Hamburg. Vom Derbyhelden zum Topfunktionär: Der Ex-Nationalspieler kehrt am Sonnabend mit Schalke 04 zum Topspiel ans Millerntor zurück.
Nach Hamburg, sagt Gerald Asamoah, kommt er immer gerne. „Ich merke, dass ich hier immer willkommen bin. Meine Zeit bei St. Pauli war für mich ein Erlebnis, es war einfach schön“, sagt der gefühlte Ur-Schalker im Rückblick auf sein Intermezzo in der Bundesligasaison 2010/11 am Millerntor, „ich würde es immer wieder machen.“
An diesem Sonnabend kommt der 44-Jährige beim Topspiel in der Zweiten Liga (20.30 Uhr/Sky und Sport1) aber nicht als Freund, sondern als Leiter Lizenz des FC Schalke 04.
FC St. Pauli: Asamoah durch sein Derbytor unvergessen
Er wird dann neben Trainer Thomas Reis auf der Bank sitzen, mitfiebern, mitleiden, sein königsblaues Herz wird heftig schlagen. „Ich freue mich sehr auf das Spiel, es wird sehr laut werden, sehr intensiv“, sagt er als Gast des Abendblatt-Podcasts „Millerntalk“: „Mir ist auch egal, wie es ausgeht – ich will nur, dass wir ein Tor mehr schießen.“
Die St.-Pauli-Fans werden ihm das verzeihen, auch wenn er für viele ein ewiger „Held“ ist, ein St. Paulianer für die Geschichtsbücher. Der Siegtreffer zum 1:0 im Derby gegen den HSV im Volksparkstadion (der damaligen Imtech-Arena) am 16. Februar 2011 bleibt unvergessen.
„Wir haben vor dem Spiel gewisse Interviews gesehen, da haben manche beim HSV nur diskutiert, wie hoch sie gewinnen“, erinnert er sich, „das war eine Riesenmotivation für mich.“
Asamoah lobt St. Pauli für „sehr gute Arbeit“
Er ist aber auch so fair, zu sagen, „dass wir damals auch viel Glück hatten., Unser Torwart Benedikt Pliquett hat einfach sehr gut gehalten.“ Aber egal, es bleibt der Sieg: „Es war einmalig, ich werde nie die Freude bei unseren Fans vergessen. Wen ich in Hamburg bin, werde ich immer auf dieses Spiel angesprochen.“
Es war tatsächlich bislang das letzte Derby beider Hamburger Clubs in der Bundesliga, St. Pauli versucht seitdem vergeblich, wieder hochzukommen. Was ist da los?
„Sie arbeiten seit Jahren sehr gut, 2022 hatten sie bei uns auf Schalke auch noch die Chance aufzusteigen, haben sogar 2:0 geführt. Aber am Ende haben wir es geschafft“, erinnert sich Asamoah, „man darf auch nicht vergessen, dass St. Pauli jedes Jahr Topspieler verliert, und trotzdem sind sie jetzt wieder oben dabei. Ich habe auch nichts dagegen, wenn wir beide aufsteigen.“
Asamoah ist seit Karrierende 2015 als Funktionär tätig
Insgesamt 381 Spiele hat Gerald Asamoah für den FC Schalke 04 bestritten, dazu weitere 50 für die zweite Mannschaft der „Knappen“. Die 27 Partien für St. Pauli fallen da kaum ins Gewicht. Seit seinem Karriereende 2015 ist er auf Schalke in unterschiedlichsten Positionen als Funktionär tätig, verantwortet seit drei Jahren den Lizenzbereich.
„Meine Aufgabe ist es, dem Trainer den Rücken freizuhalten“, erklärt er, „ich kümmere mich um das Leistungszentrum, habe Gespräche mit den Trainern dort, es geht auch um strategische Sachen, um Sportrechte.“
2007 gründete Asamoah eine Stiftung für herzkranke Kinder
Das sind ausgefüllte Tage für den 43-maligen Nationalspieler, Vizeweltmeister von 2002 und WM-Dritten 2006. Dabei kümmert sich der gläubige Christ aber auch noch um seine sozialen Projekte. Und im „Millerntalk“-Gespräch merkt man, wie wichtig ihm das ist, wie emotional engagiert er dabei ist.
Nach seiner eigenen 1998 festgestellten Herzerkrankung gründete er 2007 die „Gerald-Asamoah-Stiftung für herzkranke Kinder“, die sich sehr in seinem Geburtsland Ghana engagiert.
„Man kann den Kindern zeigen, dass man auch mit einem Herzproblem aus seinem Leben etwas machen kann“, sagt er: „Wir arbeiten mit 30 Ärzten und Krankenschwestern in Ghana zusammen, das Projekt ist, Kinder vor Ort zu operieren. Wenn wir das dort machen, kostet es 7000, 8000 Euro, in Deutschland 30.000 bis 40.000 Euro.“
Persönliche Rassismus-Erfahrungen und der Kampf dagegen
Außerdem ist er als Pate an verschiedenen Schulen tätig, um aktiv gegen Rassismus tätig zu werden, dessen Opfer er auch immer wieder mal geworden ist. „Kinder sind die Zukunft, ältere Menschen, die eine feste Meinung haben, kannst du vielleicht nicht mehr ändern“, denkt er, „deswegen ist es für mich wichtig, mit jungen Menschen über das Thema zu sprechen.“
Und dann erzählt Gerald Asamoah eine persönliche Geschichte: „Meine Tochter spielt viel bei uns zu Hause mit ihrer Freundin Toni. Das ist eine Deutsche mit blonden Haaren. Die spielen, lachen umarmen sich. Und ich frage mich, wann entsteht Rassismus? Wann entsteht so etwas, dass Toni vielleicht mit 20 oder 25 sagt, ich will mit dem Menschen nichts mehr zu tun haben?. Und deswegen gehe ich die Aufgabe an, den jungen Leuten zu erklären, dass wir alle Menschen sind. Das wir alle gleich sind.“
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Dass der FC St. Pauli und auch Schalke 04 als Vereine und mit ihren Fanszenen klar Stellung gegen Rassismus und Rechtsextremismus beziehen, dass Schalke wie der FC St. Pauli ein mitgliedergeführter Verein ist, gehört zu den Parallelen, die auch Gerald Asamoah begrüßt. „Wir haben bei Schalke fast jeden Tag Aktionen, wo wir zeigen, wofür wir stehen und wogegen. Und da bin ich auch Teil der Truppe, die das umsetzt.“
Dass St. Pauli anders ist, als viele Vereine und sich klar gegen Rassismus und für Gleichheit einsetzt, weiß man ja, sagt Gerald Asamoah, und das ist auch gut so: „Ich kann es nur begrüßen, wenn immer mehr Vereine und Spieler den Mund aufmachen. Wir müssen Vorbilder für Kinder sein und Zivilcourage zeigen und sagen, das hat bei uns nichts zu suchen.“