Hamburg. Der Spielmacher spricht im Abendblatt-Interview über seinen früheren Berater, Abende mit Erling Haaland und seinen Instagram-Account.

Zuletzt gab es beim HSV noch leichte Sorgen um Immanuel Pherai. Beim 2:0 über den 1. FC Magdeburg am vergangenen Sonnabend musste der Offensivspieler mit Adduktorenproblemen ausgewechselt werden, im Gegensatz zu einigen Verteidigern ist der Niederländer aber wieder rechtzeitig für das Auswärtsspiel bei Holstein Kiel (Sa., 13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) fit geworden. Im Abendblatt-Interview spricht er über den BVB, Erling Haaland und seinen Instagram-Account.

HSV News: Immanuel Pherai im Interview über seine Karriere

Hamburger Abendblatt: Herr Pherai, am Dienstag saßen Sie mit ihren Mitspielern ausnahmsweise auf der Tribüne des Volksparkstadions, als der FC Barcelona in der Champions League bei Schachtar Donezk zu Gast war. Wie haben Sie das 0:1 erlebt?

Immanuel Pherai: Als Kind war Xavi neben Ronaldinho und Kaká immer mein größtes Idol, es war cool, ihn in unserem Stadion zu sehen. Als Mittelfeldspieler war er unfassbar gut, ich habe fast jedes Spiel von ihm gesehen. Ich habe am Dienstag aber ehrlich gesagt mehr erwartet von Barça, sie haben nicht besonders viele Chancen rausgespielt. Man hat gesehen, dass Xavi als Trainer nicht zufrieden war. Die Champions-League-Hymne hier im Stadion zu hören, war dennoch ein Gänsehautmoment für mich. Jeder Fußballer träumt, die irgendwann selbst als Spieler zu hören.

Sie offenbar auch, sonst wären Sie nicht im Alter von 16 Jahren von AZ Alkmaar zu Borussia Dortmund gewechselt…

Ich hatte als Jugendspieler auch Angebote von anderen Clubs, unter anderem von Manchester United. Ich hätte auch zu Ajax Amsterdam wechseln können, das Gelände war nur zehn Minuten von meinem Zuhause entfernt. Nachdem ich mir das Trainingsgelände in Dortmund angeguckt habe, stand für mich aber fest, dass ich zum BVB gehen möchte. Ich wollte raus aus der Komfortzone, mich komplett auf den Fußball konzentrieren. Die ersten Monate in Dortmund waren trotzdem schwierig, ich konnte kaum Deutsch, auch viele meiner Mitspieler haben kein gutes Englisch gesprochen.

Wie sind Sie in der Schule klargekommen?

Ich bin in Dortmund in der elften Klasse eingestiegen. Am Anfang habe ich noch alles verstanden, irgendwann bin ich aber nicht mehr mitgekommen, weil ich immer noch Schwierigkeiten mit der Sprache hatte. Zwei- bis dreimal pro Woche war ich dann bei Barbara, meiner Deutschlehrerin. Durch den Unterricht wurde es schnell besser. Die Schule habe ich aber nach einem halben Jahr wieder verlassen, ich wollte mich nur auf Fußball konzentrieren. Im Nachhinein weiß ich auch, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn ich weiter zur Schule gegangen wäre.

In Dortmund war Pherai auf sich allein gestellt

Würden Sie sagen, dass Sie in Dortmund erwachsen geworden sind?

Ja, ich musste auf einmal selbstständig leben. Nach einer gewissen Zeit habe ich auch verstanden, dass die deutschen Supermärkte im Gegensatz zu den niederländischen am Sonntag geschlossen haben (lacht). Bis zu meinen Eltern waren es aus Dortmund zweieinhalb bis drei Stunden mit dem Auto, ich habe sie nur gesehen, wenn wir mal mehr als zwei Tage frei hatten oder ich bei der niederländischen Junioren-Nationalmannschaft war. Sie haben aber verstanden, dass Dortmund der richtige Ort für mich war. Ich habe dort mein Internatszimmer direkt auf dem Trainingsgelände gehabt, konnte auch regelmäßig bei den Profis mittrainieren.

Dort haben Sie Anfang 2020 auch Erling Haaland kennengelernt...

Er ist damals im Winter aus Salzburg gekommen. Weil wir beide Mino Raiola als Berater hatten, hat mir Mino geschrieben, dass ich Erling gut aufnehmen und mal mit ihm essen gehen soll. Ich bin dann mit Giovanni Reyna, mit dem ich im Internat zusammengewohnt habe, und Erling eine Woche vor dem Trainingsstart gemeinsam zum Italiener gegangen. Ich glaube, dass er das sehr wertgeschätzt hat. Danach ist er seinen Weg gegangen, Erling war schon mit 19 ein absoluter Vollprofi. Als ich abends mal an seiner Tür geklopft habe, hat er mit einer komischen Brille mit roten Gläsern aufgemacht (lacht). Er hat mir dann erklärt, dass das ein Blaulichtfilter ist, damit er besser schlafen und regenerieren kann. Er hat auch immer darauf geachtet, wann genau die Sonne untergeht, damit er rechtzeitig ins Bett gehen kann. Anfangs fand ich das ein bisschen komisch, heute sieht man aber, dass es sich gelohnt hat. (lacht)

Während Haaland die Bundesliga dominierte, haben Sie sich im Sommer 2020 zu PEC Zwolle in ihre Heimat verleihen lassen. Was haben Sie damals gedacht?

