Hamburg. Martin Schwalb, Vizepräsident der Bundesligahandballer, sieht das Team auf dem richtigen Weg, nur in der Crunchtime schwächele es.
32:34 (19:18) am Sonntag bei der SG Flensburg, 28:32 (15:15) vor zwei Wochen beim deutschen Meister SC Magdeburg – es sind ausgerechnet diese Auswärtsniederlagen in der Rückrunde der Handball-Bundesliga, die Trainer und Präsidium des HSV Hamburg (HSVH) positiv stimmen, die sie von der kontinuierlichen Entwicklung dieser Mannschaft überzeugt haben. In beiden Spielen bei zwei europäischen Spitzenteams führten die Hamburger Mitte der zweiten Halbzeit, in beiden Begegnungen verhinderten anschließend unglückliche eigene Aktionen und wohl auch strittige Schiedsrichterentscheidungen den Überraschungserfolg. Auch in den beiden Hinspielen, 30:31 gegen Flensburg, 28:30 gegen Magdeburg, haderte Cheftrainer Torsten Jansen mit den Pfiffen der Unparteiischen.
„Wir wollen jetzt keine Schiedsrichterschelte betreiben, dazu besteht absolut kein Anlass“, sagt Martin Schwalb, „aber wir werden wahrscheinlich bisher nicht als eine jener Mannschaften wahrgenommen, die auch in Flensburg oder Magdeburg gewinnen können – und deshalb dann der eine oder andere Pfiff ausbleibt, den wir uns wünschen würden. Dass wir in diesen vier Begegnungen phasenweise überragend gespielt haben, sollte uns im Rückblick aber weit wichtiger sein.“
Was fehlt dem HSV Hamburg noch zur Spitzenmannschaft?
Schwalb, der Erfolgstrainer des Vorgängervereins HSV Handball, seit 2016 Vizepräsident des HSV Hamburg, verabscheut ohnehin Was-wäre-wenn-Diskussionen. Er sagt: „2016 haben wir in der viertklassigen Oberliga Hamburg-Schleswig-Holstein angefangen, jetzt spielen wir im zweiten Jahr in der Bundesliga. Das fühlt sich für mich immer noch ein Stück irreal an. Wir sollten das Erreichte genießen, die Blümchen am Wegesrand sehen und nicht anfangen, ständig nach oben zu schielen.“
Das Team sei zwar inzwischen in der Lage, wie geschehen den aktuellen Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen (40:37) zu besiegen, „unser tägliches Brot ist das nicht. Wir sollten nicht vergessen, wie schnell es in dieser ausgeglichen besetzten Bundesliga in die andere Richtung gehen kann. Unser Tagesgeschäft bleibt es, gegen jene Clubs, gegen die wir punkten können, zu punkten. Und das machen wir auch.“
Zu viele Tore kassiert: Ein Lern- und Erfahrungsprozess
Die jetzige Mannschaft würde auszeichnen, „dass sie eine Mannschaft ist“, sagt Schwalb, dass sich hier niemand auf einem Ego-Trip verirre, dass jeder jedem helfe. „Nur Mannschaften, die zusammenhalten, sind auf Dauer auch erfolgreich.“ In der Crunchtime jedoch, wenn Spitzenteams wie Flensburg, Magdeburg, Kiel oder die Füchse Berlin ihren Druck noch mal merklich erhöhten, noch fokussierter sind, „da fehlt uns in diesen letzten zehn Minuten oft die Durchschlagskraft. Wir werfen dann zu wenig Tore und kassieren zu viele.“ Das sei nicht eine Frage der Qualität, die sei in der Mannschaft ausreichend vorhanden, vielmehr sei das ein Lern- und Erfahrungsprozess.
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Erstaunlich sei andererseits bereits, „mit welcher Übersicht wir unsere Angriffe vortragen“, sagt Schwalb, „mit welcher Ruhe wir das Spiel neu aufbauen, wenn es mal mit der ersten, der zweiten Aktion nicht geklappt hat.“ Das alles zeuge von einer gewissen Reife, da sei das Potenzial dieses Teams zu erkennen. „Und wir haben die Zahl der technischen Fehler weiter reduzieren können, wir geben den Ball nicht mehr so leicht her. Dadurch sind wir alles in allem nur schwer zu schlagen.“ Wichtig sei es jetzt, den eingeschlagenen Weg beizubehalten, die Realität zu akzeptieren, „dass da einige Vereine vor und auch hinter uns stehen, die ganz andere Summen ausgeben können“, sagt Schwalb.
HSV Hamburg lässt sich von grundsätzlicher Ausrichtung nicht abbringen
Der HSV Hamburg sei damit sehr gut gefahren, langfristig zu denken, und das sowohl im Sportlichen als auch im Geschäftlichen, sich von den Ausschlägen des Tagesgeschäftes nicht von seiner grundsätzlichen Ausrichtung abbringen zu lassen. „Wir geraten eben nicht ins Stolpern, wenn der eine oder andere Wurf mal danebengeht“, sagt Schwalb.
Der HSVH-Rückraumrechte Jacob Lassen (27) wurde von Dänemarks Nationaltrainer Nikolaj Jacobsen für die Euro-Cup-Spiele gegen Deutschland am Donnerstag (20.45 Uhr) in Aalborg und am Sonntag (18 Uhr) in Hamburg nominiert. Am Montagnachmittag war Lassen zum zweiten Mal Vater geworden. Ehefrau Julie brachte eine gesunde Tochter zur Welt.