Hamburg. Geschäftsführer des HSV Hamburg spricht über den Ex-Nationalkeeper und verrät, wie dieser nach der Karriere für den Club aktiv bleibt.

Seit Monatsbeginn ist Sebastian Frecke alleiniger Geschäftsführer des HSV Hamburg (HSVH). Sein bisheriger Co-Geschäftsführer Florian Gehre hatte Hamburgs Bundesligahandballer auf eigenen Wunsch nach beruflicher Veränderung verlassen. Im Abendblatt spricht Frecke über seine neue Rolle, Anteilseigner und die Zukunft von Leistungsträgern.

Hamburger Abendblatt: Herr Frecke, wie fühlt man sich als alleiniger Geschäftsführer eines Handball-Bundesligisten?

Sebastian Frecke: Nicht anders als vorher. Momentan liegen die Aufgabenbereiche, die Florian zuletzt betreut hatte, zwar übergangsweise auch bei mir. Wir werden in den kommenden vier Wochen die Aufgaben aber so umverteilt haben, dass der Übergang fließend sein wird. Wir haben mit Kristin Gärtner, die sich bisher vor allem um den Bereich Ticketing und Event gekümmert hat, stattdessen eine neue Geschäftsstellenleiterin installiert. Diese neue Stelle, die direkt unter mir als Geschäftsführer angesiedelt ist, wird auch mit einer Prokura ausgestattet sein.

War es keine Option, einen neuen Co-Geschäftsführer einzustellen?

Die Möglichkeit haben wir intern besprochen und uns dagegen entschieden. In erster Linie hatten wir damals wieder einen zweiten Geschäftsführer installiert, um für die großen Herausforderungen während der Pandemie bestmöglich aufgestellt zu sein. Florian hat seinen Fokus auf finanzielle und administrative Dinge gelegt und hatte großen Anteil daran, dass wir es verhältnismäßig gut durch die Pandemie geschafft haben. Als er Ende des Jahres die Kündigung eingereicht hat, hatten wir genug Zeit, um intern die Weichen zu stellen.

Handball: Das plant Frecke beim HSV Hamburg

Was sind Ihre nächsten Ziele als Geschäftsführer?

Wir sind im Sponsoring noch nicht ausvermarktet. Ich möchte weiterhin Unternehmen motivieren, sich im Handball zu engagieren. Das gelingt uns momentan sehr gut. Wir stehen mit mehreren großen Partnern, mit denen wir teilweise seit mehreren Jahren in Gesprächen sind, kurz vor Vertragsabschlüssen. Hinzu kommt die Heimspielplanung für die nächste Saison. Wir sind in der Sporthalle Hamburg nicht nur im Businessbereich zuletzt an unsere Kapazitätsgrenzen geraten. Wir sind uns sicher, dass wir bei den ausverkauften Spielen zuletzt noch gut 1000 zusätzliche Tickets hätten verkaufen können. Unser Wunsch ist es, weiterhin Topspiele in der Barclays Arena auszutragen. Aber noch sind wir nicht an dem Punkt, dass wir uns zutrauen, die große Arena auch gegen kleinere Gegner zu füllen.

Auf der Mitgliederversammlung des e. V. im November wurde beschlossen, 24,9 Prozent der Anteile an der Bundesliga-Betriebsgesellschaft, der Handball Sport Management und Marketing GmbH, zu verkaufen. Haben Sie bereits Interessenten gefunden?

Wir befinden uns mit mehreren Unternehmen und Privatpersonen auf der Zielgeraden. Optimalerweise haben wir im Laufe dieses Jahres einen Großteil der verfügbaren Anteile verkauft. Das kurzfristige Ziel ist, in den kommenden Monaten die Hälfte der Anteile zu vergeben. Da sind wir auf einem sehr guten Weg. Unser Ziel ist, eine breitere Kapitalstruktur zu erreichen, um uns kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Auf wie viele Anteilseigner hoffen Sie?

Wir werden die Anteile auf viele Schultern verteilen. Es wird voraussichtlich mehrere Anteilseigner mit Beteiligungen zwischen einem und fünf Prozent geben. Unser Ziel sind maximal 20 Unternehmer und Unternehmen als Anteilseigner. Einige Interessenten sind aktiv auf uns zugekommen, wir haben aber auch schon Gespräche mit Unternehmen aus unserem bisherigen Partnerkreis geführt.

Befürchten Sie, dass Anteilseigner bei Ihren Entscheidungen im sportlichen Bereich mitreden wollen?

Nein. Es wird niemand aus diesem Kreis mitentscheiden können, welche Spieler wir verpflichten oder welchen Weg wir gehen. Die Gesellschafter haben zwar Auskunftsrechte, aber keine Mitbestimmungsrechte oder Ansprüche auf Aufsichtsratssitze.

Frecke: Nachverpflichtung für Lassen keine Option

Sportlich läuft es sehr gut, der sechste Platz und die Chance auf die European League ist nicht weit entfernt. Wieso reagieren Sie auf den Schlüsselbeinbruch von Jacob Lassen nicht mit einer Nachverpflichtung?

