Hamburg. Beim neunten Sieg unter Trainer Hürzeler offenbarte das Team Schwächen, aber auch einen großen Willen und Zusammenhalt.

Als am Sonntag um 12.23 Uhr auch die Stürmer Johannes Eggestein und Elias Saad ihre letzten Torschüsse abgefeuert und damit ihre Extraschicht nach dem Spielersatztraining beendet hatten, war für die Zweitligamannschaft des FC St. Pauli endgültig das um einen Tag verschobene Wochenende angebrochen. Erst am Dienstagvormittag geht es für das Team weiter, das nach dem 1:0 (1:0)-Sieg am Sonnabend gegen Jahn Regensburg als neuer Tabellenvierter nun der erste Jäger des seit drei Spielen sieglosen und auf dem Relegationsplatz drei stehenden Stadtnachbarn HSV ist.

Die Rekord- und Aufholjagd geht also munter weiter. Allein an den jüngsten drei Spieltagen hat St. Pauli seinen Rückstand gegenüber dem Rivalen aus dem Volkspark von 13 auf sechs Punkte reduziert. Dazu ist man bis auf sieben Punkte an den direkten Aufstiegsplatz zwei herangerückt, auf dem der kommende Gegner 1. FC Heidenheim steht.

Irvine vergleicht St. Pauli mit Paris und ManCity

„Natürlich schauen wir auf die Tabelle und wissen, was gerade passiert“, sagte Co-Kapitän Jackson Irvine nach dem Sieg über Regensburg angesichts der Rekordserie von nun neun Erfolgen seit dem Beginn der Rückrunde. „So viele Spiele hintereinander gewinnen doch sonst nur Paris St. Germain, Manchester City oder Celtic Glasgow“, sagte der Australier, der nach seinem Länderspielausflug in die Heimat erst am vergangenen Donnerstag wieder am Teamtraining teilgenommen hatte.

Doch die ganz große Euphorie, zu der diese atemberaubende Siegesserie Anlass geben könnte, wollte sich am Sonnabendnachmittag dann doch nicht einstellen. Zu sehr war den Spielern bewusst, dass sie eine große Portion Glück in Anspruch nehmen mussten, um diese weiteren drei Punkte einzufahren.

Selbst für das am Ende siegbringende Tor zum 1:0 (23. Minute) waren sie auf die gütige Mithilfe der Regensburger angewiesen. Deren Stürmer Prince Owusu lenkte dabei den nach einer „Kerze“ senkrecht in den Fünfmeterraum fallenden Ball im Spielergetümmel mit dem Bein unbewusst ins eigene Netz.

Lukas Daschner übt Selbstkritik

„Es war kein gutes Spiel von uns“, stellte Stürmer Lukas Daschner unumwunden fest. Und Mittelfeldspieler Irvine meinte: „Wir müssen in den nächsten drei Spielen mehr zeigen, um dranzubleiben. Nach jedem Spiel, das wir gewinnen, wird das nächste Match schwerer und schwerer.

Heute haben wir schon gesehen, wie schwierig es wird.“ Es war offenkundig, dass es der Mannschaft im ersten Spiel nach der Länderspielpause an Frische und Leichtigkeit, aber auch an kreativen Ideen und Konzentration mangelte. Dazu hatte Regensburgs Trainer Mersad Selimbegovic sein physisch robustes Team gut auf St. Paulis Spielkonzept eingestellt.

In diesem Punkt gestand Erfolgstrainer Fabian Hürzeler eine Niederlage gegen seinen Kollegen ein. „Mir ist es nicht gelungen, die Mannschaft maximal vorzubereiten“, sagte er selbstkritisch.

Trainer Hürzeler lobt Einstellung

Dass es am Ende dennoch dazu reichte, dass St. Pauli in den neun Wochen seit dem Rückrundenstart sogar schon einen Sieg mehr eingefahren hat als im gesamten Kalenderjahr 2022, als es nur acht Dreier gab, hing vor allem mit dem beschriebenen Glück bei den Regensburger Torchancen insbesondere durch Blendi Idrizi (26. und 73.), aber auch mit dem Zusammenhalt und Willen zusammen, hinten die Null zu halten. Hürzeler brachte es so auf den Punkt: „Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden, mit der Leistung nicht, aber mit der Einstellung schon.“

Dabei kritisierte er vor allem die Ballverluste in gefährlichen Zonen. „Es war zu viel Gezocke im eigenen Drittel. Damit wird der Gegner eingeladen. Wir müssen sauberer spielen. Da war von der Körpersprache her schon viel Larifari bei einigen.“ Dabei will der 30-Jährige nichts daran ändern, sich grundsätzlich aus der eigenen Hälfte nach vorn zu kombinieren.

Dafür fordert er „klaren, einfachen Fußball“ und ein entsprechend akkurates, scharfes Passspiel. „Ich will den Jungs ihre Freiheit, mal zu zocken, nicht nehmen. Aber sie sollen wissen, wann und wo sie es machen können“, stellte Hürzeler klar.

St. Paulis Smith: Lieber siegen als gut spielen

Es gibt also Rede- und Verbesserungsbedarf nach diesem neunten Sieg unter seiner Regie, was im Grunde die beste Medizin ist, um ein Abheben zu verhindern. „Wenn du solche Spiele trotzdem gewinnst, zählst du irgendwann zu den Topmannschaften“, sagte Daschner. Und Kapitän Leart Paqarada befand: „Manchmal haben solche Siege wie heute einen größeren Wert als ein 4:0 mit Schönwetter-Fußball.“

Das passende Schlusswort fand Defensivspieler Eric Smith, der sich im Aufbauspiel meist einer lästigen Manndeckung ausgesetzt sah: „Wir haben es wieder geschafft, einen Weg zu finden, das Spiel zu gewinnen. Bei der Frage, ob wir gut spielen oder Spiele gewinnen sollen, sage ich ganz klar: Spiele gewinnen.“ Wobei sein Team zuvor auch schon bewiesen hat, dass es beides gleichzeitig kann.

  • FC St. Pauli: Vasilj – Medic, Smith, Mets – Saliakas (90. +1 Zander), Irvine, Hartel, Paqarada (90. +1 Ritzka) – Metcalfe (60. Otto), Daschner, Afolayan (70. Fazliji).
  • Regensburg: Urbig – Saller, Breitkreuz (90. +1 Yildirim), Elvedi, Guwara – Thalhammer – Caliskaner, Viet (86. Günther) – Singh (73. Makridis), Idrizi (74. Albers) – Owusu (87. Gouras).
  • Tor: 1:0 Owusu (23./Eigentor)
  • Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock)
  • Zuschauer: 29.235
  • Gelbe Karten: Saliakas (7), Daschner (4) – Singh (3), Owusu (5), Breitkreuz (4), Elvedi (4).
  • Statistik: Torschüsse: 9:16, Ecken: 0:4, Ballbesitz: 53:47 Prozent, Zweikämpfe: 93:118, Laufleistung: 121,63:118,74 km.