Hamburg. Kapitän von Hamburgs Bundesligahandballern musste an der Lippe genäht werden. Was er zu seinen Einsatzchancen gegen Erlangen sagt.

Niklas Weller nuschelt noch ein bisschen, als ihn das Abendblatt am Telefon erreicht. Die leichte Sprechstörung beim Kreisläufer des HSV Hamburg (HSVH) hat allerdings keine logopädischen, sondern handballerische Gründe. „Im Training habe ich entweder einen Ellenbogen oder eine Faust von Dominik Axmann kassiert“, erzählt der Kapitän von Hamburgs Bundesligahandballern. „So etwas kommt im Handball mal vor, wir betreiben einen Kontaktsport. Trotzdem ist so etwas nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig.“

Von der Trainingshalle ging es für Weller am Mittwoch direkt ins Krankenhaus, wo seine blutende Lippe genäht werden musste. Zwei Stiche von innen, zwei von außen. „Es ist nicht besonders schmerzhaft, nur das Reden fällt mir wegen der Schwellung noch etwas schwer“, sagt er.

Handball: Am Sonntag gastiert der HC Erlangen in Hamburg

Wenn am Sonntag (16.05 Uhr/Sky) der HC Erlangen in der Sporthalle Hamburg gastiert, hofft Weller, dabei zu sein. „Ich bin zuversichtlich, dass ich am Sonntag spielen kann, muss aber das Abschlusstraining am Sonnabend noch abwarten. Die Frage ist, was die Wunde macht, wenn der Körper unter Vollbelastung steht“, sagt Weller.

Ein Einsatz des 29-Jährigen gegen den direkten Tabellennachbarn wäre angesichts der personellen Lage von enormer Bedeutung – Linksaußen und Abwehrstabilisator Tobias Schimmelbauer ist nach seiner Blauen Karte bei der 32:34-Auswärtsniederlage gegen die SG Flensburg-Handewitt vor zwei Wochen gesperrt.

Schimmelbauer fehlt gegen Erlangen gesperrt

„Schimmel wird uns definitiv in der Abwehr fehlen. Und wenn wir über 60 Minuten Gas geben wollen, ist es ohnehin hilfreich, wenn wir zwei fitte Kreisläufer haben. Deshalb hoffe ich, dass ich spielen kann“, sagt Weller, für den im Fall eines Ausfalls Kreisläuferkollege Andreas Magaard einspringen würde. „Andreas hat es in den vergangenen Spielen immer sehr gut gemacht. Auch in der Abwehr stand er zuletzt sehr sicher. Ich glaube, dass er mich immer gut vertreten wird, wenn das nötig sein sollte“, sagt Weller.

Die Blaue Karte gegen Schimmelbauer (35) ärgert Weller noch heute. Rot hätte es auch getan, sagt der HSVH-Kreisläufer – und dass die Sperre im Nachhinein sogar auf zwei Spiele ausgeweitet wurde, verstehe er ohnehin nicht. „Ich habe das Gefühl, dass die Schiedsrichter in dem Spiel an dieser Situation ein Exempel statuieren wollten, weil die Situation besonders aufgeheizt war“, sagt Weller über die Szene, als Flensburgs Magnus Rød Schimmelbauers Ellenbogen kennenlernte.

Niemand sah beim HSVH mehr Zweiminutenstrafen als Weller

Der Begriff „Aggressive Leader“ wird im Profisport seit ein paar Jahren zwar fast inflationär verwendet, auf die beiden HSVH-Profis, die sich auch privat bestens verstehen, trifft die Bezeichnung dennoch zu. Gemeinsam führen sie teamintern die Statistik in der unrühmlichen Kategorie Zweiminutenstrafen an. Schimmelbauer musste in der bisherigen Saison 14-mal auf die Strafbank, Weller sogar 15-mal. Hinzu kommen jeweils eine Blaue sowie eine Rote Karte bei Schimmelbauer, bei Weller sind es gleich drei Rote und eine Blaue.

„Ich würde nicht sagen, dass wir eine besonders aggressive Abwehr sind. Ich kann nicht leugnen, dass wir in der ersten Saisonhälfte viele Zweiminutenstrafen bekommen haben, wo auch ein paar dumme Strafen dabei waren. In der Rückrunde ist es schon deutlich besser geworden“, sagt Weller. Die Entwicklung gehe aber in die richtige Richtung: „Wenn man ein bisschen besser eingespielt ist, kann man sich gegenseitig auch besser helfen. Dann bekommt man automatisch weniger Zweiminutenstrafen.“

Auch wenn sie ihrem Team mit den vielen Zeitstrafen nicht direkt helfen, sind es mitunter doch wichtige Zeichen, die beide Spieler setzen. Das Signal an den Gegner ist klar: Wenn du an mir vorbei willst, tut es weh. Zumindest das Unterbewusstsein der Gegenspieler können sie so mitunter beeinflussen. Nicht erst seit seiner dicken Lippe weiß Weller aber auch: Wer austeilt, muss auch einstecken können.