Hamburg. Nach drei sieglosen Spielen steht der HSV am Sonntag in Heidenheim unter Druck. Trainer Thioune gibt sich gelassen – noch.

Auf der Statistikseite www.weltfussball.de wird Daniel Thioune mit einer Körpergröße von 1,80 Metern und einem Gewicht von 76 Kilogramm geführt. Seit Freitag wissen die Zuhörer der wöchentlichen Pressekonferenz auch, wie sich diese Maße definieren.

„Ich habe ein sehr breites Kreuz“, sagte der Trainer des HSV. Gefragt wurde Thioune allerdings nicht nach seinen körperlichen Proportionen, sondern nach der aktuellen Drucksituation in seinem Verein. „Natürlich habe ich gemerkt, dass die Kritik lauter geworden ist“, sagte der 46-Jährige am Freitag auf dem Podium des HSV-Medienraums und drückte seine Schultern durch. „Der Wind bläst etwas doller. Aber ich stelle mich gerne in den Wind.“

HSV: Thioune lernt steife Volksparkbrise kennen

Seit 145 Tagen ist Thioune jetzt Trainer beim HSV. Und seit fünf Tagen weiß er nun auch offiziell, wie schnell sich der Wind im Volkspark drehen kann. Innerhalb weniger Tage wurde aus dem „Trickser Thioune“ der Trainer, der sich „verwechselt“ und „vercoacht“ hat. Dazwischen lag eine 1:3-Niederlage gegen den VfL Bochum, die in vereinzelten Medien und Fanforen bereits als Krisenerscheinung dargestellt wurde. Eine Begleiterscheinung, mit der Thioune beim HSV wird leben müssen.

Der Fußballlehrer weiß nach drei Spielen ohne Sieg aber auch, dass seine Mannschaft am Sonntag im Spiel beim 1. FC Heidenheim (13.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker) eine Reaktion zeigen muss, damit das K-Wort eine Randerscheinung bleibt und in Hamburg nicht ein Sturm aufzieht. Vier Spiele in Folge ohne Sieg gab es beim HSV zuletzt vor genau einem Jahr, beginnend mit der 1:2-Niederlage beim VfL Osnabrück und endend mit dem 2:2 bei Darmstadt 98 kurz vor Weihnachten.

Die HSV-PK vor dem Heidenheim-Spiel:

HSV-Trainer Daniel Thioune: "Der Kritik stelle ich mich"

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    Heidenheim hat die beste Heimserie

    Von einer „Krise“ sprach der ehemalige Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann aber erst in der Rückrunde nach zwei Niederlagen in Folge gegen St. Pauli (0:2) und Erzgebirge Aue (0:3). In der Saison zuvor verspielte der HSV mit acht sieglosen Spielen in Serie am Ende noch den sicher geglaubten Aufstieg.

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    Es könnte sicher angenehmere Gegner geben, um die Windrichtung zu drehen, als auswärts in Heidenheim zu spielen. Kein Verein in der Zweiten Liga ist im eigenen Stadion so lange ungeschlagen wie das Team von der schwäbischen Ostalb. Zuletzt gewann dort der VfL Bochum unter Trainer Thomas Reis Anfang Oktober 2019.

    HSV-Trainer Thioune: "Wir haben keine Angst"

    Jener Reis, der am vergangenen Sonntag mit dem VfL auch dem HSV die erste Saisonniederlage zufügte und dafür sorgte, dass sich Thioune einem milden Sturm an kritischen Fragen stellte. „Wir mussten kritisch hinterfragen, warum wir gegen Bochum nicht die Qualität auf den Platz gebracht haben, die wir schon gezeigt haben“, sagte Thioune. „Es liegt jetzt an uns, wieder fleißiger, gieriger und leidenschaftlicher zu werden.“

    Fleiß, Gier und Leidenschaft wird der HSV am Sonntag brauchen, will er in Heidenheim bestehen. Nach dem knapp verpassten Aufstieg in der Relegation gegen Werder Bremen (0:0/2:2) und einem holprigen Saisonstart hat das Team von Trainer Frank Schmidt zuletzt besser in die Saison gefunden. „Wir wissen um die Stärke von Heidenheim, wir wissen aber auch um unsere Stärke. Wir haben keine Angst vor der Aufgabe“, sagte Thioune.

    HSV-Trainer kündigt veränderte Startelf an

    Der Trainer kündigte an, dass es nach der schwachen Leistung gegen Bochum zum neunten Mal im neunten Spiel eine veränderte Startelf geben dürfte. Was ihm zwischenzeitlich als Variabilität und taktische Finesse ausgelegt wurde, war nach Bochum ein Anlass zur Kritik. Am Freitag verteidigte sich der Trainer. „Ich will nicht der große Trickser sein und es dient auch nicht dem Selbstzweck.“ Die eine oder andere Umstellung sei personell nicht anders möglich gewesen. „Man braucht auch eine Achse, an der man sich anlehnen kann.“

    Tim Leibold (l.) und Robert Leipertz werden Sonntag wieder intensive Zweikämpfe führen.
    Tim Leibold (l.) und Robert Leipertz werden Sonntag wieder intensive Zweikämpfe führen. © Oliver Ruhnke/imago images

    Diese Achse besteht aktuell allerdings nur aus Torhüter Sven Ulreich und Stürmer Simon Terodde. Dazwischen gibt es einen offenen Kampf um die Plätze. Weil Jeremy Dudziak und Aaron Hunt nach ihren Prellungen am Freitag schon wieder trainieren konnten, kann Thioune gegen Heidenheim die gesamte Breite des Kaders nutzen.

    Physisch starke Spieler mit besten Chancen

    Gute Chancen auf die Startelf haben am Sonntag die Spieler, die sich gegen die physisch starken Schwaben zur Wehr setzen können und Qualitäten im Duell Mann gegen Mann haben. „Wir brauchen eine Resistenz“, sagte Thioune. „Ich erwarte, dass wir wie in der ersten Halbzeit in Kiel ein brutales Gegenpressing spielen. Wir brauchen aber auch unsere Ballqualität auf dem Platz.“

    Vor allem aber braucht der HSV eine gute Leistung und im Optimalfall ein gutes Ergebnis, damit der Wind im Volkspark wieder in die richtige Richtung weht. Doch selbst wenn es am Sonntag nicht klappt, wird Thioune sein breites Kreuz wieder in die richtige Haltung bringen. Denn auch in Hamburg gilt: „Am 34. Spieltag wird abgerechnet“, so Thioune, „erst dann zählt die Tabelle.“

    Heidenheim: Müller – Busch, Mainka, Hüsing, Theuerkauf – Burnic, Sessa – Leipertz, Kerschbaumer, Thomalla – Kühlwetter.

    HSV: Ulreich – Gyamerah, Ambrosius, Leistner, Leibold – Heyer, Onana – Jatta, Hunt, Wintzheimer – Terodde.