Kiel. Wie Lewis Holtby über den HSV und das Topspiel denkt. Mit Kiel steht er kurz vor dem Aufstieg. Wie dieser Erfolg möglich wurde.
Die Stimmung in der Kabine des HSV sei düster gewesen, sagt Lewis Holtby, als er sich an den 3. August 2018 erinnert. An jenem warmen Sommertag, als der zentrale Mittelfeldspieler noch das Trikot mit der Raute auf der Brust trug, fand das erste Zweitligaspiel in der Geschichte des einst so ruhmreichen HSV statt.
Im ausverkauften Volksparkstadion sorgten die Fans vor dem Anpfiff für eine Champions-League-Atmosphäre. Doch was sich dann auf dem Rasen abspielte, hatte aus Hamburger Sicht mit der Königsklasse nicht viel zu tun. 0:3 ging der HSV gegen Holstein Kiel unter. „Danach hieß es erst einmal: herzlich willkommen in der Zweiten Liga“, sagt Holtby fast sechs Jahre später und lacht.
HSV – Kiel: Was Holtby über Hamburg denkt
Am kommenden Sonnabend trifft der HSV erneut auf Holstein Kiel. Wieder wird die Arena ausverkauft sein. Und wieder geht es um viel. Für die viertplatzierten Hamburger (49 Punkte) ist es die wahrscheinlich letzte Chance auf den direkten Aufstieg, den der inzwischen beim Spitzenreiter aus Kiel (58) spielende Holtby mit einem Auswärtssieg fast schon perfekt machen könnte.
Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Kiel 29 / 59:34 / 58
1. FC St. Pauli 29 / 54:32 / 57
3. Düsseldorf 29 / 63:35 / 52
4. HSV 29 / 55:41 / 49
5. Hannover 29 / 51:36 / 45
6. Hertha 29 / 60:48 / 44
7. Karlsruhe 29 / 58:43 / 43
8. Fürth 29 / 40:42 / 42
„Meine einzige Emotion ist die volle Vorfreude auf 57.000 Menschen in einem geilen Stadion“, sagt der frühere HSV-Profi, als er am Dienstag nach seinem Ex-Club befragt wird. „Der Großteil der Nation wird auf dieses Topspiel schauen. Wir gehen mit vollem Elan in dieses Duell.“
Keine Frage: Holtby hat sich auch schon einmal emotionaler über den HSV geäußert. Doch fünf Jahre nach seinem Abgang aus Hamburg habe er nur noch wenig Berührungspunkte mit dem Club. Mit Bakery Jatta, Stephan Ambrosius und Tom Mickel sind nur noch drei Spieler aus der damaligen Mannschaft im aktuellen Kader vertreten. Die Spiele der Hamburger schaue er sich zwar im Fernsehen an, „allerdings habe ich keinen großen Draht mehr zu den Leuten“, sagt Holtby. Auch nicht zu Jatta oder Ambrosius.
Holtby lobt die HSV-Fans
Gänzlich verflogen sind seine Emotionen, die er mit dem HSV verbindet, allerdings auch nicht. So sorgen die Fans noch heute für Eindruck bei Holtby, obwohl einige Anhänger zum Ende seiner Hamburger Zeit verärgert über den Mittelfeldmann waren, als dieser seine Fahrt zum Auswärtsspiel bei Union Berlin wegen seines bevorstehenden Bankplatzes verweigert hatte und anschließend suspendiert wurde.
„Ich sehe, dass das Volksparkstadion immer noch ausverkauft ist und die Leute den HSV lieben, egal, was passiert. Das ist bemerkenswert“, sagt Holtby, der den mit dem HSV verpassten Aufstieg fünf Jahre später mit Kiel nachholen könnte.
„Wir können uns nur selbst stoppen oder ein Bein stellen, wenn wir im Training oder im Spiel nicht alles geben oder meinen, ein Stück weit herunterfahren zu können“, sagt er. Unter Trainer Marcel Rapp hätten viele Akteure einen „riesigen Entwicklungsschritt“ genommen. Auch Holtby selbst habe „fußballerisch noch einmal einen Sprung nach vorn gemacht“.
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In Kiel geht der Routinier nicht nur als Wortführer voran. Mit nunmehr 33 Jahren gehört der nimmermüde Profi noch immer zu den zehn laufstärksten Stammspielern der gesamten Zweiten Liga. Mit dieser Laufbereitschaft passt er optimal in das System von Rapp, der von seinen Profis nicht weniger verlangt, als den Gegner durch intensives Pressing über den gesamten Platz zu jagen und zu Fehlern zu zwingen. „Wir nehmen unsere Beine in die Hand, das ist unsere Identität. Jeder ist füreinander da“, beschreibt Holtby das Kieler Erfolgsgeheimnis.
Ex-HSV-Profi Holtby über Kiels Erfolgsgeheimnis
„Die Basics sind für uns entscheidend, gerade in der Zweiten Liga: Du musst laufen, kämpfen, zusammenstehen und kompakt auftreten“, sagt er. Vor allem im Anlaufen müsse man „gierig und gallig sein“. Eine Spielweise, die der Ex-Schalker schon immer beherzigt hat, weshalb er auch in Kiel als Führungsspieler fungiert. „Ich merke das Feuer in den Augen der Jungs, das gibt mir viel zurück“, beschreibt Holtby die positiven Effekte dieser Rolle.
Mit diesem Feuer will Holstein auch das Auswärtsspiel beim HSV angehen. Ob eine Wiederholung des Ergebnisses an jenem 3. August 2018 gewünscht sei, wurde Holtby am Dienstag gefragt. „Aus meiner Sicht auf jeden Fall“, antwortete der Rheinländer und lachte. Die Stimmung in der Kabine wäre für ihn persönlich diesmal eine andere.