Schon als wir am Sonntagabend nach dem Spiel die Diagnose aus dem Krankenhaus bekommen haben, haben wir mit dem Trainerteam beschlossen, dass wir keinen Gedanken daran verschwenden werden. Wir haben einerseits keinen akuten Bedarf, andererseits wäre es ohnehin schwierig, vereinslose Spieler zu finden, die uns sofort verstärken würden. Und dann können wir es trotz der Verletzung von Lassen auch lassen (lacht).

Starker Wortwitz! Denken Sie denn gar nicht an Europa?

Die tabellarische Situation blenden wir natürlich nicht aus. Bis drei Spieltage vor Schluss werden wir uns aber nicht mit dem Thema beschäftigen. Sollte am Ende der Saison ein einstelliger Tabellenplatz herausspringen, wäre das schon ein super Erfolg. Unser Plan ist, uns auch im kommenden Jahr wieder zu verbessern. Ein einstelliger Tabellenplatz wäre dementsprechend auch in der kommenden Saison ein großer Erfolg. Daran würde sich übrigens auch nichts ändern, wenn wir das schon in diesem Jahr schaffen würden. In dieser Saison haben die Jungs mit Blick auf den angepeilten nächsten Entwicklungsschritt schlichtweg überperformt.

Ist es für Vertragsverhandlungen mit Spielern wie Jacob Lassen nicht eine Grundvoraussetzung, auch im europäischen Geschäft vertreten zu sein?

Da Jacob den Wunsch hat, in der dänischen Nationalmannschaft zu spielen, gehört das europäische Geschäft für ihn perspektivisch mit dazu. Ich schließe aber nicht aus, dass wir ihn auch über sein derzeitiges Vertragsende im Sommer 2024 hinaus halten können. Wir haben ihm klar signalisiert, dass wir uns eine Zukunft mit ihm sehr gut vorstellen können. Davon war er sehr angetan, weil er sich in Hamburg sehr wohlfühlt. Es können sich beide Seiten sehr gut vorstellen, weiter zusammenzuarbeiten. Natürlich gibt es Vereine, die finanziell jedem einzelnen Spieler von uns mehr bieten könnten als wir. Unser großer Vorteil ist neben der Stadt aber das außergewöhnliche Gemeinschaftsgefühl, das wohl kaum ein anderer Club so bieten kann. Hier herrscht einfach eine gute Atmosphäre, das bestätigt uns jeder, der neu kommt oder uns verlässt.

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  • Vielleicht überraschend ist, dass Johannes Bitter mit einer durchschnittlichen Quote von 27,32 Prozent nur auf Platz 21 der Bundesligatorhüter mit mindestens 20 Spielen liegt. Sehen Sie das als Problem?

    Jogi hat uns in der vergangenen Saison den Klassenerhalt gesichert und sichert uns in der aktuellen Situation trotz dieser statistisch durchschnittlichen Leistung Platz sieben. Er ist am kritischsten mit sich selbst, hat natürlich auch höhere Ansprüche, als manchmal nur zwei oder drei Paraden pro Spiel zu zeigen. Wir haben aber unsere Ziele als Mannschaft – und er trägt enorm dazu bei, dass wir diese momentan erreichen.

    Torhüter Johannes Bitter steht beim HSVH nicht zur Disposition.
    Torhüter Johannes Bitter steht beim HSVH nicht zur Disposition. © Michael Schwartz/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa/Archivbild

    Bitters Vertrag läuft noch bis Sommer 2026. Angedacht war, dass er zunehmend Aufgaben auf der Geschäftsstelle übernimmt.

    Unser derzeitiger Wunsch ist, dass Jogi noch mindestens ein Jahr als Nummer eins und dann optimalerweise anschließend noch ein Jahr als Nummer zwei auf der Platte steht. Parallel dazu soll er sportliche Aufgaben im Management übernehmen. Wir werden ihn dann auf der Geschäftsstelle im sportlichen Bereich einarbeiten, damit er perspektivisch bei Themen wie der Kaderplanung und Spielerverpflichtungen mitwirkt. Auch jetzt bringt er schon seine Expertise ein, wenn wir über potenzielle Neuzugänge reden.

    Der Vertrag des derzeit zweiten Keepers Jens Vortmann läuft noch bis 2024. Wann gedenken Sie, einen neuen Stammtorhüter zu verpflichten?

    Wir werden in den nächsten Wochen zunächst einmal mit Jens und Jogi das Gespräch suchen, um zu klären, wie es nach 2024 weitergeht. Perspektivisch geht es für uns darum, in den nächsten Jahren eine langfristige neue Nummer eins zu finden, weil Jens und Jogi beide schon deutlich über 30 sind. Bei den jüngsten Verpflichtungen haben wir gemerkt, dass es Sinn ergibt, früh dran zu sein. Wir haben bereits ein paar Kandidaten im Blick, bei denen wir es uns vorstellen können, dass einer von ihnen in Zukunft unser neuer Stammtorwart werden könnte.