Hamburg. Der Profifußball wird längst durch eine Unzahl von Daten und Fakten aufgeschlüsselt. Vor dem Stadtderby gibt es spannende Vergleiche.
„Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe“, sagte einst Winston Churchill. Aber der war bekanntlich kein Freund von Leibesübungen: „No Sports“.
Und doch – vor dem anstehenden Stadtderby in der Zweiten Liga zwischen dem FC St. Pauli und dem HSV am Freitag (18.30 Uhr/Sky) lohnt ein Blick auf Spielstatistiken der beiden Topteams.
Serien:
St. Pauli ist noch ungeschlagen, hat saisonübergreifend seit 19 Spielen nicht verloren. Die letzte Mannschaft, der es gelang, die Kiezkicker zu bezwingen war: Nur der HSV. Und zwar am 29. Spieltag der Vorsaison mit 4:3 im Volksparkstadion.
Das Team von Tim Walter hat in dieser Saison bereits drei Niederlagen kassiert, alle auswärts. Auf Gegners Platz gelang überhaupt nur ein Sieg. St. Pauli ist neben dem HSV das einzige ungeschlagene Team im eigenen Stadion, musste sich aber schon dreimal mit einem 0:0 zufrieden geben.
Ballbesitz:
Beide Mannschaften wollen selbst das Spiel machen, sie bauen deshalb in der Regel kontrolliert von hinten auf, statt den Ball mit vielen guten Wünschen lang nach vorne zu pöhlen. Mit jeweils durchschnittlich 55 Prozent Ballbesitz belegen sie gemeinsam Platz zwei hinter dem 1. FC Magdeburg (60 Prozent). Diese Spielweise funktioniert wegen der hohen Passsicherheit der Spieler.
Mit 87,6 Prozent angekommener Zuspiele ist St. Pauli das beste Team der Liga vor dem HSV (86,3). Individuell stehen die beiden St.-Pauli-Verteidiger Hauke Wahl (94,39) und Karol Mets (94,03) ganz oben. Bester HSV-Akteur ist auf Platz fünf Mittelfeldspieler Jonas Meffert (91,81).
Torschüsse:
Gibt es von beiden Teams reichlich. Und zwar exakt jeweils 238 und damit die meisten aller Clubs. Mit 28 Treffern (Rang zwei) ist die Effizienz des HSV etwas höher als bei St. Pauli (27, Rang vier).
Die Qualität der HSV-Chancen ist nach den „Expected Goals“ mit einem Wert von 29,9 (Ligabestmarke) auch besser als die des Nachbarn (20,4/10. Platz).
Torjäger:
Robert Glatzel vom HSV führt mit zehn Treffern die Liste an, sein Kollege Lazlo Benes hat siebenmal eingenetzt, ebenso wie St. Paulis erfolgreichster Schütze Marcel Hartel. St. Paulis Johannes Eggestein war sechsmal erfolgreich.
Glatzel verwertet 18 Prozent seiner Torschüsse (Faktor 0,18), Benes (ohne Elfmeter) 0,11. Hartel hat einen Erfolgsfaktor von 0,16, Eggestein 0,20. Ligaweit der beste „Knipser“ ist Herthas Haris Tabakovic (neun Tore/0,29).
Abwehrarbeit:
Das Manko bei der Anzahl hochkarätiger Torchancen macht St. Pauli mit der Abwehrarbeit mehr als wett. Nur elf Gegentore in 14 Partien (davon ein äußerst seltsamer Elfmeter in Rostock) sind außergewöhnlich gut und natürlich Ligabestwert. Mit 18 Gegentoren steht der HSV immerhin auf Rang fünf, kassierte jedoch 14 Treffer in der Fremde.
Das Team von Fabian Hürzeler hält sein Tor dabei nicht sauber, weil es so stark im Zweikampf ist (1223 gewonnene Duelle/Rang 18, HSV 1377/8.), sondern weil Abstimmung und Raumaufteilung stimmen.
Zweikämpfe sind deshalb selten nötig, das gegnerische Angriffsspiel wird vorher unterbunden. St. Pauli hat nur 55 Angriffe im eigenen Drittel zugelassen (Rang eins), der HSV dagegen 109 (Rang sechs).
Laufleistung:
Für diese konzentrierte Abwehrarbeit, die sich über den gesamten Platz erstreckt, braucht es große Laufbereitschaft des Teams. Mit insgesamt 1692,3 Kilometern ist der FC St. Pauli das laufstärkste Team der Liga, 10087 intensive Läufe waren dabei (Rang 2). Der HSV tut da weniger: 1503,6 Kilometer (Rang 17) und 8295 intensive Läufe (16.).
Dauerläufer:
Da ist es auch kein Wunder, dass der FC St. Pauli in Marcel Hartel den Marathonmann der Liga in seinen Reihen hat. Seine ständigen Positionswechsel, das Verschieben, Räumeschaffen und Mitarbeiten nach hinten sind ein Erfolgsfaktor. 177,7 Kilometer hat Hartel schon abgerissen. „Fleißigster“ HSV-Spieler ist Jonas Meffert mit 142,9 Kilometern (20.).
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Statistik verrät Trainern und Analysten mögliche Schwachpunkte eines Gegners und eigenes Verbesserungspotenzial. Die Daten, die die Clubs nutzen, gehen weit über die öffentlich zugänglichen hinaus.
Dennoch gilt trotz aller theoretischer Durchdringung immer auch die legendäre Weisheit des ehemaligen Dortmunder Meisterspielers und Trainers Adi Preißler: „Entscheidend ist auf dem Platz“ – das macht die Faszination des Spiels aus