Hamburg. Guilherme Ramos hat beim HSV einen Blitzstart hingelegt. Der Portugiese über Cristiano Ronaldo, einen City-Spieler und Pherai.
Guilherme Ramos kommt am Mittwochmittag mit einem breiten Lächeln zum Interview-Termin mit dem Abendblatt. Der Neuzugang von Arminia Bielefeld ist ein positiver Typ. Nach seinem ersten Zweitligaspiel für den HSV, dem 5:3 gegen Schalke 04, ist das Lächeln sogar noch breiter geworden. Der Portugiese, den seine Kollegen „Gui“ nennen, spricht über seinen Kaltstart beim HSV und seine besondere Verbindung zu einem Profi von Manchester City.
Hamburger Abendblatt: Herr Ramos, haben Sie schon mal von Guy Demel gehört?
Ramos: Vor Kurzem ja (lacht). Tom Mickel hat mir erzählt, dass sein Name im Volksparkstadion immer gerufen wurde. Dazu kann ich gleich eine Geschichte erzählen.
Bitte.
Ramos: Wir haben in der Kabine schon überlegt, was ich mache, wenn ich mein erstes Tor für den HSV schieße. Mein Landsmann Cristiano Ronaldo macht nach seinen Toren einen Sprung und ruft Siiiuuuu. Ich werde dasselbe machen, nur rufen wir dann alle Guuuuuuuyyy. Das wird bestimmt ein schöner Moment.
HSV-Zugang Ramos: Ein Spaßvogel
Beim Volksparkfestival gab es die erste Kostprobe. Zudem konnte man Sie als DJ sehen, während Immanuël Pherai eine Rap-Einlage hingelegt hat. Wie kam es dazu?
Ramos: Ehrlich gesagt kann ich das gar nicht. Eigentlich sollte Ludo (Ludovit Reis, die Red.) mit Manu auftreten, aber wegen seiner Schulterverletzung konnte er es nicht machen. Ich bin dann als DJ eingesprungen, musste aber nur ein bisschen posieren. Den Rest hat der richtige DJ gemacht (lacht). Es war eher ein Spaß für die Fans.
Sie und Immanuël Pherai scheinen zwei positiv verrückte Typen zu sein. Stimmt’s?
Ramos: Hmmm. Privat bin ich eigentlich eher schüchtern. Aber wenn so ein Moment kommt, dann genieße ich ihn. Manu ist vielleicht noch etwas verrückter (lacht).
Wer hat nach dem verrückten Sieg gegen Schalke die Musik in der Kabine aufgelegt?
Ramos: Ich glaube, das war Stephan Ambrosius. Er legt gute Lieder auf. Aber auch Bobby (Robert Glatzel, d. Red.) macht gerne die Musik. Bakery Jatta ist auch oft dabei. Es ging aber nicht so lange. Es war ja schon spät, und wir hatten früh wieder Training.
Konnten Sie gut schlafen nach dem 5:3? Es war vermutlich das emotionalste Spiel Ihrer Karriere. Zumal es Ihr erstes Spiel für den HSV im Volksparkstadion war.
Ramos: Viel geschlafen habe ich nicht. Es war der Wahnsinn und sicher eines der emotionalsten Spiele meiner Karriere. Erstes Spiel, toller Gegner, volles Stadion und ein Sieg in letzter Minute.
Ramos überraschend schnell fit
Zwei Wochen vorher hatte niemand damit gerechnet, dass Sie nach Ihrer Schulterverletzung so schnell zurückkehren.
Ramos: Es ging schneller als erwartet. Mir wurde nach der Operation Anfang Mai gesagt, dass es etwa drei Monate dauert, bis ich wieder spielen kann, also erst im August. Ich habe hart gearbeitet und mich gut gefühlt. Die Ärzte haben mir dann grünes Licht gegeben.
Sie hatten nur eine Woche Zeit, sich an den Fußball von Tim Walter zu gewöhnen. Normalweise brauchen insbesondere Innenverteidiger etwas länger. Haben Sie die Spielidee schon verinnerlicht?
Ramos: Es ist natürlich neu für mich, aber wenn man lernwillig ist und offen dafür, lernt man schnell. Ich habe mir das Spiel gegen Viktoria Pilsen in der Vorbereitung zusammen mit den Analysten angeschaut. Dabei haben sie mir die Idee erklärt, und ich habe versucht, mich in das Spiel hineinzuversetzen und in meinem Kopf die Entscheidungen zu treffen. Das große Ganze habe ich verstanden. Es geht jetzt nur noch um Details.
Konnte Torhüter Daniel Heuer Fernandes Ihnen helfen? Er spricht ja auch Portugiesisch und war im Trainingslager Ihr Zimmerpartner.
Ramos: Ferro ist eine große Hilfe. Sein Portugiesisch ist zwar nicht perfekt, aber wie können uns gut verständigen. Vor allem auch beim Training, wenn der Coach eine Übung erklärt hat und ich nicht jedes Detail auf Deutsch verstanden habe (lacht). Im vollen Volksparkstadion kann ich ihn aber nicht verstehen, da ist es zu laut.
HSV: Besondere Verbindung zwischen Ramos und ManCity-Profi
Von Ihrem Landsmann Rúben Dias von Manchester City können Sie auch viel lernen. Stimmt es, dass Sie eine besondere Verbindung zu ihm haben?
