Hamburg. Nach verspielter Herbstmeisterschaft ziehen Sportchef Bornemann und der Chefcoach Zwischenbilanz. Ein Thema bleibt spannend.
Es ist derzeit die wichtigste sportliche Frage beim FC St. Pauli. Bleibt Fabian Hürzeler auch über den 30. Juni kommenden Jahres hinaus Cheftrainer des Kiezclubs? Wer nach dem Abschluss der Zweitliga-Hinrunde am Sonntag mit dem letztlich enttäuschenden 1:1 gegen den SV Wehen Wiesbaden auf eine schnelle Beantwortung dieser Frage gehofft hatte, sieht sich erst einmal getäuscht.
Einen neuen Vertrag unter dem Weihnachtsbaum wie vor einem Jahr, als Hürzeler am 23. Dezember nach 17 Tagen als Interimscoach zum neuen Cheftrainer und damit definitiven Nachfolger von Timo Schultz erklärt worden war, wird es diesmal wohl nicht geben.
FC St. Pauli: Vertragsgespräche mit Hürzeler dauern an
Am frühen Montagnachmittag jedenfalls konnten oder wollten weder Sportchef Andreas Bornemann noch Trainer Hürzeler selbst einen neuen Verhandlungsstand vermelden. „Wir sprechen miteinander und versuchen, für beide Seiten die bestmögliche Lösung zu finden. Dafür nehmen wir uns auch die Zeit“, sagte Hürzeler im Rahmen einer Medienrunde nach Abschluss der Zweitliga-Hinrunde.
Es kann also noch dauern, bis ein Kompromiss gefunden worden ist. Dabei dauert das Bemühen der Vereinsführung, Hürzeler über das Ende der laufenden Saison hinaus zu binden, auch schon ganz schön lange. Nach Abendblatt-Informationen hat es schon mindestens seit August das Bestreben gegeben, den 30 Jahre alten Erfolgstrainer zur Unterschrift auf ein neues, finanziell deutlich besser dotiertes Arbeitspapier zu bewegen.
Ausstiegsklausel ist der Knackpunkt
Wie berichtet, geht es Hürzeler aber nicht in erster Linie um die angebotene Gehaltssumme, sondern vielmehr um die Option, im kommenden Sommer zu einem Bundesliga-Club wechseln zu können, falls es mit dem Aufstieg mit dem FC St. Pauli in die höchste Spielklasse nichts werden sollte. Dass die Vereinsführung mit einer solchen Ausstiegsklausel, selbst wenn eine hohe Ablösesumme darin festgeschrieben wäre, erhebliche Bauchschmerzen hat, liegt auf der Hand. Im Sommer plötzlich ohne Trainer dazustehen, ist ein Szenario, das unbedingt vermieden werden soll.
Auf die Nachfrage, woran es denn nun konkret hakt, hielt sich Sportchef Bornemann am Montag weiterhin bedeckt. „Es wird jeder nachvollziehen können, dass wir das nicht sagen. Ich mache aber kein Geheimnis daraus, dass Fabian ein Glücksfall für St. Pauli ist. Wir können aber durchaus auch sagen, dass wir das auch für ihn sind“, betonte Bornemann.
Sportchef Bornemann schließt Scheitern nicht aus
Gleichzeitig stellte Bornemann klar, dass die sich hinziehenden Verhandlungen bisher keine atmosphärischen Störungen verursacht haben. „Wir reden ganz normal und arbeiten extrem gut und vertrauensvoll zusammen. Das werden wir auch in der Frage hinkriegen“, sagte der Sportchef weiter, ließ aber offen, ob es wenigstens bis zum Beginn der Zweitliga-Rückrunde am 20. Januar mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern einen Vollzug geben wird.
Einen Unterschied, ob Hürzeler nur noch sechs Monate oder noch fünf Jahre unter Vertrag steht, merke er in der täglichen Arbeit ohnehin nicht, sagte Bornemann weiter. Andererseits aber habe er Interesse an einer baldigen Lösung. „Klarheit tut allen gut, der Mannschaft, dem Verein, Fabian und auch mir. Eine Klarheit kann aber auch so und so aussehen. Dessen muss man sich auch bewusst sein“, sagte Bornmann und deutete damit die Möglichkeit an, dass die Gespräche über eine Verlängerung auch scheitern könnten. „Der Trainer ist die wichtigste Personalie“, betonte er.