Marco Reus und Axel Witsel haben mir gesagt, dass ich zwar viel Potenzial habe, in meinem Alter aber nur mit viel Spielzeit besser werden kann. Erst hatte ich das Gefühl, dass die Leihe ein Schritt zurück war, ich habe aber in der Saison in Zwolle viel gelernt. Als ich zur Saison 2021/22 zurück in Dortmund war, habe ich aber vor allem bei der U23 in der Dritten Liga gespielt. Am 33. Spieltag hat mich Marco Rose dann in der letzten Minute in Fürth eingewechselt. Ich habe mich natürlich gefreut, dachte aber auch: Endlich ist es so weit.

Pherai hatte besondere Beziehung zu Berater Raiola

Eine Woche vor Ihrem Bundesligadebüt war Mino Raiola im Alter von 54 Jahren an den Folgen einer Lungenkrankheit gestorben. Welche Rolle hat er für Sie gespielt?

Seit ich mit 16 Jahren zum BVB gegangen bin, war Mino für mich wie ein zweiter Vater. Er hat alle seine Spieler wie eine Familie behandelt. Ich habe nie verstanden, wieso er in den Medien eher negativ dargestellt worden ist. Mino wollte immer das Beste für uns Spieler erreichen, stand immer hinter uns. Obwohl er auch Superstars wie Paul Pogba und Zlatan Ibrahimovic betreut hat, konnte ich ihn immer anrufen. Als er gestorben ist, war es ein sehr schwerer Moment für mich.

Sie sind zwar noch nicht so bekannt wie Raiola es war, haben aber mit 272.000 Followern auf Instagram den mit Abstand größten Account aller HSV-Profis. Wollen Sie etwa Influencer werden?

(lacht) Naja, ich glaube schon, dass ich von meinen Mitspielern am meisten auf Instagram aktiv bin, das war auch schon in Braunschweig so. Mir macht das einfach Spaß. Ein Freund von mir, Luca Gilliot, ist Künstler und berät mich für meine Social-Media-Kanäle. Es gibt nicht viele Fußballprofis, die das so intensiv nutzen. Instagram ist aber eine gute Möglichkeit,um die Fans an meinem Leben teilhaben zu lassen. Mit meinem Kumpel arbeite ich eine Art Plan aus, was ich wann poste. Oft nehme ich aber auch spontan ein paar Fotos auf und lade sie hoch.

Inwiefern kontrolliert der HSV, was Sie auf Instagram posten?

Wir sprechen natürlich ab, was zu welcher Zeit in Ordnung ist. Auch wenn ich persönlich finde, dass meine Leistungen auf dem Platz nichts direkt mit meinem Instagram-Auftritt zu tun haben, muss man immer gucken, wie es gerade sportlich läuft. Wenn wir nicht gut spielen, ich aber ständig Fotos auf Instagram poste, sieht das für die Öffentlichkeit nicht gut aus. Das verstehe ich natürlich und akzeptiere es auch so.

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Im Sommer waren Sie hin und wieder beim Stand-Up-Paddling auf der Alster zu sehen. Was machen Sie in der kalten Jahreszeit?

Ich liebe Anime, das sind japanische Zeichentrickfilme. Momentan gucke ich die vierte Staffel von Attack on Titan. Wenn ich durch bin, fange ich irgendwann mit One Piece an. Levin Öztunali, Elijah Krahn, Ransford Königsdörffer sind da schon weiter als ich, die Serie hat 1000 Folgen. (lacht) Ansonsten spiele ich auch gerne Bowling oder beschäftige mich mit Musik. Weil meine Eltern früher ein Klavier zu Hause hatten, überlege ich momentan, Klavierunterricht zu nehmen. Als Kind habe ich Schlagzeug gespielt, das geht jetzt aber nicht mehr, weil meine Nachbarn Kinder haben. (lacht)

Helfen Ihnen die vielen Hobbies auch als Ablenkung vom Profifußballalltag?

Auf jeden Fall, ich merke schon, dass der Druck hier in Hamburg größer ist als in Braunschweig. Beim HSV ist die Erwartung, dass man auf dem Feld wenig Fehler macht. Man muss Verantwortung mit dem Ball übernehmen, was mir sehr gut gefällt. Wir arbeiten alle sehr hart daran, um unser Ziel, den Aufstieg in die Bundesliga, zu erreichen.