Hamburg. Vor fünf Wochen siegten die Hamburger in der Liga klar mit 3:1 – aber die Gäste kommen zum Pokalspiel runderneuert ans Millerntor

Etwa fünf Wochen dauert es bis Gänseküken schlüpfen, Menschenbabys erfahren nach fünf Wochen den erste großen Entwicklungsschritt, manch edles Steak reift fünf Wochen bis zur Perfektion – und der FC Schalke 04 kommt runderneuert ans Millerntor zurück und hofft auf seinen Fünf-Wochen-Schub.

Nur 38 Tage nach dem klaren 3:1-Sieg des FC St. Pauli in der Zweiten Liga gegen den bislang enttäuschenden Bundesliga-Absteiger stehen sich beide Teams an diesem Dienstag (18.00 Uhr/Sky) in der zweiten Runde des DFB-Pokals erneut am Heiligengeistfeld gegenüber. Mit der eher unterirdisch aufgetretenen Truppe von damals aber hat das „neue“ Schalke nicht mehr viel zu tun.

FC St. Pauli: Sieg in der Liga kostete Schalkes Trainer den Job

Trainer Thomas Reis musste nach der Pleite bei St. Pauli und öffentlicher Kritik von Abwehrspieler Timo Baumgartl gehen. Der Coach hatte offensichtlich „die Kabine verloren“. Mittlerweile hat der belgische Trainer Karel Geraerts (41) angeheuert. Er verpasste Schalke Ordnung und ein neues Spielsystem.

Am vergangenen Sonnabend feierte er mit dem 3:2 gegen Hannover 96 im zweiten Spiel seinen ersten Sieg mit den Gelsenkirchenern. „Karel Geraerts hat es geschafft, in unsere Köpfe zu gelangen“, sagte Offensivspieler Kenan Karaman: „Da waren einige Emotionen dabei, aber auch eine positive Ansprache und eine klare Analyse.“

St. Paulis Trainer Hürzeler erwartet kompakten Gegner

Auf das reformierte Schalke hat sich St. Paulis Trainerstab natürlich vorbereitet. Zwei Punktspiele und ein Testspiel haben sie per Video genau unter die Lupe genommen. „Es hat sich etwas in der Spielweise verändert. Sie stehen jetzt einfach sehr kompakt mit ihrer Fünferkette“, hat Trainer Fabian Hürzeler beobachtet.

Nur noch vier Spieler standen bei Schalke gegen Hannover in der Startformation, die vor fünf Wochen auf St. Pauli aufliefen. Hürzelers Respekt vor dem königsblauen Kader und der Entwicklung dort ist jedenfalls groß: „Sie haben enorme Qualität und man muss immer wieder betonen, dass Schalke zu jeder Zeit Tore erzielen kann. Es ist ein 50:50-Spiel.“

Viel Respekt vor Schalkes schnellen Stürmern

Gerade Gegner, die kompakt auftreten, die Räume und vor allem das Zentrum diszipliniert dicht machen und nicht in St. Paulis Pressingfalle stolpern, haben es den Kiezkickern zuletzt schwer gemacht. In Paderborn (2:2) und gegen den Karlsruher SC (2:1) hatte der Zweitliga-Tabellenführer jeweils eine Halbzeit lang Probleme, sein Spiel durchzusetzen.

Geraerts wird das natürlich beobachtet und ebenfalls analysiert haben. „Wir haben einige Dinge erkannt, die uns Möglichkeiten bieten“, sagt er: „Wenn wir alles abrufen, was in uns steckt, dann haben wir eine Chance. Ich glaube an die Mannschaft.“ Allerdings muss er dabei auf den gegen Hannover herausragenden Mittelfeldmotor Linus Tempelmann verzichten, der gelb-rot gesperrt ist.

Hürzeler warnt jedoch insbesondere vor den pfeilschnellen Karaman und Bryan Lasme. Ballverluste im Spielaufbau darf es deshalb nicht geben, im Umschaltspiel droht sonst große Gefahr: „Vor allem Lasme ist im Eins-gegen-eins nur schwer zu verteidigen. Wir müssen gut in der Positionierung sein und im Falle eines Ballverlustes sehr kompakt stehen.“

Terminstress: Personalrotation bei St. Pauli wahrscheinlich

Da schon am Freitag (18.30 Uhr/Sky) mit dem Auswärtsspiel beim starken Aufsteiger SV Elversberg die nächste anspruchsvolle Aufgabe wartet, scheint eine Rotation bei St. Pauli wahrscheinlich.

Stürmer Simon Zoller könnte erstmals eine Chance von Anfang an bekommen, auch Etienne Amenyido, Philipp Treu oder David Nemeth sind mögliche Kandidaten für einen Startelfeinsatz. Dass Ersatztorwart Sascha Burchert zwischen die Pfosten darf, ist fast sicher. „Wie und ob wir rotieren werden, werden wir am Dienstagabend sehen“, sagte Hürzeler, „ich habe jedenfalls keine Bauchschmerzen, wenn andere Spieler auflaufen. Wir sind in der Breite sehr gut aufgestellt.“

Mit einem weiteren Sieg im Pokal lockt bereits das Achtelfinale. Das verdoppelt nicht nur die bereits eingenommene Prämie auf 862.400 Euro, es bringt vor allem Spaß und Aufmerksamkeit. „Ich mag K.o.-Wettbewerbe und freue mich auf die Partie“, erklärte Schalkes Geraerts. Und Hürzeler kündigte an: „Der Pokal hat ein gewisses Prestige und ein spezielles Flair. Wir wollen eine Runde weiterkommen. Das wollen wir den Fans auch einfach schenken.“

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Das Feld für ein weiteres Fußballfest am natürlich ausverkauften Millerntor unter Flutlicht ist also bereitet. Dazu gehören allerdings auch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Nach den Ausschreitungen von Schalkefans vor fünf Wochen wird die Pufferzone zwischen den beiden Lagern auf der Nordtribüne verbreitert. Anhänger von S04 dürfen zudem nicht in ihren Farben außerhalb der Gästetribüne auftauchen, sie könnten sonst des Stadions verwiesen werden.

FC St. Pauli: Burchert – Wahl, Smith, Nemeth – Treu, Irvine, Hartel, Ritzka – Amenyido, Zoller, Saad.

FC Schalke 04: Fährmann – Kalas, M. Kaminski, Murkin – Matriciani, Schallenberg, Ouwejan – Ouedraogo – Karaman, Lasme.