim 1. FC Nürnberg siegte und somit den sechsten Sieg in Folge einfuhr.
HSV verspielt eine 2:0-Führung in Heidenheim
Am nächsten Sonnabend kommt es für den HSV nun zum Duell gegen den ebenfalls seit vier Spielen sieglosen Club Hannover 96. „Es ist ein Augenblick, in dem wir zu Recht kritisiert werden", sagte Thioune. „Wir müssen weiter hart arbeiten, fleißig sein und jetzt den Turnaround wieder hinbekommen."
HSV: Heidenheim dreht das Spiel
Die schmerzhafte Niederlage in Heidenheim war in der Art und Weise des Zustandekommens mehr als unnötig. Denn die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune verspielte nach den Treffern von Sonny Kittel und Leistner eine vermeintlich komfortable 2:0-Führung an der schwäbischen Ostalb. Heidenheim gelang noch in der ersten Halbzeit der Ausgleich dank eines Doppelpacks von Stürmer Christian Kühlwetter. Der bärenstarke Angreifer war es auch, der das Spiel in der 90. Minute schließlich komplett zugunsten der Gastgeber drehte.
Bei allen drei Gegentoren sah die Defensive des HSV schlecht aus. Zunächst kam Heidenheims Topstürmer nach einer vermeintlich bereits geklärten Ecke sträflich frei zum Kopfball (27.). Noch unnötiger war allerdings der zweite Gegentreffer kurz vor der Pause, als der in diesem Moment unaufmerksame Abwehrspieler Jan Gyamerah nicht rechtzeitig herausrückte und das Abseits aufhob, wodurch gleich zwei Heidenheimer alleine auf Ulreich zuliefen – und schon stand es 2:2 (44.).
HSV ging verdient in Heidenheim in Führung
Dabei schien der HSV bis zu diesem Zeitpunkt alles im Griff zu haben. Die Hamburger starteten aggressiv und gierig auf den ersten Dreier seit dem 24. Oktober, als Würzburg mit 3:1 bezwungen wurde. Trainer Daniel Thioune hatte seine Mannschaft optimal auf die rustikale Spielweise der Heidenheimer eingestellt. Das Ergebnis nach 25 Minuten: Eine verdiente 2:0-Führung.
Doch fortan gewann Heidenheim an Sicherheit, während der HSV an Souveränität einbüßte. Weil sich die Mannschaft mit dem 2:0 im Rücken zu sicher fühlte? In jedem Fall darf die Niederlage bei den seit Anfang Oktober 2019 zu Hause ungeschlagenen Heidenheimern in die Kategorie unnötig eingestuft werden. Denn nach dem 1:2 in der vergangenen Saison und dem 2:2 im ersten Zweitligajahr der Clubgeschichte war diesmal definitiv mehr drin für den HSV.
Die Tabelle:
- 1. Fürth: 18 Punkte, +9 Tore
- 2. HSV: 17 Punkte, +5 Tore
- 3. Kiel: 16 Punkte, +5 Tore
- 4. Osnabrück: 16 Punkte, +2 Tore
- 5. Aue: 15 Punkte, +5 Tore
- 6. Paderborn: 14 Punkte, +6 Tore
- 7. Bochum: 14 Punkte, +3 Tore (ein Spiel weniger)
HSV in Heidenheim: Thioune bringt drei Neue
Mit Spannung war im Vorfeld erwartet worden, welche Änderungen Trainer Daniel Thioune in seiner Aufstellung vornimmt. Um 12.24 Uhr lüftete der Coach das Geheimnis: Im Vergleich zur 1:3-Heimpleite gegen Bochum kamen mit Stephan Ambrosius, Sonny Kittel und Khaled Narey drei Spieler neu in die Mannschaft.
Das Nachsehen hatten dafür Bakery Jatta sowie der seit dem Bochum-Spiel am Knöchel angeschlagene Jeremy Dudziak und der verletzte Aaron Hunt (Schienbeinprellung). Dagegen kehrte Gideon Jung zurück in den Kader, er blieb jedoch ohne Einsatz. Außerdem wechselte Thioune das System von einer Dreier- auf eine Viererkette in der Defensive.
