Hamburg. Heftige Vorwürfe gegen HSV-Präsident: Will er den Beirat entmachten, um wiedergewählt zu werden? Ein Zitat sorgt für mächtig Wirbel.
Bevor sich Marcell Jansen in den Urlaub verabschiedete, sollte er in der vergangenen Woche Antworten liefern. Auf der Präsidiumssitzung des HSV e.V. wurde er von seinen beiden Stellvertretern Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer nach der Motivation seines auch schon im Abendblatt erwähnten Strategiepapiers befragt. Denn die Vorwürfe innerhalb des e.V. sind inzwischen wohl noch schwerwiegender als bislang berichtet.
Mehrere Gremienvertreter sind davon überzeugt, dass der HSV-Präsident das Ziel verfolgt, den Beirat komplett zu entmachten. Hintergrund ist noch immer das von Jansen für den künftigen Gesellschafter HanseMerkur konzipierte Papier. Die Versicherung will die Anteile von Thomas Wüstefeld (6,77 Prozent) an der HSV Fußball AG vollständig übernehmen. Jansens Konzept soll starke Einschränkungen des Machteinflusses des Beirats vorgesehen haben, lautet der Vorwurf.
Marcell Jansen: Will HSV-Präsident Beirat entmachten?
Um den ausgebrochenen politischen Streit innerhalb des HSV zu verstehen, muss man die Rolle des Beirats kennen. Wie in der Satzung festgeschrieben ist, hat das Gremium eine Kontrollfunktion, um sowohl die Präsidentschaftskandidaten zur Wahl auf der Mitgliederversammlung als auch die Aufsichtsratskandidaten zur Bestellung zuzulassen. Zudem genehmigt der Beirat den Haushaltsplan des Präsidiums. Mit seinem Strategiepapier soll Jansen beabsichtigen, das Gremium für diese Aufgaben außer Kraft zu setzen, sagen die einen. Jansen streitet das ab.
Das Abendblatt hat den Präsidenten mit allen im e.V. diskutierten Vorwürfen konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Darin enthalten war auch die beim HSV als offenes Geheimnis betrachtete Spekulation, Jansen verfolge perspektivisch den Plan, HanseMerkur-Vorstand Eric Bussert durch die Hintertür in den Aufsichtsrat zu bringen, nachdem dieser vom Beirat wegen einer privatwirtschaftlichen Verbindung über mehrere Ecken zu Jansen schon einmal abgelehnt worden war.
Die gemeinsame Antwort des gesamten Präsidiums, also von Jansen, Papenfuß und Wehmeyer, nimmt auf keine der Fragen Bezug. „Ein vom Hamburger Abendblatt thematisiertes und sogenanntes Strategiepapier existiert nicht. Die Behauptungen, die diesbezüglich aufgestellt wurden, sind falsch. Inhalte aus Präsidiumssitzungen werden darüber hinaus grundsätzlich intern und vertraulich behandelt. Selbstverständlich erfolgt zu keiner Zeit ein Arbeiten gegen Vereinsgremien oder die eigene Satzung“, hieß es in einer am Sonntag verschickten Mail.
HSV-Präsidium: Teile distanzieren sich von Zitat
An dieser Stelle könnte die Geschichte enden, wenn sie nicht einen entscheidenden Schönheitsfehler hätte: Das Statement ist inhaltlich nicht stimmig. Denn das ominöse Papier gibt es tatsächlich, wie mehrere Augenzeugen dem Abendblatt bestätigt haben. Jansen soll es nicht nur auf einer Präsidiumssitzung, an der auch die Geschäftsführung teilgenommen hatte, sondern auch internen Vertrauten gezeigt haben.
Die Absender des Zitats sollen deshalb den Hinweis von mehreren Gremienvertretern erhalten haben, mit dieser mutmaßlichen Falschaussage das Vertrauen der Mitglieder zu verspielen. Daraufhin sollen Teile des Präsidiums schon wieder Abstand von der Formulierung genommen haben, die dem Abendblatt der Lüge bezichtigt. Stattdessen soll Jansen nun aufgefordert werden, die Inhalte seines Papiers transparent darzulegen.
Es ist der vorläufige Höhepunkt eines immer grotesker werdenden Streits, der am Ende nur Verlierer kennen könnte.
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Marcell Jansen: Was will der HSV-Präsident?
Dabei sollte doch im Fokus stehen, welche Ziele Jansen verfolgt. Und ob diese den HSV e.V. voranbringen oder schaden würden.
Eine Antwort könnte ein Blick auf die im Jahr 2025 anstehende Präsidiumswahl geben. Will Jansen erneut antreten, müsste er vorab die fachliche Prüfung des Beirats bestehen, mit dem er als hoffnungslos zerstritten gilt. Könnte Marcell Jansen also nur bei einer Entmachtung des Beirats wiedergewählt werden? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.