Hamburg. ... den maximalen Erfolg strebt das dezimierte Team dennoch an, wie Kreisläufer Niklas Weller vor dem Heimspiel gegen Wetzlar erklärt.

Für Dani Baijens hielt der Freitag eine ganz besondere Überraschung bereit. Weil in Dänemark der kuriose Brauch gilt, dass an ihrem 25. Geburtstag noch unverheiratete Männer mit einer Zimtdusche bedacht werden, wurde der niederländische Handball-Nationalspieler in Diensten des HSV Hamburg (HSVH) von seinen dänischen Teamkollegen Casper Mortensen, Frederik Bo Andersen, Jacob Lassen und Andreas Magaard nach dem Training von Kopf bis Fuß eingenebelt. Das Geburtstagskind machte, wie es als bekennender Spaßvogel seine Art ist, gute Miene zum klebrigen Spiel.

Wenn es eines weiteren Beweises bedurft hätte, dass der Teamgeist intakt ist beim Hamburger Bundesligisten, dann hätte ihn das Freitagstraining liefern können. Allerdings hatte die Auswahl von Cheftrainer Torsten Jansen bereits am Mittwochabend gezeigt, dass sie auch von schwerwiegenden Ausfällen nicht von ihrem Weg abzubringen ist.

Sieben Spiele noch bis Saisonende

Der 35:31-Sieg beim Abstiegskandidaten GWD Minden, der ohne die verletzten Leistungsträger Johannes Bitter (Tor), Leif Tissier, Lassen (beide Rückraum) und Magaard (Kreis) eingefahren wurde, unterstrich, dass der siebte Tabellenrang mehr als eine Momentaufnahme ist.

Auch wenn Trainer Jansen vorgibt, an die Qualifikation für die European League, die als Sechster möglich wäre, nicht zu denken: Bei noch sieben ausstehenden Partien, beginnend mit dem Heimspiel gegen die abstiegsbedrohte HSG Wetzlar am Sonntag (16.05 Uhr, Sporthalle Hamburg), muss das internationale Geschäft kein Traum bleiben.

„Natürlich sprechen wir intern über die Tabellensituation, aber der Europapokal ist jetzt nicht unser Ziel, das wir erreichen müssen. Wir fahren gut damit, ohne Druck an die kommenden Aufgaben heranzugehen“, sagt Niklas Weller. Der Kreisläufer ist einer von denjenigen, die in der aktuellen Phase besonders belastet sind.

Kreisläufer Weller besonders belastet

Weil sein Positionskollege Andreas Magaard wegen Knieproblemen seit Wochen und wohl auch gegen Wetzlar fehlt, hat er kaum Verschnaufpausen. Zwar steht mit Nachwuchsmann Thore Feit (20) ein Back-up zur Verfügung, „auf den wir uns voll verlassen können“, dennoch trägt Weller aktuell die Hauptlast der körperlich hochintensiven Kreisarbeit.

Darüber zu lamentieren, das fiele dem Juristen, der rund 20 Wochenstunden in der Rechtsabteilung von HSVH-Sponsor Laiqon AG (vormals Lloyd Fonds) arbeitet und parallel seine Doktorarbeit vorantreibt, nicht ein. „Wir haben mit Toto einen Trainer, der mit diesen Dingen pragmatisch umgeht. Die Spiele müssen gespielt werden, und wenn einer nicht kann, ersetzt ihn ein anderer“, sagt Weller, der als einziger Akteur im aktuellen Kader den Neustart des Vereins nach der Insolvenz 2016 in Liga drei miterlebte.

Doppelspielwochen wie diese seien in der angespannten Personallage zwar besonders hart, „aber wir steuern die Intensität, achten darauf, dass ausreichend Regeneration möglich ist. Da muss man auf die Zähne beißen und auch mal spielen, wenn man nicht zu 120 Prozent fit ist“, sagt er. Und überhaupt: Wer international spielt, müsse mit der Doppelbelastung fast jede Woche zurechtkommen.

Wichtiger als Platzierung ist Entwicklung

Womit auch geklärt wäre, dass Europa mehr ist als nur ein Hirngespinst des Umfelds. „Wir wären ja schlechte Leistungssportler, wenn wir nicht den maximalen Erfolg erreichen wollten“, sagt Niklas Weller, „wenn wir die letzten sieben Spiele gewinnen, kann es zu Großem reichen.“ Dennoch sei deutlich wichtiger als die Endplatzierung die Entwicklung, die die Mannschaft genommen hat.

„Wir haben in den vergangenen Wochen gelernt, dass wir in der Bundesliga Spiele auch gewinnen können, wenn wir nicht unsere beste Leistung zeigen und nicht das beste Team aufbieten können. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir sagen, dass wir eine überragende Saison spielen. Das wollen wir uns jetzt nicht noch kaputtmachen.“

Was auch immer sportlich kommt, eine Feier steht Niklas Weller garantiert noch ins Haus: Am 22. Mai wird er 30 Jahre alt. Vielleicht sollte er rechtzeitig schauen, welche dänischen Bräuche es noch gibt.