Flensburg. Anfangs konnte die Mannschaft gegen den SG Flensburg-Handewitt noch aufholen – doch die Entschlossenheit fehlte zwischenzeitlich.
Der Handball Sport Verein Hamburg (HSVH) ist in Wurfweite zur Spitze der Bundesliga angekommen, ein Stück Selbstverständnis und etwas mehr Konstanz fehlen aber wohl noch, um auch die Großen zu besiegen. Die 32:34 (19:18)-Niederlage bei der SG Flensburg-Handewitt ähnelte im Verlauf dem starken Auftritt vor zwei Wochen beim deutschen Meister SC Magdeburg (28:32). Auch damals führte die Mannschaft lange Zeit, brachte den Vorsprung jedoch nicht – wie jetzt in der mit 6300 Zuschauenden ausverkauften Flens-Arena – über die 60 Minuten.
Mit Jacob Lassen fehlte zudem der beste Feldtorschütze. Der Däne weilte bei seiner Frau Julie im Krankenhaus, die das zweite Kind erwartete, eine Tochter. Nicolai Theilinger vertrat Lassen im rechten Rückraum. Ihm gelang ein Treffer.
HSVH: Schon nach neun Minuten hatte das Team ausgeglichen
„Wir haben vieles richtig, zeitweise sogar vieles überragend gemacht. Es waren dann ein paar Kleinigkeiten, vielleicht auch die eine oder andere Schiedsrichterentscheidung, die am Ende den Ausschlag gaben“, meinte HSVH-Trainer Torsten Jansen. Sein Kollege Maik Machulla pflichtete ihm bei: „Das Spiel war enger, als es uns lieb war. Hamburg war ein unangenehmer, spielstarker Gegner.“ Linksaußen Casper Mortensen war mit acht Toren einmal mehr der beste Schütze der Hamburger, für Flensburg traf der Rückraumlinke Aaron Mensing zwölfmal.
Das Spiel schien anfangs in die erwartete Richtung des Favoriten zu laufen, die Flensburger führten schnell 3:0. Die Hamburger brauchten aber bloß diese vier Minuten, um sich an die emotionale Atmosphäre in der selbst ernannten „Hölle Nord“ zu gewöhnen. Nach neun Minuten hatte der HSVH ausgeglichen, und als sein niederländischer Spielmacher Dani Baijens zehn Minuten später zum 11:10 einnetzte, zur ersten Hamburger Führung, waren es fortan die Flensburger, die einem Rückstand hinterherwarfen.
Vortmann konnte zum Schluss noch einen Ball abwehren
Es sprach für die in dieser Saison noch einmal dazugewonnene Qualität des HSVH, dass Flensburgs Torhüter Benjamin Buric (insgesamt neun Paraden) lange machtlos gegen die meisten Würfe blieb. Auf der anderen Seite parierte Jens Vortmann in den ersten 30 Minuten diesen einen Wurf mehr (insgesamt acht), der den knappen Vorsprung seiner Mannschaft bis in die zweite Halbzeit hielt. Vortmann hatte nach seinem starken Comeback nach acht Monaten Verletzungspause (Achillessehnenriss) am vorvergangenen Donnerstag beim 32:26 gegen Hannover-Burgdorf den Vorzug gegenüber Johannes Bitter erhalten. Der ehemalige Nationaltorhüter durfte in Flensburg dann für die letzte Viertelstunde an seinen angestammten Arbeitsplatz, wehrte in einer Phase, als die Abwehr vor ihm längst löchrig war, noch einen Ball ab.
Dabei konnten die Hamburger zwischenzeitliche Rückschläge wegstecken, beispielsweise als Tobias Schimmelbauer nach einem harten Einsteigen mit dem Knie voran gegen Magnus Röd die Blaue Karte sah, was ihn nicht nur für den Rest dieses Spiels disqualifizierte, sondern auch eine Sperre für mindestens eine weitere Begegnung bedeutet. In den folgenden zwei Minuten in Unterzahl vergrößerte Mortensen mit einem Weitwurf ins leere Flensburger Tor den Vorsprung auf 23:20, bei einer ähnlichen Aktion kurz darauf verfehlte er den Kasten von hinter der Mittellinie allerdings um ein paar Zentimeter. Es wäre das 24:20 gewesen.
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Bis kommenden Sonnabend kann die Mannschaft sich erholen
Flensburg schöpfte danach neuen Mut, kam, als die Hamburger nicht mehr mit der vorher gekannten Konsequenz und Entschlossenheit verteidigten und angriffen, Treffer um Treffer heran, und fast folgerichtig erzielte Johan Hansen in der 50. Minute zum 29:28 die erste Flensburger Führung seit den Anfangsminuten. Es war zugleich die späte Wende dieses temporeichen, hochklassigen Spiels.
Die Hamburger haben jetzt fünf Tage lang Zeit, die ärgerliche Niederlage zu verarbeiten. Jansen (46) gab dem Team bis zum Sonnabend frei. Wegen der Länderspielpause mit dem Aufeinandertreffen Deutschlands mit Weltmeister Dänemark am 12. März in der Barclays Arena wird die Mannschaft erst am 19. März (16.05/Sporthalle Hamburg) gegen den HC Erlangen wieder in der Bundesliga gefordert. Der Trainer nutzt die Hamburger Schulferien für einen kurzen Familienurlaub in Amsterdam. Beim Blick auf die Rahmenterminkalender der nächsten Jahre hatte Jansen festgestellt, dass seine arbeitsfreien Zeiten mit den unterrichtsfreien seiner vier Kinder selten deckungsgleich sind.
Jansen wird seinen Vertrag beim Verein verlängern
Jansens Weitblick ist verständlich, ist er doch mit dem Verein über seine Vertragsverlängerung einig. Sie soll Anfang dieser Woche in seiner Abwesenheit verkündet werden. Auch sein Assistent Blazenko Lackovic (42) bleibt die nächsten Jahre an seiner Seite. Gemeinsam basteln sie an einem Team, das irgendwann auch mal die SG Flensburg besiegen kann. Viel scheint dazu nicht mehr zu fehlen.
Tore: SG Flensburg: Mensing 12, Jakobsen 8 (1 Siebenmeter), Golla 6, Larsen 3, Röd 3, Hansen 2. HSV Hamburg: Mortensen 8 (5), Axmann 5, Tissier 4, Valiullin 3, Andersen 3, Bergemann 3, Maagard 2, Baijens 2, Weller 1, Theilinger 1. Zeitstrafen: 1/3. Blaue Karte: Schimmelbauer (37.) wegen groben Foulspiels. SR: Schulze/Tönnies (Magdeburg).