Hamburg. Der frühere Trainer und Manager analysiert seine ehemaligen Clubs. Was ihn mit St. Paulis Trainer Hürzeler besonders verbindet.
Fast 13 Jahre FC St. Pauli, knapp elf Jahre FC Schalke 04 – das steht in der Vita von Helmut Schulte. Es sind diese beiden Clubs, die das Berufsleben des heute 66 Jahre alten Trainers und Fußball-Funktionärs weit mehr als jeder andere Arbeitgeber geprägt haben. Natürlich wird er am Sonnabend (20.30 Uhr) ganz genau hinschauen, wenn sich die Zweitligateams dieser beiden Traditionsclubs im Millerntor-Stadion zur Toppartie des siebten Spieltages gegenüberstehen und ihren Torrausch des vergangenen Wochenendes fortsetzen wollen.
„Wenn jetzt nichts mehr dazwischenkommt, werde ich live vor Ort sein“, sagte Schulte am Dienstag im Gespräch mit dem Abendblatt. Die Vorfreude auf das wieder einmal ausverkaufte Match ist ihm dabei anzumerken. Schulte ist jetzt seit genau fünf Jahren als Betreuer der an andere Clubs verliehenen Spieler des VfB Stuttgart tätig und damit auch regelmäßiger Gast in den verschiedenen Stadien der Zweiten Liga. Da kennt er die ganze Bandbreite an Stadionatmosphäre, die es in dieser Liga gibt, nur zu genau.
1987 wurde Schulte St. Paulis Cheftrainer
„Mich hat der FC St. Pauli sicher mehr geprägt als der FC Schalke 04. Am Millerntor habe ich meine ersten beruflichen Schritte gemacht. Dazu war ich dreimal bei St. Pauli und nur zweimal bei Schalke“, sagt Schulte, der in seiner ersten Periode beim Kiezclub vom Jugendtrainer über den Co-Trainer-Posten unter Willi Reimann schließlich im November 1987 zum Cheftrainer befördert wurde. „Den Bundesligaaufstieg 1988 vergisst man einfach nicht“, sagt er.
Später war er als Sportlicher Leiter und als Sportdirektor für St. Pauli tätig. Auf Schalke durfte Helmut Schulte 1993 nur rund neun Monate als Cheftrainer wirken, ehe er dort 1998 Leiter der Nachwuchsabteilung wurde und dies knapp zehn Jahre blieb. Die Krönung dieser Arbeit folgte noch ein paar Jahre später. „2014 wurden vier Jungs, die ich in der Zeit begleitet hatte, in Brasilien Weltmeister“, erzählt er. Namentlich waren dies Torwart Manuel Neuer, Verteidiger Benedikt Höwedes sowie die Mittelfeldspieler Mesut Özil und Julian Draxler.
St. Pauli und Schalke waren zuletzt im Torrausch
Stars dieser Kategorie wird es am Sonnabend am Millerntor nicht zu sehen geben, dennoch verspricht das Spiel zwischen St. Pauli und Schalke 04 einiges an Spektakel. Beide Teams feierten zuletzt torreiche Siege, St. Pauli mit dem 5:1 gegen Kiel, Schalke mit dem hart und spät erkämpften 4:3 gegen Magdeburg. „Fußball macht immer dann Spaß, wenn es ein großes Hin und Her gibt und die Spieler nicht so viel darüber nachdenken. Wenn das Spiel 6:4 ausgeht, sind alle zufrieden, nur die beiden Trainer nicht“, sagt Schulte aus Erfahrung.
Grundsätzlich gebe zwar nichts so viel Selbstvertrauen wie gewonnene Spiele. „Ich sehe jedoch zwischen den beiden Mannschaften einen großen Unterschied. St. Pauli hat im Vergleich zu Schalke eine gewachsene Mannschaft und einen Kader, der sehr gut zusammengestellt worden ist und mit dem man auf jede Situation reagieren kann“, sagt er. Schalke habe dagegen noch „eine Mannschaft in der Findungsphase“.
Bestwert: St. Pauli kassierte erst drei Gegentore
Mit der Eingespieltheit hängt zweifellos ein weiterer Punkt zusammen, den Schulte vor dem Spiel gegen den Bundesligaabsteiger aus Gelsenkirchen als Vorteil für St. Pauli ausmacht – die disziplinierte Defensivarbeit. „Als Trainer, der immer die Verteidigung des eigenen Tores besonders wichtig fand, bin ich damit sehr zufrieden“, sagt er. Erst drei Gegentore haben die Braun-Weißen in ihren sechs Ligaspielen kassiert. Kein anderes Team der drei Profiligen ist in dieser Hinsicht besser. Gegen Schalke konnten die bisherigen Gegner schon zwölfmal über ein Tor jubeln. So ist es keine Überraschung, dass die Knappen bereits drei Niederlagen hinnehmen mussten, während St. Pauli noch ungeschlagen ist.
„Es ist bei der Personalfluktuation auch nicht ungewöhnlich, dass sich die Mannschaft erst finden muss. Dafür braucht man Zeit. Das geht nur in Ausnahmefällen sehr schnell. Am Ende aber erwarte ich schon, dass Schalke oben mitspielen wird“, prognostiziert Schulte, der auch schon jetzt die Stärke der Königsblauen in der Offensive sieht. „Mit Simon Terodde und Sebastian Polter hat Schalke zwei Stürmer, die aus jeder Situation ein Tor machen können“, sagt er.
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Wie St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler heute war auch Helmut Schulte 30 Jahre jung, als er das Team des FC St. Pauli 1988 in die Bundesliga führte. Dieser Coup wird jetzt von vielen auch Hürzeler zugetraut, der saisonübergreifend bisher 15 von 23 Spielen gewann und nur zwei verlor. „Die Parallelen sind gegeben. In beiden Fällen ist ein Cheftrainer abhandengekommen, der Co-Trainer übernimmt, ist ein relativ unbeschriebenes Blatt und dazu noch sehr jung“, sagt er. „Wir sind sicherlich unterschiedliche Menschen, aber wir beide legen viel Wert auf defensive Stabilität.“
St. Pauli soll mehr als eine gute Halbserie spielen
Schulte schätzt Hürzelers bisherige Arbeit sogar noch etwas höher als seine eigene Ende der 1980er-Jahre ein. „Damals war die Mannschaft durch meine Vorgänger Michael Lorkowski und Willi Reimann ja schon auf Kurs. Jetzt war ein wenig die Orientierung verlorengegangen durch die beiden schlechten Halbserien in Folge“, sagt er. „Ich ziehe meinen Hut davor, wie Fabian die stark verunsicherte Mannschaft wieder neu justiert hat.“ Jetzt komme es nur noch darauf an, damit aufzuhören, immer nur eine gute Halbserie in einer Saison zu spielen.