Hamburg. 36 Erst- und Zweitligisten ebnen den Weg für den Verkauf weiterer DFL-Anteile. St. Paulis Göttlich „respektiert“ Entscheidung.

Als das Zitterspiel um den Milliardendeal vorbei war, fiel dem Boss des Branchenführers ein Stein vom Herzen. „Wir haben das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben – für die Entwicklung der Liga“, kommentierte Bayern Münchens Clubchef Jan-Christian Dreesen das grüne Licht für den Einstieg eines Investors in den deutschen Profifußball: „Wir haben eine Gestaltungsmöglichkeit und Optionen zur Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur.“

Zuvor hatten die Clubs den Weg mit der kleinstmöglichen Mehrheit freigemacht. Bei der Versammlung der 36 Erst- und Zweitligisten 24 Vereine zu, was exakt für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit reichte. Nun kann die DFL die konkreten Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern aufnehmen. Nach Abendblatt-Informationen lag dies auch an der Ja-Stimme des HSV. So soll Prokurist Dr. Philipp Winter in Abstimmung mit den nicht anwesenden HSV-Vorständen Jonas Boldt und Eric Huwer den Plänen zugestimmt haben.

DFL-Abstimmung: HSV war dafür, St. Pauli dagegen

Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, hatte bereits vor der Versammlung angekündigt, gegen die Pläne zu stimmen. „Das Vorgehen hat die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht, es handelt sich somit um eine demokratische Entscheidung, die wir selbstverständlich respektieren. Wichtig ist in dem weiteren Prozess, eine faire und sinnvolle Verteilung von Geldern zu erreichen, um den nationalen Wettbewerb attraktiver zu gestalten und damit auch finanziell zu stärken“, sagte Göttlich.

Nach dem ersten gescheiterten Investoren-Deal sei viel auf die Solidarität der großen mit den kleineren Clubs verwiesen worden, ergänzte der Kiezclub-Chef. „Nun muss sich zeigen, wie stark die Gemeinschaft der DFL tatsächlich ist.“

Im Frühjahr waren die DFL-Pläne noch gescheitert

Im Mai waren die Bestrebungen noch gescheitert. Der neue Plan sieht vor, sechs bis neun Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es bis zu einer Milliarde Euro geben.

Im Idealfall gehen 600 Millionen an die DFL-Zentralverwaltung zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (wie Digitalisierung, Streamingplattform). 300 Millionen erhalten gemäß dem gültigen Verteilerschlüssel die Clubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das die Clubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen.

Fangruppierungen reagieren enttäuscht, sprechen von einem „Rückschlag“

„Wir haben Einigkeit, dass wir in die Zukunft investieren müssen und dazu gab es verschiedene Meinungen“, sagte Geschäftsführer Fernando Carro von Bayer Leverkusen: „Wir haben nur das Mandat erteilt. Ob es so kommt, muss man sehen. Es ist nur ein kleiner, erster Schritt.“ Es soll vier bis sechs interessierte Geldgeber aus dem sogenannten „Private-Equity-Bereich“ geben. Es handelt sich dabei um Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die auf Beteiligungsformen spezialisiert sind.

Der erste Versuch, einen Investor ins Bundesliga-Boot zu holen, war vor rund einem halben Jahr gescheitert. Damals wurde die Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. Der Plan sah vor, 12,5 Prozent der Anteile einer Tochtergesellschaft über 20 Jahre zu verkaufen. Zwei Milliarden Euro sollten erlöst werden.

Mehrere Gesprächsrunden mit den Clubs

Vor der Abstimmung am Montag hatten die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel die Clubs bei mehreren Gesprächsrunden über die Pläne informiert. Dabei wurden „rote Linien“ gezogen. Hoheitsrechte sollen nicht abgegeben werden. Es soll keine „Mitbestimmungsrechte eines Partners in Bezug auf Pflichtspiele im Ausland, Anstoßzeiten oder im Bereich der Spielplanung“ geben. Und: „Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Minderheitsbeteiligung würden die lizenzierten Rechte automatisch an den DFL e.V. zurückfallen.“

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Dennoch gab es Kritik. Vor allem stellte sich die Frage, warum die Clubs die nötige Investitionssumme in Höhe von 600 Millionen Euro nicht aus eigenen Kräften bereitstellen können. Die DFL-Bosse sahen für die sogenannte „Binnenfinanzierung“ aber keine Mehrheit. Einige Clubbosse hatten im Vorfeld erneut mit der Spaltung des Profifußballs gedroht, sollte die Zwei-Drittel-Mehrheit wieder verfehlt werden.

Auf der anderen Seite waren die Fangruppierungen klar gegen den Deal. „Die DFL spricht von Weiterentwicklung, Unsere Kurve von Rückschlag“, teilte die Fanvereinigung mit, „die wohlfeilen Worte der DFL in der Corona-Pause haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Geld steht über allem.“