Corona-Alarm bei HSV-Gegner Heidenheim
Für mittelschwere Aufregung hatten zudem zwei Corona-Fälle am Vortag aufseiten der Heidenheimer gesorgt. Ersatztorhüter Kevin Ibrahim und Abwehrspieler Jonas Föhrenbach haben sich mit dem Virus infiziert und wurden von der Mannschaft isoliert. Alle anderen Spieler sind am Spieltag negativ getestet worden. Somit fand das Spiel nach Rücksprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt statt.
Thioune jubelt ausgelassen über HSV-Tor
Und der HSV gab gleich zu Beginn mächtig Gas. Bissig in den Zweikämpfen und immer wieder die Außenstürmer mit vertikalen Pässen suchend, gingen die Gäste verdient in Führung. Die Vorlage zum 1:0 kam von Manuel Wintzheimer, der glänzend von Moritz Heyer in Szene gesetzt wurde. Kittel musste schließlich nur noch einschieben (16.). An der Seitenlinie jubelte Daniel Thioune ausgelassen über den Treffer, der nach der medialen Kritik in der abgelaufenen Woche wie eine Befreiung wirkte.
Nicht mal zehn Minuten später erhöhte Leistner nach einer Ecke – erneut bereitete Wintzheimer vor (25.). Es war die passende Reaktion auf die erste Saisonniederlage vor einer Woche gegen Bochum. Doch in den darauffolgenden 75 Minuten ließ der HSV einiges vermissen, was die Elf in der Anfangsphase so glänzend umsetzte.
Heidenheims Kühlwetter dreht das Spiel
Und so währte die Freude über die Führung nicht lange. Denn nahezu im direkten Gegenzug kam Heidenheim durch Kühlwetter zum Anschluss – ebenfalls nach einer Ecke (27.). Mit dem Gegentor verloren die Hamburger die Kontrolle über das Spiel. Und so kam Heidenheim durch Kühlwetter sogar noch vor der Pause zum Ausgleich, weil der Defensivverbund des HSV zunehmend nachlässiger agierte (44.).
Nun war das Spiel wieder völlig offen. Der HSV investierte jedoch immer weniger für die Offensive. „Wir wollten weitermachen", sagte Thioune nach dem Spiel. Doch bis auf einen Abschluss des ansonsten komplett abgemeldeten Terodde (86.) erspielte sich das Team keine Torchancen mehr im zweiten Durchgang. Stattdessen baute jeder Spieler von Minute zu Minute mehr ab. Die Thioune-Elf fand kein Durchkommen gegen tief stehende Gastgeber – und wurde schließlich für die eigene Passivität bestraft.
Heidenheim kam immer wieder zu gefährlichen Möglichkeiten. Kühlwetter setzte mit seinem Dreierpack schließlich den Schlusspunkt unter eine ereignisreiche Partie – zum Leidwesen des HSV und Sven Ulreich.
Die Statistik:
- Heidenheim: Kevin Müller – Hüsing, Mainka, Steurer (33. Pick) – Busch, Geipl (60. Burnic), Theuerkauf – Sessa, Leipertz (90. Otto) – Kühlwetter, Thomalla (90. Schnatterer). – Trainer: Schmidt
- HSV: Ulreich – Gyamerah, Ambrosius, Leistner, Leibold – Onana, Heyer – Narey (83. Vagnoman), Kittel (83. Jatta) – Wintzheimer (74. Dudziak), Terodde.
- Tore: 0:1 Kittel (16.), 0:2 Leistner (25.), 1:2 Kühlwetter (27.), 2:2 Kühlwetter (44.), 3:2 Kühlwetter (90.)
- Schiedsrichter: Florian Badstübner (Windsbach)
- Gelbe Karten: Geipl (2) - Onana (2), Ambrosius, Leibold
- Torschüsse: 14:7
- Ecken: 8:5
- Ballbesitz: 39:61 Prozent