Hamburg. Der Spielmacher des HSV Hamburg befindet sich derzeit auf Abschiedstournee. Ein Blick hinter die Kulissen des Transfergeschäfts.
Am 11. Juni 2023 begann der Abschied von Dani Baijens beim HSV Hamburg (HSVH). Es war der letzte Spieltag der vergangenen Handball-Bundesliga-Saison, der Spielmacher traf mit dem HSVH in der Barclays Arena auf die MT Melsungen. Baijens war der beste Mann auf dem Feld, führte sein Team mit acht Toren gegen die favorisierten Gäste zum 33:28-Sieg – was die Melsunger Verantwortlichen um Trainer Roberto Garcia Parrondo noch in der Arena dazu bewog, erste Abwerbungsversuche bei Baijens zu unternehmen.
Etwas mehr als vier Monate später war es dann nach wochenlangen Spekulationen, Nachfragen, Dementis und Gesprächen offiziell: Baijens verlässt den HSVH. Allerdings nicht in Richtung der MT Melsungen, sondern des Champions-League-Clubs Paris St. Germain. Doch auch Melsungen, genauer gesagt Coach Garcia Parrondo, hatte großen Anteil am Transfer des 25-Jährigen.
Handball: Die Hintergründe des Baijens-Abschieds
„Ich habe am Ende der vergangenen Saison gegen Melsungen ein gutes Spiel gemacht, sodass Garcia Parrondo danach auf mich zugekommen ist. Konkret wurden die Gespräche aber nie, auch weil Melsungen gleichzeitig Amine Darmoul verpflichtet hat. Man kann aber schon sagen, dass Garcia Parrondo beim Kontakt zwischen mir und Paris mitgewirkt hat“, bestätigt Baijens, der mit dem HSVH am Ostermontag (16.30 Uhr/Dyn) in der Sporthalle Hamburg erneut auf die Melsunger treffen wird, im Gespräch mit dem Abendblatt.
In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass Melsungens Garcia Parrondo und PSG-Coach Raul Gonzalez eng miteinander befreundet sind. Beim früheren spanischen Weltklasseclub Ciudad Real und dessen Nachfolgeverein Atlético Madrid arbeiteten beide sechs Jahre zusammen, Garcia Parrondo war Spieler, Gonzalez Assistent von Trainer-Ikone Talant Dujshebaev.
Luc Steins erzählte Raul Gonzalez von Baijens
Nachdem Garcia Parrondo seinem Kumpel im vergangenen Sommer also davon erzählte, dass Baijens ihm zwar abgesagt habe, er aber auch für Paris interessant sein könnte, erkundigte sich Gonzalez zurerst bei seinem PSG-Spielmacher Luc Steins nach Baijens. Und weil Steins offenbar nur positiv von seinem niederländischen Nationalmannschaftskollegen und Freund berichtete, bekam Baijens einen Anruf aus Frankreich.
Bevor sich der HSVH-Spielmacher aber nach Paris verabschiedet, steht für ihn noch eine Abschiedstournee in der Bundesliga auf dem Plan. Zehn Spiele bleiben den Hamburgern in dieser Saison noch, nach zuletzt drei Siegen in Serie scheint der Abstiegskampf aber bereits jetzt kein Thema mehr zu sein. „Man hat deutlich gemerkt, wie die Stimmung mit den Siegen zuletzt wieder deutlich besser geworden ist. Die Wochen im Februar waren dagegen echt nicht schön, das war wie eine Negativspirale. Jeder wusste aber auch, dass er hart arbeiten muss, damit die Stimmung wieder besser wird“, sagt Baijens.
Verletzungsprobleme stellten den HSVH vor Herausforderungen
Auch sein im vergangenen Herbst erlittener Mittelhandbruch hatte großen Anteil daran, dass der HSVH am Ende des vergangenen Jahres kaum noch Punkte holte. „Als ich Anfang Dezember von meiner Verletzung zurückgekommen bin, waren mit Jacob Lassen, Dominik Axmann und Andreas Magaard gleich die nächsten Spieler verletzt. Wir mussten uns dann erst einmal wieder neu finden. Mittlerweile sind wir wieder mehr in unserem Rhythmus“, sagt Baijens, der Ende Januar nach der Europameisterschaft auch mit Überbelastung zu kämpfen hatte. „Ich bin mit ein paar Knieschmerzen aus der EM gekommen. Ich weiß aber, dass ich zu den Spielern gehöre, die die Mannschaft tragen müssen. Deshalb gehe ich trotzdem mit 100 Prozent vorweg.“
Beim 27:25-Auswärtssieg bei der HSG Wetzlar am vergangenen Wochenende waren es tatsächlich Baijens und sein Positionspartner Tissier, die die Hamburger mit ihren schnellen Bewegungen immer wieder gefährlich werden ließ. „Wenn man uns kleine Spieler verteidigen will, ist man mit dem Arm schnell im Gesicht. Da müssen große Spieler aufpassen. Außerdem fällt es großen Spielern immer schwerer, die Beine genauso schnell zu bewegen wie wir“, weiß der nur 1,82 Meter große Baijens.
Melsungen hat den kleinsten und größten Bundesliga-Profi
Der kleinste Akteur wird am Ostermontag aber aus Melsungen kommen, MT-Spielmacher Erik Balenciaga ist mit 1,69 Meter der kleinste Spieler der gesamten Liga. Passenderweise stellt die MT durch die lettische Rückraumkante Dainis Kristopans (2,15 Meter) aber auch den größten HBL-Profi.
„Früher hatte jede Handballmannschaft mehrere zwei Meter große Spieler, die die ganze Zeit aus dem Rückraum geworfen haben. Dieses Spiel verändert sich immer mehr, auch weil das Tempo immer höher wird. Eigentlich hat jedes Team heutzutage einen Spielmacher, um die großen Jungs in Bewegung zu bringen“, sagt Baijens, der sich in diesen Wochen nicht nur mit den Körpergrößen seiner Gegner, sondern auch mit dem 2. Juni 2024 beschäftigt.
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Knapp ein Jahr nachdem das Ende seiner Zeit in Hamburg mit dem Spiel gegen Melsungen eingeläutet wurde, steht es dann nämlich auch tatsächlich bevor. Die Partie des 34. Spieltags bei Balingen-Weilstetten wird seine letzte im HSVH-Trikot. „Als ich vor ein paar Tagen mit dem Fahrrad durch Hamburg gefahren bin, ist mir mal wieder bewusst geworden, was für eine geile Stadt das ist“, sagt Baijens. „Die letzten Monate sind jetzt unglaublich schnell gegangen. Ich bin mir sicher, dass der Abschied sehr schwer für mich wird.“