Hamburg. Trainingsgelände zum Teil überschwemmt. Wegen schlechter Platzverhältnisse in Hamburg weicht der Kiezclub nach Palma aus.
Natürlich gab es die zu erwarteten Kommentare: „Die Doppelmoral lässt grüßen“, „Ich dachte echt, der Verein meint es ernst mit der Nachhaltigkeit“, oder „Was für eine wirklich dumme Aktion“. Auch Fans des Lokalrivalen HSV nutzten gerne die Gelegenheit, auf den FC St. Pauli verbal einzudreschen.
Die Entscheidung des Clubs, nach dem Punktspiel in der Zweiten Liga am kommenden Sonnabend (13 Uhr/Sky) beim 1. FC Magdeburg von Montag an für fünf Tage in ein Trainingslager nach Mallorca zu fliegen, sorgte für heftige Diskussionen und Kritik bei zahlreichen Fans.
Heftige Kritik der Grünen am Mallorca-Flug
Aber auch die Politik hat den Vorgang zur Kenntnis genommen. „Es ist paradox, dass der FC St. Pauli nach Mallorca fliegt aufgrund des Wasserstandes auf einem Trainingsfeld, aber gleichzeitig noch weitere Spielfelder im Überschwemmungsgebiet plant“, sagte Jan Koriath, der sportpolitische Sprecher der Grünen Eimsbüttel.
Der Verein plant an der Kollaustraße den Ausbau seines Trainings- und Jugendleistungszentrums. Dazu sollen auch Plätze auf der bisherigen Überschwemmungsfläche der Kollau erreichtet werden.
„Wir benötigen hohe Grundwasserstände um über die trockenen Sommermonate zu kommen“, so Koriath, dessen Partei die stärkste Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel stellt. „Ob der Bereich an der Kollaustraße wirklich der beste Ort für das Leistungszentrum ist, ist fraglich. Wir nehmen den Trip nach Mallorca zur Kenntnis und werden es bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen.“
Rekord-Regenfälle ruinierten Trainingsplatz
Am Donnerstag nahm Cheftrainer Fabian Hürzeler erstmals persönlich Stellung zu dem durchaus umstrittenen Kurztrip mitten in der Saison. „Natürlich wäre ich lieber hier geblieben, das sind auch alles Zusatzbelastungen für die Spieler und den Staff“, erklärte Hürzeler, „aber wir haben Mittwoch auch beim Spiel in Mainz und der Absage des Pokalspiels in Saarbrücken gesehen, dass es höhere Mächte gibt. Und es gibt nicht die Ausweichmöglichkeiten in Hamburg.“
Die „höheren Mächte“ haben in den vergangenen Wochen für Rekord-Regenfälle gesorgt. Und dass deshalb der Zustand des Trainingsgeländes an der Kollaustraße miserabel ist, ist für jeden offensichtlich. „Eine Woche auf Kunstrasen zu trainieren ist für uns auch nicht umsetzbar“, so Hürzeler.
FC St. Pauli will im Aufstiegkampf kein Risiko eingehen
Dabei geht es ihm beim Ausweichen auf die Trainingsplätze des spanischen Erstligisten RCD Mallorca weniger um die Umsetzung der Trainingsinhalte. Entscheidend ist die Verletzungsgefahr auf schlechtem Grund. „Deshalb wurde ja auch das Spiel in Saarbrücken nicht angepfiffen, je glitschiger der Boden, desto größer ist die Gefahr einer Verletzung.“
Angesichts der aktuellen Tabellensituation und der exzellenten Chance, den Aufstieg in die Bundesliga zu schaffen, sollen möglichst alle Unwägbarkeiten beseitigt werden. „Das war rational entschieden im Sinne des Erfolges des Vereins. Und das heißt, dass wir alle Spieler gesund brauchen“, so Hürzeler weiter: „Da dürfen wir kein unnötiges Risiko eingehen.“
Team und Staff fliegen mit der Linie nach Palma
Team und Staff fliegen übrigens mit Linie nach Palma, es werden also keine zusätzlichen Emissionen für den FC St. Pauli in die Atmosphäre geblasen. Trotzdem wird der Club die Umweltbelastung wie üblich am Saisonende kompensieren.
„Wir bei St. Pauli wissen genau, für welche Werte der Verein steht und welche Werte wir in die Öffentlichkeit tragen“, sagt Hürzeler: „Trotzdem überwiegt ein anderes Argument und das ist in dem Fall der Schutz der Spieler. Die Gesundheit steht immer über allem anderen.“
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Das ist ein Standpunkt, den auch viele Fans teilen können. Grundsätzlich hat der Club entschieden, im Profifußball erfolgreich dabei zu sein, um so seine Werte besser teilen zu können. Dann gehört eben auch mal eine unpopuläre Entscheidung dazu.
„Für mich ist es ein Dilemma zwischen Herz und Hirn“, kommentiert ein St.-Pauli-Fan im Blog Millernton, „aber die Entscheidung zeigt auch Charakter. Wichtig ist maximaler Erfolg.“ Damit trifft er die überwiegende Stimmung im Verein wohl ziemlich gut.