Hamburg. Beim 3:4 gegen Hannover erlebte der 25-Jährige ein bitteres Zweitliga-Startelfdebüt. Heuer Fernandes ist durch Entscheidung geschwächt.
Es war kurz vor der Mittagspause am vergangenen Freitag im Teamhotel Grand Elysée, als der Tag für Matheo Raab eine entscheidende Wendung nahm. Trainer Tim Walter und Torwarttrainer Sven Höh hatten den 25-Jährigen zum Sechs-Augen-Gespräch gebeten. Und als sie dem bisherigen HSV-Ersatzkeeper eröffneten, dass er am Abend im Heimspiel gegen Hannover 96 erstmals den Vorzug vor Daniel Heuer Fernandes (31) erhalten würde, schienen sich für Raab eineinhalb Jahre harte Arbeit endlich auszuzahlen.
„Ich habe die ganzen eineinhalb Jahre Gas gegeben, seit ich hier bin. Ich habe mich brutal gefreut“, sagte Raab, der laut eigener Aussage nicht sonderlich überrascht war: „Die anderen Spieler bekommen die Entscheidung auch immer erst am Spieltag mitgeteilt. Natürlich ist das als Torwart etwas anderes, ich bin jetzt aber nicht aus allen Wolken gefallen.“ Wenige Minuten vor dem Dreiergespräch hatten Walter und Höh dem bisherigen Stammkeeper Heuer Fernandes mitgeteilt, dass er erstmals in dieser Zweitligasaison auf der Bank Platz nehmen muss. Zuvor war dies nur im DFB-Pokal der Fall gewesen, wo Raab Spielpraxis sammeln durfte.
HSV News: Walter nahm Raab trotz vier Gegentreffern in Schutz
Dass sein Ligadebüt mit einer denkwürdigen 3:4-Heimpleite enden würde, hatte sich Raab logischerweise anders vorgestellt. Walter nahm den im Sommer 2022 vom 1. FC Kaiserslautern verpflichteten Profi nach dem Abpfiff dennoch in Schutz. „Er hat an keinem der Gegentore eine Schuld. Es ist sehr unglücklich für ihn gelaufen“, sagte der Coach. „Wenn man vier Gegentore bekommt, kann man eigentlich kein gutes Spiel gemacht haben. Ich finde aber, dass er seine Sache sehr gut gemacht hat. Ich habe zwei sehr gute Torhüter und er hatte es sich verdient, heute zu spielen.“
Tatsächlich war Raab für keines der vier Gegentore direkt verantwortlich, sah lediglich beim Kopfballtreffer zum 0:1 etwas unglücklich aus, als der Ball in der kurzen Torwartecke an ihm vorbeirauschte. Ansonsten parierte er mehrfach stark, zeigte auch beim Spielaufbau keine Schwächen. Und dennoch stellt sich die Frage, ob sich das Trainerteam mit dem Torwartwechsel einen Gefallen getan hat.
Entscheidung gegen Heuer Fernandes hatte sportliche Gründe
„Es geht darum, dass Ferro in letzter Zeit nicht an sein Leistungspeak gekommen ist“, hatte Walter seine Entscheidung begründet. „Matze macht es seit Wochen und Monaten herausragend, so auch im Pokal.“ Betrachtet man allein die Statistik, spricht die Entwicklung gegen Heuer Fernandes, dessen grobe Fehler bei Wehen Wiesbaden (1:1), in Kiel (2:4), auf St. Pauli (2:2) und in Berlin (2:1) zu Gegentoren führten.
Mit durchschnittlich 68,8 Prozent abgewehrter Bälle liegt Heuer Fernandes in dieser Zweitligasaison nur auf Platz acht aller Keeper. In der vergangenen Spielzeit hatte der Deutschportugiese noch eine Quote von 72,2 Prozent vorzuweisen, in der Saison 2021/22 waren es sogar von 73,7 Prozent. Trotz dieses Zahlentrends weiß das Trainerteam, welchen Wert Heuer Fernandes als Führungsspieler in der Kabine und lautstarker Defensiv-Organisator auf dem Platz hat.
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„Ich habe Ferro immer unterstützt, er hat mich auch insbesondere heute brutal unterstützt, obwohl das für ihn sicher nicht einfach war. Das spricht für unser Torwartteam“, sagte Raab, der wie Heuer Fernandes einen Vertrag bis Sommer 2026 besitzt. Unabhängig davon, wer am kommenden Sonnabend (13 Uhr) im Auswärtsspiel bei Hansa Rostock im Tor steht, ist Heuer Fernandes in seiner auch selbst beanspruchten Führungsrolle nun jedoch geschwächt. Darüber hinaus hat sich das Trainerteam mit dem Torwartwechsel selbst unter Druck gesetzt.
Eine Prognose zu treffen, wer in Rostock im HSV-Tor steht, ist zu diesem Zeitpunkt aber kaum möglich, da die Entscheidung über den Verbleib von Trainer Tim Walter noch aussteht.
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