Hamburg. Am Sonntag kann der FC St. Pauli das Jahr 2023 gegen Wehen Wiesbaden krönen. Der Trainer hat noch ein Geheimnis vor seinen Spielern.

Eines hat Fabian Hürzeler aus den negativen Erfahrungen von vor zwei Jahren auf jeden Fall gelernt. Der Trainer des FC St. Pauli will es bis zum Abpfiff am Sonntagnachmittag kurz vor halb vier offenlassen, ob sich seine Spieler danach sofort in den Weihnachts- und Silvesterurlaub verabschieden dürfen oder ob es am Montagmorgen doch noch einmal ein Treffen im Trainingszentrum an der Kollau geben wird.

„Wir haben gesagt, der volle Fokus liegt auf dem Spiel“, sagte Hürzeler am Freitag. Daher wisse er es auch noch nicht, wie er es danach handhaben wird. Der Coach will damit vor dem letzten Zweitligamatch des Jahres am Sonntag (13.30 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) auf jeden Fall alles ausblenden, was sein Team irgendwie ablenken könnte.

St. Pauli will Negativerfahrung von 2021 vergessen lassen

Das war vor zwei Jahren noch anders. Damals war der letzte Spieltag vor Weihnachten schon der erste der Rückrunde, die Mannschaft des FC St. Pauli war mit 36 Punkten Herbstmeister geworden und reiste in dem Bewusstsein zum Auswärtsspiel in Kiel, dass mit dem Schlusspfiff im Holstein-Stadion der Urlaub beginnt.

Das Resultat war eine 0:3-Niederlage, die angesichts der Tabellenführung ziemlich gelassen auf die leichte Schulter genommen wurde, tatsächlich aber schon ein Vorbote auf den sportlichen Absturz in der Rückrunde war. Am Ende kamen viele negative Faktoren zusammen, die dazu führten, dass das Team in der Rückrunde nur noch fünf Spiele gewann, bloß auf 21 Punkte kam und alle Aufstiegschancen komplett versemmelte.

Das 0:3 in Kiel war Vorbote des Absturzes

Wie wichtig ist es also jetzt, das so überaus erfolgreiche Jahr 2023 (73 Punkte aus 33 Spielen) mit einem weiteren Sieg, es wäre der 22. in einem Punktspiel, abzuschließen und dieses positive Gefühl mit in den Urlaub und die am 2. Januar beginnende Vorbereitung auf die Rückrunde zu nehmen und das Ziel Aufstieg weiterhin aussichtsreich zu verfolgen?

„Das Spiel ist für die Spieler auch ein Invest für ihre Zukunft. Alles, was sie Sonntag auf den Platz bringen und dort investieren, kann auch für die Rückrunde entscheidend sein. Das ist Motivation genug für sie“, sagte Hürzeler auf die Frage, ob es durch ihn noch einen zusätzlichen Push benötige.

Hürzeler strebt 22. Zweitligasieg in diesem Jahr an

Dass der Trainer das Wort Aufstieg dabei wieder einmal vermied, ist nicht überraschend. Seine Worte sind aber auch so vielsagend genug, um seinen Ehrgeiz wahrzunehmen, auch eine dritte Halbserie in Folge erfolgreich zu gestalten und damit die Serie zu durchbrechen, dass St. Pauli es nicht schafft, eine komplette Saison wie ein Spitzenteam zu agieren.

„Fußball ist Tagesgeschäft, da geht es nur um die Gegenwart, nur ums nächste Spiel“, betonte Hürzeler zudem auf die Frage nach der Erinnerung an die vorweihnachtliche Niederlage 2021 in Kiel. „Ich verlange auch, dass der Fokus nur auf dem nächsten Spiel liegt und nicht auf irgendwelchen Statistiken und auf Vergangenes, was passiert ist. „Wir müssen jetzt abliefern.“

Nur vier Startelfspieler erlebten Enttäuschung in 2021/22

Von Vorteil ist dabei zweifellos, dass in der zu erwartenden Startformation gegen Wiesbaden nur noch Torwart Nikola Vasilj, Abwehrchef Eric Smith und die zen­tralen und torgefährlichen Mittelfeldspieler Jackson Irvine und Marcel Hartel stehen werden, die jene Niederlage in Kiel und den Negativlauf der folgenden Rückrunde als Beteiligte miterlebt haben. Inzwischen sind gerade diese vier Akteure zu unumstrittenen Führungskräften gereift. Sowohl in sportlicher als auch mentaler Hinsicht ist ihnen zuzutrauen, dieses Mal für eine größere Stabilität zu sorgen.

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„Wir können die Situation nicht vergleichen. Es sieht zwar sehr ähnlich aus, es sind ähnliche Punktezahlen. Ich glaube aber, dass das Gerüst der Mannschaft anders ist, dass die Spielweise anders ist und auch die Situation in der Mannschaft anders ist. Die Spieler denken nicht das, was vor zwei Jahren war“, sagte Hürzeler am Freitag sehr bestimmt dazu. Er selbst hatte die negative Entwicklung damals noch als Co-Trainer von Timo Schultz erlebt, den er bekanntlich im Dezember vergangenen Jahres beerbte.

Hürzeler kann seine beste Formation aufbieten

Personell hat Hürzeler nahezu keine Sorgen, wobei der von muskulären Pro­blemen geplagte Stürmer Simon Zoller jetzt auch wegen einer Erkältung weiter keine Option für den Kader ist. Beim SV Wehen Wiesbaden droht unterdessen der Südkoreaner Hyun-Ju Lee auszufallen. Trainer Markus Kauczinski, der beim FC St. Pauli im April 2019 auf Rang sechs stehend entlassen worden war, berichtete davon, dass der offensive Leistungsträger wegen einer Infektion fraglich sei.

Protest gegen DFL-Investor: Ultras wollen zwölf Minuten schweigen

Auf eine organisierte akustische Unterstützung von den Stehplätzen der Südtribüne werden die St.-Pauli-Profis in den ersten zwölf Minuten des Spiels unterdessen verzichten müssen. Die Ultra-Fans wollen sich mit diesem Schweigen den bundesweiten Protesten gegen den am Montag beschlossenen Investoreneinstieg bei der DFL anschließen. Dabei hatte Präsident Oke Göttlich, obwohl er auch DFL-Präsidiumsmitglied ist, als einer von zehn Vereinsvertretern mit Nein gestimmt und damit einem Votum der Mitgliedersammlung des Kiezclubs entsprochen.

Die voraussichtlichen Aufstellungen: FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Hartel, Irvine, Treu – Afolayan, Eggestein, Saad. SV Wehen Wiesbaden: Stritzel – Mockenhaupt, Carstens, Vukotic – Goppel, Fechner, Heußer, Catic – Bätzner, Lee – Prtajin.