Hamburg. Der Kulttrainer spricht kritisch über die Spielweise von Trainer Tim Walter, lobt aber dennoch das Handeln der Verantwortlichen.
Die aktiven Trainerzeiten von Peter Neururer liegen lange zurück, im Geschäft ist der 68-Jährige aber noch immer. Das Zweitliga-Topspiel am Sonnabend zwischen Schalke 04 und dem HSV (20.30 Uhr) wird er als Experte für den TV-Sender „Sport1“ verfolgen. „Dass ich so ein Highlight wie Schalke 04 gegen den HSV mitnehmen kann, ist überragend“, sagt der frühere Kulttrainer im Gespräch mit dem Abendblatt.
HSV News: Peter Neururer schätzt Form ein
Vor dem Wiederbeginn der Zweiten Liga trennen beide Clubs elf Tabellenplätze. Während der HSV auf Platz drei in die Winterpause gegangen ist, befindet sich Schalke auf Rang 14 in bedrohlicher Nähe zu den Abstiegsplätzen. „Bei so einer Begegnung würde man eigentlich ein echtes Topspiel erwarten. Das ist es mit Blick auf die Tabelle leider nicht“, sagt Neururer, der von 1989 bis 1990 Schalke 04 trainiert hat. „Solche Vereine in dieser Spielklasse zu haben, macht die Liga dennoch deutlich attraktiver. Es werden 62.000 Zuschauer auf Schalke sein, das ist unglaublich!“
Ein Spiel mit HSV-Beteiligung ist für Neururer grundsätzlich ein Highlight. „Den HSV nimmt man mit, egal ob man im Stadion ist oder nicht“, sagt der ehemalige Bundesligatrainer. „Von der Besetzung ist es die mit Abstand beste Mannschaft der Zweiten Liga, überhaupt keine Frage.“ Mit Ausnahme des FC St. Pauli könne der HSV jede Mannschaft dominieren, sagt Neururer: „Dass der größte Konkurrent ausgerechnet in der eigenen Stadt spielt, ist natürlich eine fußballerische Dramaturgie.“
HSV-Anfälligkeit: „Natürlich alarmierend“
Der gebürtige Westfale weiß aber auch um die Anfälligkeiten der Hamburger. „Das Problem ist, dass der HSV anscheinend nicht aus den eigenen Fehlern lernt. Ansonsten wären sie schon längst aufgestiegen“, sagt er und beschreibt: „Sie wollen eine Spieleröffnung umsetzen, die selbst Barça (FC Barcelona, Anm. d. Red.) in seinen besten Zeiten nicht hinkriegen würde. Die Gegentore daraus kosten jedes Mal Punkte.“ Als Beispiel nennt er auch die verlorene Pokalpartie gegen Hertha BSC, in der der HSV eine zweimalige Führung leichtfertig verspielte: „So viele vermeidbare Gegentore zu kassieren, ist natürlich alarmierend.“
Dennoch ist Neururer von der Ausrichtung des Vereins überzeugt. „Mit Jonas Boldt haben sie einen überragenden Fachmann in den eigenen Reihen. Er ist nicht nur in seiner Vorgehensweise und Außendarstellung, sondern auch in seiner Fachlichkeit ein Top-Mann“, sagt er – und befürwortet auch das Vertrauen der Verantwortlichen zu Trainer Tim Walter.
Neururer traut Walter den Aufstieg zu
„Auf Kontinuität zu setzen, ist grundsätzlich richtig. Allerdings nicht, wenn etwas kontinuierlich falsch gemacht wird“, räumt Neururer ein, fügt aber an: „Wenn sie aus ihren Fehlern die Lehren gezogen haben, war es genau richtig, mit Tim Walter weiterzumachen. Ich gehe davon aus, dass sie dann auch aufsteigen würden.“
Der Jahresauftakt sei vor allem als Standortbestimmung wichtig. „Die Tabelle ist natürlich eindeutig, solche Auftaktspiele haben aber ihre eigenen Gesetze – dafür zahle ich auch fünf Euro ein“, sagt er lachend. „Keiner weiß, wo er genau steht. Die Testspiele von beiden Teams waren sehr strukturiert, aber eben nicht auf Wettkampfniveau.“
„HSV kann aus eigener Kraft Ziele erreichen“
Den HSV sieht Neururer psychologisch im Vorteil: „Mit der Belastung des Tabellenplatzes hat Schalke einen Wahnsinnsdruck, der HSV hat meiner Meinung nach eher einen positiven Druck.“ Als Trainer hat Neururer zweimal selbst den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. „Der HSV kann aus eigener Kraft seine Ziele erreichen, für Schalke ist der Aufstieg nicht mehr möglich“, sagt er. „Selbst wenn sie so einen Lauf hinlegen würden wie St. Pauli im Vorjahr, würde es wahrscheinlich nicht reichen, um unter die ersten drei Teams zu kommen.“
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Auf einen Tipp will sich Neururer allerdings nicht festlegen. Der Grund: „Tippen kann ich nur dann, wenn ich weiß, wie die Aufstellungen aussehen. Meine Tipps bei ,Sport1‘ sind deshalb auch sehr vage“, erzählt er und fügt lachend an: „Aber im Augenblick bin ich dort noch Tabellenführer!“