Hamburg. Der HSV zieht vorerst mit St. Pauli nach Punkten gleich. Gegen Braunschweig kommt es zu zwei Torpremieren im Volkspark.
Guilherme Ramos hatte den Moment im Abendblatt angekündigt. „Wir haben in der Kabine schon überlegt, was ich mache, wenn ich mein erstes Tor für den HSV schieße. Mein Landsmann Cristiano Ronaldo macht nach seinen Toren einen Sprung und ruft Siiiuuuu. Ich werde dasselbe machen, nur rufen wir dann alle Guuuuuuuiii.“ Fast vier Monate später war es so weit. Beim 2:1 (2:0)-Sieg gegen Eintracht Braunschweig am Freitagabend ging ein lautes Guuuuuui durch das Volksparkstadion.
Der Portugiese hatte den HSV mit seinem Führungstor früh in Derbystimmung gebracht (25.). In Nordderbystimmung gegen Braunschweig. Vor allem aber schon in Stadtderbystimmung eine Woche vor dem Duell beim FC St. Pauli am kommenden Freitag.
HSV zieht mit St. Pauli gleich
Durch den siebten Sieg im siebten Heimspiel hat der HSV vorgelegt und zumindest bis zum Sonnabend nach Punkten (27) mit dem Nachbarn vom Millerntor gleichgezogen. Mit mehr Konsequenz hätte die Mannschaft von Trainer Tim Walter sogar auch bei der Tordifferenz (+10) zu St. Pauli (+15) aufschließen können. Klar ist: In einer Woche am Millerntor wird es der HSV deutlich schwerer haben als gegen Braunschweig.
„Wir waren uns zu sicher und dachten, es geht mit 90 Prozent. Zum Glück ist es gut gegangen“, sagte Torjäger Robert Glatzel, der nun bereits aufs Derby blickt, aber eine Leistungssteigerung fordert. „Das Derby lebt von ganz vielen Emotionen, da müssen wir alles rausholen und mit den Fans alles zusammen dafür tun, dass wir gewinnen. Es wird ein geiles Spiel nächste Woche. Erster gegen Zweiter, mehr geht nicht.“
Pherai verzichtet auf Torjubel
Den Hamburgern reichte gegen den Tabellen-17. eine mäßige Leistung, die am Ende beinahe noch schiefgegangen wäre. Ohne vier Stammkräfte tat sich der HSV phasenweise schwer, die limitierten Braunschweiger zu bespielen. Ramos und Stephan Ambrosius hatten im Abwehrzentrum am Ende mehr Arbeit als ihnen lieb war. Bei Braunschweig verletzte sich früh Innenverteidiger Saulo Decarli, der von seinem eigenen Torhüter umgestoßen wurde und minutenlang behandelt werden musste (39.). Der benommene Abwehrspieler konnte zwar wieder aufstehen, aber nicht mehr weiterspielen.
Am Ende standen die Hamburger Torschützen im Mittelpunkt. Neben Ramos erlebte auch Immanuel Pherai seine Torpremiere für den HSV. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Club aus Braunschweig, für den der Niederländer in der vergangenen Saison noch neun Treffer erzielt hatte, war es so weit. Nur eine Minute nach dem 1:0 schlug Pherai mit einem 16-Meter-Schuss zu. Gegen seine alten Freunde verzichtete der 22-Jährige auf einen Jubel. Genau wie Robert Glatzel, der das eigentlich gerne getan hätte, aber frei vor dem Tor an Ron Thorben Hoffmann hängen blieb (18.).
Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. FC St. Pauli 19 / 35:16 / 39
2. Kiel 18 / 34:25 / 35
3. HSV 18 / 35:22 / 34
4. Fürth 18 / 28:20 / 32
5. Düsseldorf 19 / 40:25 / 31
6. Hannover 19 / 35:25 / 28
7. Paderborn 19 / 28:29 / 28
VAR-Premiere beim HSV
Eine weitere Premiere gab es im Hintergrund. Mit Sebastian Kneißl (40), der früher unter anderem bei Fortuna Düsseldorf und Wacker Burghausen spielte, unterstützte erstmals ein Ex-Profi die VAR-Beauftragten Daniel Siebert und dessen Assistenten Jan Seidel im Kölner Keller. Kneißl sollte seine Erfahrungen aus Sicht eines Spielers in die Diskussionen bei strittigen Entscheidungen einbringen. Diese gab es nach 34 Minuten, als Bakery Jatta elfmeterreif gefoult wurde, zuvor aber knapp im Abseits stand. Schiedsrichter Max Burda musste sich die Szene sogar selbst auf dem Bildschirm anschauen. Dabei war die Sache eigentlich klar.
Wenig Klarheit hatte im weiteren Verlauf dann aber vor allem der HSV in seinem Spiel. Die Hamburger fühlten sich viel zu sicher und wurden nachlässig. Sowohl vorne als auch hinten. Wie schon beim 4:2-Sieg gegen Braunschweig im Januar schaffte Fabio Kaufmann mit einem Distanzschuss aus dem Nichts den Anschluss.
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Stadionsprecher Christian Stübinger hätte vor 55.879 Zuschauern bei der Einweihung der neuen und drei Millionen Euro teuren Beschallungsanlage gerne noch ein paar mehr HSV-Tore durchgesagt. Doch die Mannschaft tat ihm den Gefallen nicht. Stattdessen jubelte erneut die Eintracht und versetzte die Zuschauer mit seinem zweiten Treffer kurzzeitig in Schockstarre (74.). Doch erneut meldete sich der VAR und korrigierte. Kaufmann stand knapp im Abseits.
So zitterte sich der HSV in der letzten Viertelstunde durch das Spiel. Die gute Stimmung der ersten Halbzeit war längst dahin. Die Zuschauer wurden immer unruhiger. Die Gäste von Trainer Daniel Scherning witterten ihre Chance. Nach vorne ging beim HSV gar nichts mehr. Aber es sollte reichen. Großer Jubel wollte angesichts der zweiten Halbzeit aber nicht aufkommen.
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Sechs Tage hat Walters Mannschaft nun Zeit, sich auf das 110. Stadtderby gegen den FC St. Pauli vorzubereiten. Schon jetzt ist klar, dass es das Duell Erster gegen Zweiter wird. Diese Konstellation gab es tatsächlich noch nie. Will der HSV dieses prestigeträchtige Spiel gewinnen, muss er sich aber gewaltig steigern.
Die Statistik:
- HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, Ramos, Ambrosius, Muheim – Meffert – Benes (90.+1 Nemeth), Pherai (78. Poreba) – Jatta, Glatzel, Dompé (63. Königsdörffer).
- Braunschweig: Hoffmann – Rittmüller, Ivanov, Decarli (43. Kurucay), Bicakcic, Donkor – Nikolaou (46. Krauße), Kaufmann, Helgason (63. Sane) – Gomez (85. Caliskaner), Krüger (63. Multhaup). – Trainer: Scherning
- Schiedsrichter: Max Burda (Berlin)
- Gelbe Karten: Jatta (5) - Kaufmann (3), Gómez (3)
- Zuschauer: 55.879
- Torschüsse: 16:14
- Ecken: 7:4
- Ballbesitz: 57:43 Prozent
- Zweikämpfe: 86:87