Hamburg. Der Leihspieler vom 1. FC Union begeisterte bei seinem ersten Spiel als Irvine-Ersatz die Fans, reden soll er aber nicht.

Fabian Hürzeler hatte natürlich das Gespür für die besondere Situation. Also wechselte der Trainer des FC St. Pauli Aljoscha Kemlein in der dritten Minute der Nachspielzeit beim Rückrundenauftakt der Zweiten Liga gegen den 1. FC Kaiserslautern am Sonnabend noch aus.

Und gab damit dem erst 19 Jahre jungen Winter-Neuzugang die verdiente Bühne und Aufmerksamkeit nach einem richtig starken Debüt beim 2:0-Sieg gegen die Pfälzer. Tosender Applaus von der Gegengerade, ein dankbares Klatschen zurück zu den Fans. Da ist jemand ganz schnell angekommen am Millerntor.

Kemlein: Mehr Kilometer gemacht als Dauerläufer Hartel

„Mich überrascht das nicht“, sagte Hürzeler hinterher: „Er ist sehr reif für sein Alter. Er ist sehr lernwillig, extrem aufnahmefähig, setzt Dinge schnell um.“ Dass Kapitän Jackson Irvine durch sein Engagement beim Asien-Cup fehlte (und noch einige Zeit fehlen wird), das fiel deshalb am Sonnabend kaum auf.

Mit 13,1 Kilometern Laufleistung hat Kemlein sogar den sonstigen Nummer-eins-Dauerrenner Marcel Hartel hinter sich gelassen, er war an der Entstehung des 1:0 beteiligt, spielte gescheite Pässe und Flanken und verteidigte effektiv. „Dank der ersten gelungenen Aktionen ist er sehr gut ins Spiel reingekommen. Es war ein gelungenes Debüt für ihn", lobte auch Kapitän Hartel.

St. Paulis Scoutingabteilung ist ein Coup gelungen

Sportchef Andreas Bornemann und der Scouting-Abteilung um Jan Sandmann ist da offenbar ein richtiger Coup gelungen. „Wir trauen ihm zu, schnell eine Alternative für die Position im zentralen Mittelfeld zu sein“, sagte Bornemann bei der Verpflichtung. Bingo: Von der Ersatzbank des 1. FC Union Berlin ins Rampenlicht des Millerntors, von Aljoscha Wer zu euphorischen Kommentaren der Fans in sozialen Netzwerken dauerte es nur drei Wochen.

Der gelobte Debütant aber schlich sich nach der Partie an Kameras und Reporterblöcken wortlos vorbei in die Kabine. Schweigen ist Gold – nun ja. Man hätte schon gern gehört, wie es um seine Gefühlslage bestellt war. Aber der Club verfolgt weiter das selbst auferlegte Schweigegelübde. Seit seiner Verpflichtung am 7. Januar hat sich der Berliner noch nicht einmal öffentlich geäußert.

Kemleins Leihe ist im Sommer wieder beendet

„Das ist ein Verhalten, das zu ihm passt“,, sagte stattdessen sein Trainer, der außerdem „die Kirche im Dorf lassen“ will. „Es war jetzt ein Spiel, wichtig ist, Konstanz zu zeigen und die Leistung Woche für Woche abrufen zu können“, so Hürzeler.

27 Minuten nur kam Kemlein in der Bundesliga in zwei Spielen für die Köpenicker zum Einsatz, dazu ein kurzes Schnuppern in der Champions League gegen Real Madrid. Spielpraxis zu sammeln, war also der wesentliche Grund für die Leihe nach Hamburg, die im Sommer wieder beendet sein wird.

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Denn die Berliner wissen schon, was sie an ihrem Eigengewächs haben, den sie seit 2016 ausgebildet haben. Eine Kaufoption hat St. Pauli deshalb angeblich nicht, im Gegenteil: Union hat den Vertrag im Zuge des Leihgeschäfts um unbekannte Zeit verlängert. „Er hat unter dem Toptrainer Urs Fischer gelernt. Er konnte sich dort mit Topspielern im Training messen", sagt Hürzeler, „das merkst du einfach.“

So ist es dennoch eine Win-win-Situation, von der alle profitieren. St. Pauli hat einen Vertreter für Irvine gefunden, Union lässt sein Juwel weiter mit hochwertiger Spielpraxis ausbilden. „Er hat immer noch Punkte, in denen er sich verbessern kann“, sagt Hürzeler. Man wird die gemeinsam angehen, ohne groß zu reden: „Es spricht einfach für ihn, dass er kein großer Erzähler ist, sondern ein Arbeiter auf dem Platz.“

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