Bornemann prophezeit Hürzeler große Karriere
Hürzeler selbst beteuerte unterdessen: „Ich unterscheide nicht, ob ich einen neuen Vertrag habe oder nicht. Mir macht die Arbeit einen riesigen Spaß, mit der Mannschaft und mit dem Staff. Wir haben einen tollen Zusammenhalt und in der Mannschaft ein Wir-Gefühl, das ich so bisher als Spieler, als Co-Trainer und als Trainer nicht erlebt habe. Ich fühle mich sehr wohl hier.“
Daraufhin hielt Bornemann ein Plädoyer dafür, dass Hürzeler St. Pauli über den Sommer hinaus treu bleiben möge. „Fabian muss sich mit seinen Leuten, denen er sich eng und vertraut austauscht, klar darüber werden, was für seine Karriere und seinen Weg das Beste ist. Er wird auf jeden Fall eine gute Karriere haben. Da bin ich mir ziemlich sicher, weil viele Dinge einfach da sind“, sagte er. „Aber alles zu seiner Zeit. Ich bin mir sicher, dass wir für ihn auch für die nächsten Schritte eine gute Adresse sein können. Die Intention geht deshalb dahin, dass wir die Zusammenarbeit ausdehnen.“
Wie reagiert St. Pauli auf das Fehlen von Irvine und Metcalfe?
Dass der FC St. Pauli bereit ist, für dieses Ziel an finanzielle Grenzen zu gehen und Hürzeler mit dem höchstdotierten Vertrag auszustatten, den je ein Trainer bei diesem Verein hatte, ist inzwischen bekannt. „Ich bin jemand, dem es nicht um Geld geht. Das Wichtigste für mich ist Entwicklung. Und zwar nicht nur die Entwicklung der Spieler, der Mannschaft und des Vereins, sondern auch um die Entwicklung von mir“, betonte der Trainer. Er wolle sich in einem Umfeld bewegen, in dem er sich weiterentwickeln kann. „Ich bin niemand, der schnellstmöglich in die Bundesliga will.“
Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. FC St. Pauli 34 / 62:36 / 69
2. Kiel 34 / 65:39 / 68
3. Düsseldorf 34 / 72:40 / 63
4. HSV 34 / 64:44 / 58
5. Karlsruhe 34 / 68:48 / 55
6. Hannover 34 / 59:44 / 52
7. Paderborn 34 / 54:54 / 52
8. Fürth 34 / 50:49 / 50
Dabei wäre dies zumindest binnen eines halben Jahres mit dem FC St. Pauli sehr gut möglich. Trotz der enttäuschenden drei Unentschieden zum Abschluss hat das Team eine starke Hinrunde gespielt, war gegen keinen Gegner die schwächere Mannschaft, ist ungeschlagen geblieben, hat die mit Abstand wenigsten Gegentreffer (15) kassiert und besitzt als Tabellenzweiter mit 33 Punkten eine vielversprechende Ausgangsposition für die Rückrunde.
In dieser werden zu Beginn aber die beiden Australier Jackson Irvine und Connor Metcalfe für mehrere Spiele fehlen, weil sie mit ihrer Nationalmannschaft am Asien-Cup in Katar (12. Januar bis 11. Februar) teilnehmen und gute Chancen haben, sehr weit zu kommen. Im schlechtesten Fall fehlen sie St. Pauli in vier Ligaspielen und im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Düsseldorf (30. Januar).
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Wird St. Pauli darauf mit der Verpflichtung neuer Spieler reagieren? Offiziell hält sich Sportchef Bornemann in dieser Frage bedeckt, verweist auf die bisher nahezu 90-prozentige Verfügbarkeit der Spieler in Profikader und auf die Gefahr, am Ende zu viele Spieler an Bord zu haben, die nicht regelmäßig zum Einsatz kommen können. „Es ist mit die größte Aufgabe des Trainers, diese Gruppe bei der Stange zu halten“, sagte Bornemann. Es könne nicht darum gehen, den Kader künstlich zu vergrößern, sondern Spieler zu holen, die sofort eine Verstärkung sind. Dass St. Pauli Ausschau nach mindestens einem zentralen Mittelfeldspieler hält, ist allerdings kein Geheimnis.
St. Pauli hofft auf Verzicht von Saad auf Afrika-Cup
Offen ist unterdessen, ob auch Außenstürmer Elias Saad zu Beginn der Rückrunde fehlen wird. Sportchef Bornemann berichtete am Montag, dass der 23-Jährige im vorläufigen Aufgebot Tunesiens für den Afrika-Cup steht. Man werde aber mit ihm noch besprechen, ob es nach dessen rasanter Entwicklung besser sei, beim Vereinsteam zu bleiben.