Hamburg. Vor dem Duell beim HSV spricht Fürths Coach Zorniger über die Spielideen beider Mannschaften und ein Scharmützel mit Walter.

Nach drei freien Tagen setzte Greuther Fürths Trainer Alexander Zorniger am Montag eine Doppelschicht an. Fünf Tage vor dem Zweitligaspiel beim HSV fährt der 56-Jährige die Belastung wieder hoch. Zwischen den beiden Einheiten nahm er sich Zeit, um mit dem Abendblatt über die Partie im Volksparkstadion zu sprechen, bei der es auch zum Duell von zwei Trainern kommt, die für einen offensiven Spielstil stehen. Sowohl Zorniger als auch HSV-Coach Tim Walter verfolgen eine mutige Philosophie, die Tore auf beiden Seiten garantiert.

„Es würde mich nicht wundern, wenn es ein Spektakel gibt“, sagt Zorniger und lacht.

HSV – Fürth: Zornigers Plan gegen Walter

Der Schwabe freut sich, dass die Art seines Fußballs im Gespräch mit dem Abendblatt als offensiv interpretiert wird. Es ärgere ihn, wenn ihm vermeintliche Experten das Gegenteil unterstellen, nur weil die Grundlage für ihn das „Spiel gegen den Ball“ sei, in früheren Zeiten auch Pressing genannt.

„Wir wollen das Spielgerät nach eigenem Ballverlust so schnell wie möglich zurückerobern“, schildert Zorniger seinen Plan. „Wir stehen für Emotionen. Ich sehe es als meine Aufgabe an, dem Zuschauer ein für ihn leicht verständliches Spiel zu präsentieren und gleichzeitig komplizierte Elemente wie die optimale Positionierung der Restverteidigung für die Profis einzubauen.“

Walter hat Spielweise beim HSV verändert

Als seine Mannschaft vor ziemlich genau fünf Monaten schon einmal im Volkspark antrat und knapp mit 1:2 verlor, bezeichnete der aus der Trainerschule von RB Leipzig stammende Coach die Partie im Anschluss als eine „90-minütige Pressingübung“. Eine Aussage, die er auf die damalige Spielweise des HSV bezogen habe.

Für die Neuauflage des Duells erwarte Zorniger nun aber ein völlig anderes Spiel, weil Walter seinen Fußball leicht modifiziert hat. Eine Beobachtung, die sich insbesondere an der Positionierung der Innenverteidiger zeigt. In seinen ersten zwei Jahren und auch noch zu Saisonbeginn ließ Walter einen seiner beiden Spieler im Abwehrzentrum bei eigenem Ballbesitz ins defensive Mittelfeld rotieren. Zuletzt war diese Rotation jedoch nicht mehr zu sehen.

Die beiden Neuzugänge Guilherme Ramos und Dennis Hadzikadunic, die wegen des dauerhaften Ausfalls von Kapitän Sebastian Schonlau gesetzt sind, fremdeln ohnehin mit dieser Spielweise. Nach anfänglichen Schwierigkeiten verlangt Walter wohl auch deshalb inzwischen weniger Positionsrochaden.

Zornigers HSV-Beobachtungen

„Ohne Schonlau spielen sie weniger ,give and go‘“, hat auch Zorniger beobachtet. Gemeint ist das direkte Auffüllen eines freien Raumes durch den Verteidiger, nachdem dieser den Ball abgespielt hat. „Außerdem ist ihr Umschaltspiel schneller geworden, und die Restverteidigung steht jetzt stabiler.“

Seine Mannschaft müsse darauf reagieren, indem sie Pressingmomente auch mal auflöse oder auf Ballbesitz setze, anstatt permanent den tiefen Passweg zu suchen. Von seiner Grundidee werde Zorniger im Volkspark aber nicht abweichen. Ähnlich wie Walter ist auch der Coach der Franken von seiner Philosophie überzeugt. Anpassungen an die Spielweise des Gegners nehme auch bei ihm nur eine untergeordnete Rolle ein.

„Wer, so wie wir, Pressingfußball praktiziert, der muss zwangsläufig ein schnelles vertikales Spiel integrieren“, sagt Zorniger und beschreibt anschließend den entscheidenden Unterschied zur Spielweise des HSV. „Die Ballbesitz- und Passquote oder die Anzahl der Pässe ist dagegen vergleichsweise irrelevant.“

HSV: Zornigers Zwist mit Walter

Eine Einschätzung, die Ballbesitzfanatiker Tim Walter in dieser Form vermutlich nicht äußern würde. Statt sich den Gegner mit Ballstafetten zurechtzulegen, setzt Zorniger auf Umschaltmomente. Mit seinem Fußball, davon ist er überzeugt, könne er „jeden Gegner vor Probleme stellen“. Diesen Satz traf der Coach in ähnlicher Form bereits bei seinem vorherigen Gastspiel im Volkspark.

Damals machte er kein Geheimnis aus seinem Ärger über eine Aussage Walters, der den knappen Heimsieg des HSV als „erledigte Hausaufgabe“ bezeichnet hatte. „In der Zweiten Liga gibt es Mannschaften, die dem HSV richtig wehtun können. Wenn diese Mannschaften es gut machen, dann gewinnen sie auch – also nicht nur dann, wenn der HSV es schlecht macht“, schoss es ungefragt aus Zorniger heraus. Walters Konter ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten: „Trotzdem haben wir unsere Aufgabe erledigt, wir haben nämlich gewonnen.“

Fünf Monate später blickt Zorniger deutlich entspannter auf dieses Scharmützel zurück. „Wir sind beide selbstbewusste Trainer, und dann kann es auch mal zwei Blickwinkel geben“, sagt Fürths Trainer, der sich auch diesmal sicher sein kann, mit Walter am Spielfeldrand die eine oder andere Meinungsverschiedenheit austauschen zu können.

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Sportlich erwarte Zorniger den zu Hause mit einer makellosen Bilanz von vier Siegen ausgestatteten HSV „mit der gewohnten Heimpower“. Fürth wartet dagegen noch auf den ersten Auswärtssieg, was auch daran liege, dass sich die junge Mannschaft in größeren Stadien schwertue, in ihre Abläufe zu kommen.

Eine Beobachtung, die allerdings dem Konzept des Vereins geschuldet sein könnte und sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern wird. „Wir sind ein Ausbildungsverein. Junge Spieler zu entwickeln und gewinnbringend zu verkaufen, ist ein Teil der Finanzierung unseres Etats“, erklärt Zorniger, der mit seiner Mannschaft erst einmal Punkte gegen den Abstieg sammeln wolle, ehe er höhere Tabellenregionen ins Visier nehmen könne.

„Fürth hat traditionell eine junge Mannschaft, die Wert auf ein gepflegtes Kurzpassspiel legt“, sagt der Trainer. Zu sehen bekommen sollen das auch die Zuschauer im Volkspark.