Hamburg. Die Wilhelmsburger erwirtschaften ein Plus und können besser Spieler rekrutieren. Wie es kommende Saison in Europa weitergehen soll.
In den letzten 90 Sekunden dieser EuroCup-Saison empfand Marvin Willoughby Stolz. Das mag auf den ersten Blick seltsam anmuten, denn die Veolia Towers Hamburg waren am Dienstagabend drauf und dran, die 16. aus 18 Begegnungen zu verlieren – was sie eineinhalb Minuten später nach dem 83:90 gegen Umana Reyer Venedig auch vollbracht hatten. Dennoch: Ihr Sportchef war zufrieden.
„Diese 90 Sekunden standen sinnbildlich für unsere Auftritte in Europa. Jedem war klar, dass wir das Spiel nicht mehr gewinnen können, aber die Jungs haben am Plan von Trainer Benka Barloschky festgehalten, nicht ihr eigenes Ding gemacht“, sagt Willoughby. Die kleine Saison neben der großen in der Basketball-Bundesliga habe der Mannschaft geholfen, sich nach Anfangsschwierigkeiten zu finden und zu verbessern. „Da gewinne ich lieber nur zweimal, aber nehme inhaltlich etwas mit“, sagt Willoughby.
EuroCup lohnt sich für die Veolia Towers Hamburg
Die Teilnahme am zweithöchsten europäischen Wettbewerb war auch wirtschaftlich lohnenswert für die Towers. Ein Plus im niedrigen sechsstelligen Bereich lässt sich durch Ticketeinnahmen, Sponsorengelder und Antrittsprämien erwirtschaften.
1712 Zuschauer kamen im Schnitt zu Heimspielen in die edel-optics.de Arena, im Vorjahr waren es rund 100 mehr. Allerdings wurde das publikumswirksame Weihnachtsspiel gegen Topfavorit Paris Basketball verlegt, und das Duell mit Hapoel Tel Aviv fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Willoughby: „Sparen 20 bis 30 Prozent Gehalt"
Willoughby nennt dazu eine Kostenstelle, die geringer ausfällt: Gehälter. „Wir bekommen einige Spieler 20 bis 30 Prozent günstiger, weil wir ihnen die Möglichkeit bieten, sich auf internationaler Bühne zu präsentieren“, sagt der 46-Jährige.
Das ist allerdings ein Pyrrhussparen. Im Sommer sind die Hamburger zumeist nicht in der Lage, ihre besten Akteure zu halten, nachdem diese sich im EuroCup in den Fokus anderer Clubs gespielt haben. „Aber das ist Teil unserer Kultur, wir sehen uns momentan als Ausbildungsverein. Der EuroCup ist ein riesiger Schlüssel, um Spieler von uns zu überzeugen“, sagt der Towers-Gründer, der die Tür zum Transfermarkt damit wohl auch kommende Saison öffnen kann.
EuroLeague will die Wilhelmsburger weiter dabei haben
Die ausrichtende EuroLeague hat bereits deutlich signalisiert, die Wilhelmsburger weiter dabei haben zu wollen. Eine sportliche Qualifikation wie der Einzug in die Play-offs der Bundesliga wäre hilfreich, aber nicht notwendig.
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Vor allem die außersportlichen Faktoren helfen Hamburg. Die EuroLeague setzt auf Deutschland als wichtigsten Markt.
EuroCup-Modus kommende Saison noch ungeklärt
„Dazu wurde uns signalisiert, dass wir durch unsere Organisation der Abläufe, die Atmosphäre und Professionalität ein Gewinn für die Liga sind“, sagt Willoughby. Gästeteams zollen den Towers regelmäßig Respekt.
Noch unsicher ist, in welchem Modus der EuroCup nächste Saison ausgetragen wird. Es gibt Gerüchte über eine Verschmelzung mit der vom Weltverband Fiba ausgerichteten Champions League, nach Abendblatt-Informationen dürfte diese aber frühestens 2025/26 vollzogen werden.
Towers-Sportchef: „Kannst du niemandem erklären"
Das Durcheinander von Verbänden und vier europäischen Wettbewerben stört auch Willoughby: „Das kannst du niemandem erklären, auch keinen Sponsoren. Es wäre gut, wenn da mal aufgeräumt wird.“
Apropos Aufräumen: Als eine Stunde nach dem ausverkauften EuroCup-Spiel gegen Besiktas Istanbul die Halle aufgeräumt und der Chef von den Kollegen entspannt verabschiedet wurde. „Da wurde mir bewusst, wie selbstverständlich wir das mittlerweile bewältigen“, sagt Willoughby. Darauf ist er mächtig stolz.