Hamburg. In welch überraschender Rolle Trainer Fabian Hürzeler sein Team vor der Rückrunde sieht und welches Geständnis er ablegt.

Carsten Harms

Fabian Hürzeler redete am Donnerstagmorgen nicht lange drumherum, als er auf die Erinnerungen an den verpassten Bundesliga-Aufstieg im Frühjahr 2022 angesprochen wurde. „Nur weil ich damals Co-Trainer war, heißt das nicht, dass ich nicht mitgelitten habe. Ich habe lange daran geknabbert“, sagte der seit 13 Monaten amtierende Cheftrainer des FC St. Pauli. Das Team vom Millerntor war als Herbstmeister der Zweiten Liga in die Rückrunde gegangen, hatte dabei 36 Punkte und damit drei mehr als aktuell gesammelt, ließ in der Rückrunde aber nur noch 21 folgen, was in der Endabrechnung nur Rang fünf bedeutete.

„Damals waren wir Erster, jetzt sind wir Zweiter. Das heißt, wir sind nicht die Gejagten, sondern wir müssen jagen“, sagte der 30 Jahre alte Hürzeler. „Das hört sich banal an. Das ist aber eine andere Denkweise, mit der wir an die Sache herangehen“, betonte er. Das ist auf jeden Fall eine sehr bemerkenswerte Betrachtungsweise und impliziert, dass sich zumindest Hürzeler selbst nicht nur den Bundesliga-Aufstieg, der ja auch mit Rang zwei garantiert wäre, sondern sogar den Meistertitel in der Zweiten Liga zum Ziel gesetzt hat.

St. Paulis Trainer sieht sein Team diesmal als Jäger

So klar aber formulierte er es dann doch nicht. Wichtig aber schien ihm klarzustellen, dass es jetzt Unterschiede zu 2022 gibt. Unbestreitbar ist aber auch, dass der FC St. Pauli bei seiner eigenen Jagd auf Herbstmeister Holstein Kiel auch mehrere ambitionierte Verfolger im Nacken spürt, allen voran den Stadtrivalen HSV, aber auch Fortuna Düsseldorf und die SpVgg. Greuther Fürth.

Die Vorfreude darauf, dass an diesem Sonnabend mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (13 Uhr) die Rückrunde startet und es nun wieder um richtig etwas geht, war Hürzeler deutlich anzumerken. „Wettkampf weckt Emotionen, Anspannung und Vorfreude. Das Adrenalin wird anders ausgeschüttet als beim Testspiel“, sagte er.

Hürzeler bezeichnet Hinrunde als „Vorgeplänkel“

Gleichzeitig macht er deutlich, dass es von jetzt an mehr ist als nur die Fortsetzung des Ligabetriebs nach einer fünf Wochen langen Unterbrechung. „Die Hinrunde war okay. Aber das war ein Vorgeplänkel, um sich in Position zu bringen. Jetzt aber ist die Zeit gekommen, um abzuliefern, seinen Mann zu stehen und da zu sein. Da wollen wir uns als Mannschaft und sich jeder als einzelner beweisen“, sagte er.

Diese Kampfansage war offenbar auch eine Lehre aus den schlechten Erfahrungen von vor zwei Jahren, als die St.-Pauli-Mannschaft aus diversen Gründen vom Erfolgsweg abkam, die Chance zum Aufstieg ungenutzt ließ und diesen Negativtrend mit in die nächste Saison nahm. „Wichtig ist, dass man auch aus Niederlagen und Tälern etwas mitnimmt“, sagte der Coach weiter.

Drei Spieler und der Trainer haben Erinnerungen an einen Aufstieg

Gleichzeitig hofft er, dass Spieler wie Marcel Hartel, Oladapo Afolayan und perspektivisch auch der noch nicht wieder einsatzbereite Simon Zoller von ihren eigenen Aufstiegserfahrungen zehren und diese weitergeben können. „Zumindest im Unterbewusstsein bleibt hängen, was dafür nötig ist“, meint Hürzeler, der selbst als Spielertrainer auch schon einmal von der Ober- in die Regionalliga aufgestiegen ist.

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Bei der Mission Bundesliga-Aufstieg wird St. Pauli wie erwartet noch etwas länger auf seine beiden Australier Jackson Irvine und Connor Metcalfe verzichten müssen. Am Donnerstag erzielte Irvine beim Asien-Cup in Katar den 1:0-Siegtreffer gegen Syrien und schoss damit sein Nationalteam vorzeitig ins Achtelfinale, das vom 28. bis 31. Januar ausgetragen wird. Zuvor geht es am kommenden Dienstag gegen Usbekistan um den Gruppensieg.

St. Paulis Kapitän trifft und bleibt noch länger in Katar

In Gedanken sind Irvine und Metcalfe, der ebenfalls wieder in der Startformation der „Socceroos“ stand, aber auch bei ihrem Club in Hamburg. „Wir tauschen uns über Trainingsinhalte aus“, berichtete Hürzeler. „Mit den anderen Spielern ging es zuletzt vor allem darum, wie sie im Trainingslager wieder leiden mussten.“ Grundsätzlich sollen sich die beiden aber auf das Kontinental-Turnier konzentrieren, weil es ihnen viel bedeute.

Im Hinblick auf das Heimspiel gegen Kaiserslautern hofft er dennoch: „Eventuell lässt sich Jackson ja noch eine Motivationsrede einfallen. Das kann er ja bekanntlich sehr gut. Connor hat auch manchmal einen guten Spruch auf Lager. Ich bin gespannt, ob sie sich etwas einfallen lassen.“