Hamburg. Erste Tendenzen bei Glatzel, Benes und Reis, die eine Klausel haben. Baumgart und Kuntz sprechen über mögliche Neuzugänge.
Stefan Kuntz setzte seinen Gesprächsmarathon am Freitag fort. Einen Tag nach seiner offiziellen Präsentation traf sich der neue Sportvorstand des HSV mit Sebastian Schonlau, um sich die Sichtweise des Kapitäns über die Gründe des verpassten Aufstiegs sowie notwendige Änderungen anzuhören.
Der Abwehrchef soll die Lage ähnlich bewerten wie Trainer Steffen Baumgart: Der HSV braucht Spieler, die mit Mentalität vorangehen, den Kampf in der Zweiten Liga annehmen und das Fußball-Unterhaus nicht nur als Überbrückungsstation auf dem Weg in die ersehnte Bundesliga betrachten.
HSV-Kader: Kuntz führt Gespräche
Am Donnerstagabend hatte Kuntz bereits mehrere Stunden mit Profifußballdirektor Claus Costa verbracht, um sowohl jeden HSV-Profi als auch potenzielle Neuzugänge zu analysieren. „Es gibt eine gewisse Grundqualität im Kader“, sagte Kuntz bei seiner Antrittspressekonferenz.
Die beiden Manager fuhren gemeinsam im Auto zum Relegationsspiel zwischen dem VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf (0:3), bei dem Kuntz als Experte für den TV-Sender Sat.1 im Einsatz war. Einen Abend davor saß der neue Vorstand länger mit Baumgart zusammen, dem er gleich zu Beginn seiner Amtszeit das Vertrauen aussprach.
Baumgart und Kuntz besprechen Neuzugänge
In dem ersten Kennenlerngespräch soll es relativ schnell um die jeweiligen Ideen gegangen sein, wie sich die Mannschaft im Hinblick auf den nun schon siebten Aufstiegsanlauf verändern müsse. Dabei sollen auch konkrete Namen möglicher Neuzugänge diskutiert worden sein.
„Ich bin relativ gut im Thema und kenne die Vorstellung, die vorher bereits entwickelt wurde“, sagte Kuntz. „Ich kenne Steffens Vorstellung. Wir werden sicher noch ein bisschen darüber diskutieren, wie eine erfolgreiche Philosophie aussehen kann. Es wird aber keinen Stefan-Kuntz-Kader und keinen Steffen-Baumgart-Kader geben, sondern einen HSV-Kader.“
Bleibt Glatzel trotz Ausstiegsklausel?
Wie genau dieser Kader letztlich aussehen wird, hängt maßgeblich davon ab, ob Robert Glatzel (2,3 Millionen Euro), Ludovit Reis (fünf) und Laszlo Benes (zwei bis drei) ihre Ausstiegsklauseln ziehen. „Mit diesen Spielern und Beratern werde ich so schnell es geht Kontakt aufnehmen, um zu wissen, wie ernsthaft die Idee ist, die Klausel zu ziehen“, kündigte Kuntz an.
Eine erste Tendenz geht in die Richtung, dass nur der torgefährliche Mittelfeldspieler Benes von seiner Wechseloption Gebrauch machen dürfte. Dem slowakischen Nationalspieler liegen mehrere Anfragen aus dem In- und Ausland vor.
Benes wohl eher nicht zu Trabzonspor
Verbrieft ist das Interesse des türkischen Spitzenclubs Trabzonspor. Allerdings drängt der siebenmalige Meister auf eine schnelle Einigung. Sollte Benes seinen Plan umsetzen, sich erst nach der EM zu entscheiden, würde Trabzonspor nach Abendblatt-Informationen Abstand von einem Transfer nehmen und sich umorientieren. Benes wird sich deshalb jedoch kaum unter Druck setzen lassen – zumal er ohnehin die Bundesliga bevorzugt.
Etwas anders verhält sich die Situation bei Glatzel und Reis, deren Klauseln jeweils am 14. Juni ablaufen. Wegen seiner Verbundenheit zum HSV und zur Stadt deutet aktuell vieles darauf hin, dass der umworbene Glatzel sich wie schon in den vergangenen beiden Jahren für einen Verbleib entscheiden wird.
Gemeinsam mit Ehefrau Natasa und seinen beiden Töchtern Elea und Alicia hat der HSV-Profi seinen Lebensmittelpunkt in Eimsbüttel. Im Falle eines Transfers müsste Familienmensch Glatzel seine erst vor einem Jahr eingeschulte Tochter Elea aus ihrem gewohnten Umfeld reißen, was er eigentlich nicht will. Kuntz, der Glatzel bereits aus der gemeinsamen Zeit beim 1. FC Kaiserslautern kennt, wird dieses Argument für sich nutzen, um den Torschützenkönig der Zweiten Liga von einem erneuten Aufstiegsanlauf zu überzeugen.
Glatzel liegt konkrete Anfrage vor
Bis zu einer finalen Entscheidung wird sich Glatzel alle Anfragen anhören, an denen es nicht mangeln soll. Vor allem ein dem Abendblatt bekannter Bundesligist soll immer wieder sein Interesse hinterlegen, bislang aber nur Außenseiterchancen haben, da der Verein verstärkt auf Konterfußball setzt. Eine Spielweise, die Glatzel wegen seiner Geschwindigkeitsdefizite nicht liegt.
Der Stürmer kann seine Situation realistisch einschätzen und weiß, dass aufgrund dieses Kriteriums ohnehin nur wenige Bundesligisten für einen Wechsel infrage kommen. Und so gilt es als realistisch, dass Glatzel auch in der kommenden Saison für den HSV aufläuft. Möglicherweise weiterhin an der Seite von Reis, da die Höhe seiner Ausstiegsklausel potenzielle Interessenten bislang abschreckt.
HSV will Hadzikadunic erneut ausleihen
Von der Entscheidung der drei Führungsspieler mit Wechseloptionen hängt auch die weitere Transferplanung ab. Momentan gilt es als wahrscheinlich, dass sich der Kader auf fünf bis sechs Positionen verändern wird. Trainer Baumgart soll dabei Wert darauf legen, dass die Neuzugänge zu seiner auf hohes Pressing und schnelles Umschalten ausgelegten Spielphilosophie passen.
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Darüber hinaus sieht sich der HSV verstärkt nach dem Profil eines sogenannten Lautsprechers auf dem Platz um. Jemand, der auch in unbequemen Partien gegen Aufsteiger und Abstiegskandidaten mit der nötigen Gier vorangeht, Zweikämpfe zu bestreiten. An solchen Spielertypen mangelt es im aktuellen Kader. „Es gibt den einen oder anderen Wunschspieler, meistens sind diese aber schwierig zu bekommen“, kündigte Kuntz an.
Ein konkretes Vorhaben ist es, Innenverteidiger Dennis Hadzikadunic erneut vom russischen Club FK Rostow auszuleihen. Außerdem verfolgt Kuntz das Ziel, junge Talente stärker bei den Profis zu integrieren. Für die beiden geplanten Sommertrainingslager wird Baumgart einige Nachwuchsspieler nominieren, um sich ein besseres Bild machen zu können. Doch bis zum Trainingsstart am 29. Juni werden noch einige Entscheidungen getroffen und viele Gespräche geführt werden. Das gilt besonders für Kuntz.