Hamburg. Die Nachwuchshandballer Max Niemann und Alexander Hartwig sprechen im Podcast „Auszeit HSVH“ über ihre Erfahrungen im Bundesligakader.

Sollte er nicht arg täuschen, dieser erste Eindruck, dann dürfen sich die Bundesligahandballer des HSV Hamburg (HSVH) auf nervenstarke Verstärkungen freuen. Sehr aufgeregt seien sie, hatten Max Niemann (19) und Alexander Hartwig (20) gesagt, als sie im Podcaststudio des Abendblatts erwartungsvoll vor ihren Mikrofonen Platz nahmen.

Schließlich war ihr Besuch bei „Auszeit HSVH“ der erste offizielle Podcast für Linksaußen Hartwig und den in der Rückraummitte am besten aufgehobenen Niemann. Doch dann plaudern die beiden Youngster dermaßen routiniert und entspannt drauflos, als hätten sie nur auf diese Gelegenheit gewartet. Der Eindruck, der sich aufdrängt: Wenn bei den beiden so Aufregung aussieht, dann brauchen sie in Ruhephasen wahrscheinlich Aufputschmittel.

Vier U-21-Spieler erhalten Profiverträge für 2023/24

Der Anlass für das Gespräch war allerdings auch ein schöner: Alexander Hartwig, das gab der HSVH am Mittwoch offiziell bekannt, wird für seine starken Leistungen in der U 21 zur kommenden Saison von der Ober- in die Bundesliga befördert und erhält einen zunächst auf ein Jahr befristeten Profivertrag, ebenso wie der Rückraumlinke Lennard Benkendorf (20).

Der Kontrakt von Max Niemann, der bereits in dieser Saison zum Profikader zählt, aber seit Anfang Dezember wegen eines Patellaspitzensyndroms in beiden Knien ausfällt, wird auf die Spielzeit 2023/24 ausgeweitet. Gleiches gilt für Torhüter Alexander Pinski (20).

„Für mich ist das ein Traum, der wahr wird“, sagt Alexander Hartwig, „noch vor ein paar Wochen hätte ich mir nicht ausmalen können, dass ich hier sitze und darüber reden darf!“ Als Back-up für den dänischen Weltklassespieler Casper Mortensen (33) übernimmt Hartwig den Job von Tobias Schimmelbauer (35), der im Sommer seine Karriere beendet.

Aus der Uni zum Bundesligaspiel in Stuttgart

Mitte Dezember hatte er im Gastspiel beim TVB Stuttgart sein Profidebüt gegeben, als Mortensen wegen der Geburt seines Sohnes ausgefallen war. „Ich saß morgens in der Uni, als ich einen Anruf von unserem U-21-Coach Stefan Schröder bekam.

Er fragte, ob ich Lust und Zeit hätte, am Abend in Stuttgart bei den Profis zu spielen“, erinnert sich Alexander Hartwig an den Moment, der sein sportliches Leben veränderte. Natürlich hatte er Lust und Zeit, stieg in den Flieger und bekam als Belohnung auch einige Minuten Spielzeit.

Max Niemann erinnert sich gern an die Nachricht Schröders zurück, die ihn vor ungefähr einem Jahr überraschend erreichte. „Ich war gerade temporär zu meinen Großeltern gezogen, weil meine Eltern an Corona erkrankt waren, als Stefan Schröder mich fragte, ob ich Bock hätte, bei den Profis mitzutrainieren. Meine Freude war riesig! Endlich mit den gestandenen Bundesligaprofis trainieren zu dürfen, denen man fast jeden Tag in der Halle über den Weg läuft, das war eine riesige Ehre“, sagt er.

Unterstützung durch die Profis ist groß

In der Umkleide habe er an einen Spruch seiner Mutter gedacht: Die kochen auch nur mit Wasser. „Und das hat mir geholfen, die Aufregung im Griff zu behalten“, sagt er.

Was die beiden Nachwuchsasse in erster Linie davon überzeugte, den Schritt zu den Profis beim HSVH zu wagen, ist die Unterstützung, die sie im Verein spüren. „Alle Spieler sind sehr hilfsbereit, geben uns Tipps. Dass ich von einem Spieler wie Casper Mortensen lernen kann, ist für mich eine große Ehre. Wir haben schon einige Gespräche geführt. Seine Motivation und die Disziplin, sich immer weiter verbessern zu wollen, das sind Dinge, die ich mir bei ihm abschauen kann“, sagt Alex Hartwig.

Beide schauen zudem voller Respekt auf Teamkollegen wie die Rückraumspieler Leif Tissier (23) und Dominik Axmann (23), die ebenfalls aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis emporgestiegen waren. Dass Tissier und Axmann in der Dritten Liga beginnen konnten, während sie sich direkt auf höchstem Level beweisen müssen, halten Niemann und Hartwig nicht für einen Nachteil. „Sie haben damals sehr viel spielen müssen, wir können in der zweiten Reihe reifen und lernen“, sagen sie.

Hartwig ist mit 1,77 Metern kleinster HSVH-Spieler

Wie groß der Schritt vom Junioren- in den Erwachsenen-Handball wirklich ist, obwohl das spezifische Krafttraining bereits im C-Jugendbereich (14 bis 15 Jahre) ansetzt, das beginnen die beiden Kumpels gerade erst zu realisieren. „Ich habe das in meinen beiden Einsätzen ganz deutlich gespürt“, sagt Alex Hartwig, der mit 1,77 Metern Körperlänge der kleinste Akteur im Aufgebot von Cheftrainer Torsten Jansen ist und sich dafür durchaus mal ein paar Sprüche anhören muss.

„Man muss hart arbeiten, um sich athletisch und körperlich anzupassen, aber das tun wir“, sagt Max Niemann (1,89 m), unter dessen Sweatshirt sich die über die vergangenen Monate aufgebaute Muskelmasse deutlich abzeichnet.

Beide erachten den Zwischenschritt U 21 für ihre Entwicklung als unbedingt zuträglich. „Das ist ja das Konzept hinter dieser Mannschaft, und für uns hat es sich in jedem Fall gelohnt“, sagt Niemann.

Beide wollen neben dem Sport studieren

Alles auf die Karte Profisport zu setzen ist dennoch nicht der Weg, den die beiden Absolventen der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg bevorzugen. Alex Hartwig absolviert derzeit ein duales Sportmanagement-Studium mit seinem Heimatverein SC Alstertal-Langenhorn als Praxispartner.

Max Niemann, der in der E-Jugend vom Niendorfer TSV zum HSVH wechselte, sucht noch die für ihn passende Berufsausbildung. „Aber wir wissen beide, wie wichtig es ist, sich für die Zukunft ein zweites Standbein aufzubauen“, sagt er.

An diesem Donnerstag (19.05 Uhr/Sky) zählt allerdings die Gegenwart, der HSVH (7., 26:24 Punkte) empfängt Frisch Auf Göppingen (14., 17:35). Beide werden mitfiebern, Niemann in der Sporthalle Hamburg, Hartwig vor dem Fernseher. Auch wenn sie auf einen klaren Sieg tippen – 29:25 (Max) und 32:26 –, werden sie aufgeregt sein. Sagen sie zumindest.

Die Handball-Bundesliga erteilte allen 37 Bewerbern für die beiden Männer-Profiligen die Lizenz für die Saison 2023/24 ohne Auflagen.