Hamburg. Der FC St. Pauli kam am Freitag nicht über ein 0:0 gegen Hannover 96 hinaus. Ausschreitungen der Gästefans überschatteten das Spiel.

Am Ende nützten auch die letzten Angriffsbemühungen nichts mehr. Der FC St. Pauli konnte am 13. Spieltag der Zweiten Liga zwar seine Tabellenführung vorerst verteidigen, bleibt weiter ungeschlagen, doch das 0:0 gegen Hannover 96 war ein unbefriedigendes Ergebnis, weil das Team vom Millerntor es diesmal nicht schaffte, seine Feldüberlegenheit in Tore umzumünzen. Bei den insgesamt wenigen Chancen war auch ein wenig Pech dabei. Immerhin stand die Defensive gegen den besten Angriff der Liga sicher.

„Wir hatten über die gesamte Zeit die Kontrolle, aber heute hat ein bisschen die Konsequenz gefehlt. Wir haben es einfach nicht geschafft, uns hundertprozentige Chancen herauszuspielen“, übte Mittelfeldregisseur Marcel Hartel Selbstkritik.

St. Paulis Trainer Hürzeler bemängelt fehlende Konsequenz bei den Torchancen

„Wir waren über 90 Minuten sehr dominant und sehr flexibel, wussten aber auch, dass wir hier nicht fünf, sechs Torchancen bekommen. Dafür ist Hannover einfach zu gut“, analysierte St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler. „Die Chancen, die wir hatten, hätten wir aber mit der letzten Konsequenz nutzen müssen.“

Zwei Fragen hatten sich vor dem Spiel gegen die Niedersachsen vor allem gestellt. Erstens: Wer ersetzt den gelbgesperrten Jackson Irvine im defensiven Mittelfeld. Und zweitens: Wer darf von Beginn an auf den beiden offensiven Außenbahnen agieren? Die Antworten: Connor Metcalfe und nicht etwa Eric Smith vertrat seinen australischen Landsmann Irvine als Mittelfeldstratege. Und als Außenstürmer agierten Oladapo Afolayan auf der rechten sowie Elias Saad auf der linken Seite.

St. Pauli ersetzte Kapitän Irvine durch Landsmann Metcalfe im Mittelfeld

Der Schwede Smith, der zuletzt mit Adduktorenproblemen gefehlt hatte, kehrte unterdessen auf seine angestammte Position als zentraler Mann in der Dreier-Abwehrkette zurück. Dafür musste Adam Dzwigala wieder auf die Bank weichen.

Es dauerte eine gut Viertelstunde, bis es die erste nennenswerte Torchance gab. Bis dahin hatten sich die beiden Teams weitgehend neutralisiert. Vor allem wirkten die St. Paulianer überrascht, dass Hannover anfangs mit einem extremen Pressing versuchte, das Aufbauspiel zu stören und zu unterbinden.

Hannover-Torwart Zieler pariert Drehschuss von Eggestein

Hatten sich zuletzt die Gegner meist eher zurückgezogen und mit einem massiven Mittelfeld den Hamburgern Probleme bereitet, so wählten die 96er nun quasi die gegenteilige Variante. Allerdings konnten sie auch nicht verhindern, dass sich in der 16. Minute Elias Saad auf links durchsetzte und Mittelstürmer Johannes Eggestein einsetzte. Dessen Schuss aus der Drehung konnte Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler nur mit Mühe parieren.

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Im Abendblatt-Podcast Millerntalk hatte Eggestein vor dem Spiel gesagt: „Wir sind uns in der Mannschaft einig darüber, dass wir über das ganze Jahr eine Entwicklung wahrnehmen – und da haben wir auch gute Chancen, dass am Ende etwas Erfolgreiches dabei herauskommt.“ Eine positive Entwicklung nahm im Laufe der ersten Halbzeit auch das Spiel seiner Mannschaft. So lag der Ball in der 23. Minute im Hannoveraner Tor, zuletzt entscheidend abgefälscht von 96-Verteidiger Phil Neumann. Doch Schiedsrichter Richard Hempel entschied auf Abseits, was durch die Videoüberprüfung bestätigt wurde. Schon vor dem Torschuss von Saad war Afolayan knapp im Abseits gewesen.

Zur Pause war St. Pauli mit 7:0 Torschüssen vorn

Weitere gute Chancen waren im Anschluss Saads Schuss aus vollem Lauf, der knapp rechts am Tor vorbeistrich, sowie Saads Vorlage in den Strafraum, die der aufgerückte Außenverteidiger Manolis Saliakas nur knapp verpasste (38.).

Zur Pause lag St. Pauli mit 7:0 Torschüssen deutlich vorn. Die Ausbeute aber ließ zu wünschen übrig. Dafür lag Hannover mit 11:4 Fouls in einer zweifelhaften Art in Front. Schiedsrichter Hempel hatte zunächst versucht, großzügig mit dieser Herangehensweise umzugehen, sah sich dann aber doch gezwungen, Fabian Kunze und Nicolo Trisoldi nach ihren überharten Einsätzen die Gelbe Karte zu zeigen.