Ramos: Das stimmt. Als ich zwei bis drei Jahre alt war, wurden wir von derselben Babysitterin betreut. Es war seine Tante. Wir waren damals beste Freunde.
Sie haben auch in der Jugend gegeneinander gespielt.
Ramos: Korrekt. Er war für Benfica Lissabon im Einsatz, ich für Sporting. Ich erinnere mich vor allem an ein besonderes Spiel in der U 17, als er und ich jeweils die Rückennummer drei trugen und Kapitäne unserer Mannschaften waren. Unsere frühere Babysitterin war als Zuschauerin dabei.
Was ist aus Ihrer Freundschaft geworden?
Ramos: Wir haben schon länger nichts mehr voneinander gehört, aber meine Mutter hat noch immer Kontakt mit seinem Vater. Zu Weihnachten hat sie mir ein von Rúben Dias getragenes ManCity-Trikot besorgt.
Träumen Sie davon, ihn mal bei der Nationalmannschaft zu treffen?
Ramos: Es ist auf jeden Fall ein Traum und auch ein großes Ziel, für das ich arbeite. Jeder möchte gerne für sein Land spielen. Portugal hat viele talentierte Spieler. Mein Ziel ist es, dass wir mit dem HSV eine starke Saison spielen. Vielleicht wird Nationaltrainer Roberto Martinez ja sogar irgendwann auf mich aufmerksam.
Ramos hat Nationalmannschaft als Ziel
Ihr Vorbild ist aber gar nicht Rúben Dias, sondern Pepe. Warum?
Ramos: Als ich ein Kind war, habe ich zu Pepe aufgesehen. Heute ist er Stammspieler beim FC Porto, obwohl er schon 40 Jahre alt ist. Das ist schon beeindruckend.
Haben Sie von ihm gelernt, wie man auf seinen Körper achtet?
Ramos: Ich absolviere zu Hause Stabilisierungsübungen, um so fit wie möglich zu sein. Ich habe schon immer über das Teamtraining hinaus an mir und meiner Fitness gearbeitet.
Woran genau?
Ramos: Ich achte auch auf meine Ernährung, indem ich fast nur Bio-Produkte konsumiere. Darüber hinaus versuche ich, die richtige Menge Schlaf zu bekommen. Es geht um die kleinen Details.
Welche Rolle spielte Verlobte bei HSV-Wechsel?
Wie schwer war für Sie die Zeit in Bielefeld mit zwei Abstiegen?
Ramos: Diese Erfahrung war schon sehr hart für mich. Vor allem nach meiner Verletzung. Ich habe versucht, meine Mitspieler aus der Zuschauerrolle zu unterstützen und zu motivieren. Leider hat es am Ende nicht gereicht.
Sie sind dann schnell beim HSV gelandet. Hat Ihre Verlobte bei Ihrem Wechsel eine Rolle gespielt? Es heißt, sie wollte gerne wieder in einer großen Stadt leben.
Ramos: Wir haben die Entscheidung gemeinsam getroffen. Bielefeld ist eine kleinere Stadt, in Hamburg gefällt es uns sehr gut. Die Entscheidung habe ich aber für das Projekt HSV getroffen und nicht für die Stadt.
Kann Hamburg mit Lissabon mithalten?
Ramos: Auf jeden Fall. Die Elbe ist vergleichbar mit dem Tejo, und das Meer ist hier auch nicht so weit weg.
Haben Sie das Portugiesenviertel schon kennengelernt?
Ramos: Leider noch nicht, aber ich möchte dort unbedingt mit Ferro und unseren Frauen essen gehen. Er kennt den Chefkoch eines Restaurants, ich bin sehr gespannt.
HSV-Zugang Ramos hat sich schnell integriert
Sie haben sich beim HSV sehr schnell integriert. Sind Sie jemand, dem es leichtfällt, neue Freunde zu finden?
Ramos: Das ist durchaus eine meiner Stärken. In Bielefeld fiel es mir anfangs schwerer, als ich mit sprachlichen Barrieren zu kämpfen hatte. Ich fühlte mich anfangs etwas verloren. Nun spreche ich etwas deutsch und der Start hier in Hamburg fiel mir viel leichter.
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Bei ihrem Ex-Club soll die Stimmung in der Mannschaft nicht gut gewesen sein.
Ramos: Die Stimmung hier in der Mannschaft ist richtig gut. Aber auch bei der Arminia hatten wir richtig gute Spieler und es gab auch dort niemanden, der schlechte Stimmung verbreitet hat. Durch den Druck sind wir vielleicht in einen Negativstrudel geraten und konnten als Mannschaft leider nicht das auf den Platz bringen, was wir zeigen wollten. Beim HSV habe ich sportlich und atmosphärisch ein sehr gutes Gefühl.
Woran machen Sie das fest?
Ramos: Für mich war bezeichnend, wie wir zur Halbzeit mit dem 1:2-Rückstand gegen Schalke umgegangen sind. Anstatt die Köpfe hängen zu lassen, war in der Kabine eine auffällig positive Energie zu spüren. Wir haben an uns geglaubt, das Ergebnis drehen zu können.
Wie wichtig ist dieser Spirit im Team, um den Aufstieg zu schaffen?
Ramos: Sehr wichtig. Durch unseren guten Teamspirit fällt einem vieles leichter. Ich hoffe, dass ich mit meiner Art dazu beitragen kann, unser Ziel zu erreichen.