Hamburg. Die Wilhelmsburger sind nach dem Sieg gegen Rostock zurück in der Erfolgsspur und erwarten gegen Ulm bereits Verstärkung Brae Ivey.

Am späten Sonntagnachmittag war dann endlich Ruhe eingekehrt bei Brae Ivey. Die drei Koffer, in denen „mein ganzes Leben ist“, waren ausgepackt, die bereits zweite Trainingseinheit bei den Veolia Towers Hamburg absolviert.

Der Neuzugang hängte sich mächtig rein. Als Erster kommen, als Letzter gehen. Schließlich gilt es, einen Eindruck auszuräumen: den, nicht gebraucht zu werden.

Veolia Towers Hamburg beenden Niederlagenserie souverän

Der hätte nämlich am Ende eines für den US-Amerikaner langen Sonnabend entstehen können, an dessen Morgen er im spanischen Girona ein Flugzeug bestiegen hatte und an dessen Abend er Zeuge eines überzeugenden 105:89 (29:24, 29:19, 25:23, 22:23)-Sieges seines neuen Clubs im Nordderby der Basketball-Bundesliga gegen die Rostock Seawolves geworden war. Zumal ihm auch Cheftrainer Benka Barloschky im Gespräch vor der Verpflichtung deutlich gemacht hatte, „dass wir keinen Retter brauchen, sondern jemanden, der unseren Kader vertieft und hart arbeitet“. Kurzum: Der die Tugenden übt, die die Wilhelmsburger vor 3400 Zuschauern in der edel-optics.de Arena zum Ende ihrer zuvor wettbewerbsübergreifend sieben Spiele währenden Niederlagenserie geführt hatten.

Gegen Rostock, das nun in der Liga siebenmal in Folge verloren hat, ließen sich die Gastgeber von nichts und niemandem aus dem Konzept bringen. Unter dem Begriff „Widerstandsfähigkeit“ muss im Duden zumindest in dieser Saison ein kleines Towers-Logo abgebildet werden.

Ausfall von Durham macht sich nicht bemerkbar

Ein Schlag auf den Solarplexus von Topscorer Aleksander Dziewa, Foulprobleme von Nationalspieler Jonas Wohlfarth-Bottermann, gleich zwei kleinere Verletzungen von Offensivkönner Mark Hughes, zaghafte Comebackversuche der Seewölfe – alles kein Problem. Und das vermeintlich größte Problem ist bis hierhin noch gar nicht thematisiert worden, sondern wippte während der Auszeiten seinen Kopf rhythmisch zur Musik vom Hallen-Konzertmeister „DJ Direction“.

Aljami Durham saß tiefenentspannt mit bandagiertem rechten Knöchel auf der Ersatzbank. „Die Stimmung in diesem Team ist großartig“, fiel Ivey nicht nur wegen des trotz Verletzungsausfalls gut gelaunten Stars der Towers auf.

Wohlfarth-Bottermann lobt Trainer Barloschky

Die Bank feierte nahezu durchweg jede gelungene Aktion der Durham-Vertreter Will Christmas und Leif Möller. Vor allem das erst 20 Jahre alte Eigengewächs beeindruckte, kümmerte sich in 26:18 Minuten nicht nur umsichtig um den Ballvortrag, sondern griff auch mutig den Korb an. „Leif hat einen Schritt nach vorne gemacht, und unsere Big Men Dziewa und Wohlfarth-Bottermann haben unter den Körben alles zu Gold gemacht“, lobte Barloschky.

Seine eigene Rolle am wichtigen Sieg, durch den die Hamburger im Kampf um die Play-ins nun zweieinhalb Spiele Vorsprung auf die elftplatzierten EWE Baskets Oldenburg besitzen, hatte der 36-Jährige an dieser Stelle nicht herausheben wollen. Das übernahm Wohlfarth-Bottermann dafür. „Benka ist ein Coach, der uns das seltene Privileg gibt, frühzeitig freie Tage anzusagen, sodass wir ein Leben abseits des Basketballs planen können. Die Botschaft des Teams war es, ihm das schnellstmöglich zurückzahlen zu wollen“, sagte der 33-Jährige.

Detailliertere Spielweise sorgt für weniger Ballverluste

Denn zumindest auf dem Papier stand – trotz häufig solider Leistungen – diese hässliche Pleitenserie. Die neben großen Gegnern auch an kleinen Fehlern lag.

„Heute haben wir detaillierter gespielt, nicht so wild“, sagte Barloschky am Sonnabend. „Nur“ 14 Ballverluste sind für ­Towers-Verhältnisse unter dem zweithöchsten Schnitt der Bundesliga, zumal der Premiumballverteiler Durham ja fehlte.

Neuzugang Ivey als Werfer eingeplant

Daran lässt sich arbeiten, und dem Tabellenneunten stehen dafür bald vier Wochen zur Verfügung. 25 Tage liegen zwischen der Partie am Dienstag in Ulm und der sehr wichtigen am 10. März bei den Basketball Löwen Braunschweig.

Zeit, in der sich auch Ivey an seine neue Aufgabe gewöhnen kann. „Sein Profil ist eindeutig, er ist ein guter Werfer. Dazu hoffe ich, dass er uns beim Kreieren von Vorteilen helfen kann. Aber über konkrete Rollen haben wir noch nicht gesprochen“, sagt Barloschky über den Kalifornier.

US-Amerikaner spielte schon in vier anderen Ländern

Ein Vorteil des 27-Jährigen: Er weiß, wie man sich schnell neuen Situationen anpasst. In jeder seiner bislang drei Profisaisons in Nordmazedonien, Polen, Litauen und Spanien wechselte der Kalifornier im laufenden Spielbetrieb den Verein. Normalerweise kein vielversprechendes Zeichen. „Bei mir waren die Wechsel aber immer die Chance, es auf das nächsthöhere Level zu schaffen“, sagt Ivey.

Zuletzt in Girona schaffte der Combo Guard diesen Sprung nicht. Kurz nach seiner Verpflichtung wurde der Trainer ausgetauscht, der neue hatte keine Verwendung für ihn; das Gefühl, nicht gebraucht zu werden eben. Ähnliches droht bei den Towers nicht.

Anderes Leidiges hingegen schon. Bereits an diesem Dienstag brechen die Hamburger zur letzten Etappe vor der großen Pause auf, dem Auswärtsspiel beim deutschen Meister ratiopharm Ulm am Dienstag (20 Uhr/Dyn). Für Ivey heißt das: schon wieder Koffer packen.