Ausschreitungen im Gästeblock sorgen für Spielunterbrechung

An der klaren Feldüberlegenheit des Heimteams änderte sich auch im zweiten Abschnitt kaum etwas. Nur Torchancen blieben absolute Mangelware. Als St. Paulis Linksverteidiger Philipp Treu im Strafraum zu Fall kam, blieb die Pfeife des Unparteiischen zu Recht stumm (66.).

Aufregung aber gab es in der Schlussphase, als es im Gästeblock zu einem Polizeieinsatz gegen Anhänger von Hannover 96 kam. Dabei gerieten beide Seiten massiv aneinander. Offenbar hatte es einen internen Streit unter Hannover-Fans gegeben, der eskalierte. Mehrmals sein Zuschauer zu Boden gegangen, hieß es. Deshalb seien Polizeikräfte in den Block gegangen. Diese wurden dann unter anderem mit Fahnenstangen attackiert.

Schiedsrichter Hempel unterbrach das Spiel in der 80. Minute. Als sich die Situation nicht beruhigte, bat er die Spieler beider Mannschaften zu ihren Ersatzbänken. Erst nach mehr als vier Minuten konnte das Spiel fortgesetzt werden. Davor waren weitere Polizisten in den Innenraum gestürmt und hatten von dort aus Hannoveraner Anhänger mit Pfefferspray gezwungen, die unteren Stehplatzränge zu räumen. Dabei wurden allerdings vorwiegend Fans attackiert, die zuvor an den Auseinandersetzungen gar nicht beteiligt waren.

Interner Streit soll Auslöser der Randale unter Hannover-Fans gewesen sein

„Nach der Spielunterbrechung war auch unser Spielfluss unterbrochen“, stellte Trainer Hürzeler fest. Dies bestätigten auch Mittelfeldspieler Marcel Hartel sowie Hannovers Trainer Stefan Leitl für sein Team. „Es sind Szenen, die nicht in ein Fußballstadion gehören“, sagte Leitl, verteidigte aber, dass sich seine Mannschaft nach dem Spiel vor dem Gästeblock für die Unterstützung in diesem Spitzenspiel bedankte. "Wir haben keine Erkenntnisse", sagte er in Bezug auf den Anlass der Randale.

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In der Schlussphase versuchte St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler noch, mit den Einwechselungen der Offensivspieler Danel Sinani und Etienne Amenyido für das entscheidende Tor zu sorgen. Doch es nützte alles nichts. Nach drei Siegen in der englischen Woche musste sich der FC St. Pauli nun wieder mit einem torlosen Unentschieden zufrieden geben. Immerhin bleibt das Team nun auch nach 13 Spielen ungeschlagen, könnte aber am Sonnabend vom HSV von der Tabellenspitze verdrängt werden, wenn dieser mit vier Toren Unterschied in Kiel gewinnt.

"Wir haben heute nicht verdient zu gewinnen, aber auch nicht zu verlieren", sagte nach dem Spiel St. Paulis Abwehrchef Eric Smith. "Uns hat in der Offensive die letzte Durchschlagskraft gefehlt. Auf der anderen Seite war es sehr gut, gegen ein sehr starkes Team nur zwei Torschüsse zuzulassen", sagte er weiter. Hannover war mit dem Prädikat des besten Angriffs der Liga (26 Tore) ans Millerntor gekommen. Davon war tatsächlich nichts zu sehen gewesen. "Die Defensive wird immer unsere Basis bleiben", sagte Hürzeler dazu.

St. Paulis Torjäger Eggestein nach sechs Spielen erstmals wieder ohne Treffer

"Man muss das Ergebnis richtig einordnen. Hannover ist als Tabellendritter hierher gekommen und hat eine gute Mannschaft. Manchmal muss man auch mit einem Punkt zufrieden sein. Mit ein bisschen Glück, hätten wir auch ein Tor erzielen können", fasste Johannes Eggestein das Spiel zusammen. Nachdem er zuletzt in sechs Pflichtspielen in Folge jeweils getroffen hatte, blieb er nun erstmals wieder torlos, enttäuschte aber keineswegs.

FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Metcalfe, Hartel, Treu – Afolayan (75. Sinani), J. Eggestein (90.+1 Amenyido), Saad. Hannover 96: Zieler – Neumann, Halstenberg, Arrey-Mbi – Dehm (80. Muroya), Kunze, Leopold (90.+7 Christiansen), Köhn – Schaub (76. S. Ernst), Nielsen – Tresoldi (46. Voglsammer). SR: Hempel (Großnaundorf). – Zuschauer: 29.546 (ausverkauft). – Gelbe Karten: Saad (4), Metcalfe (4) – Tresoldi (1), Kunze (3), Vogl­sammer (1), Zieler (3). Statistik: Torschüsse: 13:2,Ecken: 7:1,Ballbesitz: 54:46 Prozent, Zweikämpfe: 104:107. Laufleistung: 123,85:119,54 km.