Wiesbaden/Hamburg. Immer wieder lässt der HSV im Aufstiegskampf Punkte bei destruktiven Gegnern liegen. Doch es gibt auch gute Nachrichten.
Es war schon spät, als Laszlo Benes ein paar wenige Worte fand. „Es ist schwer zu akzeptieren. Aber wir machen weiter“, schrieb der Mittelfeldspieler des HSV ein paar Stunden nach dem 1:1 (0:0) beim SV Wehen Wiesbaden auf seinem Instagram-Profil. Dem Hamburger Toptorschützen (sechs Treffer) war am Sonnabend in der achten Minute der Nachspielzeit etwas passiert, was ihm in dieser Saison noch nicht passierte: Er verschoss einen Elfmeter.
Sein Schuss landete an der Latte. Direkt danach war Schluss. Wieder hatte der HSV auswärts bei einem Aufsteiger nicht gewonnen. Wieder mussten sich die Verantwortlichen hinterher erklären, warum es gegen die kleinen Clubs nicht klappt.
Jonas Boldt kennt dieses Thema nur zu gut. Im fünften Jahr unternimmt der Sportvorstand den Versuch, den HSV zurück in die Bundesliga zu führen. Immer wieder waren die Hamburger in den vergangenen Jahren an Punktverlusten bei Aufsteigern und Außenseitern gescheitert. Und auch im sechsten Versuch ist schon jetzt klar, dass sich die Problematik nicht verändert hat. Mit einem furiosen Saisonstart und 13 Punkten aus fünf Spielen hatte sich der HSV eine hervorragende Ausgangsposition erarbeitet. Vier Wochen und drei sieglose Spiele gegen drei Aufsteiger später ist dieser Vorsprung dahin.
HSV: Immer wieder Probleme gegen Aufsteiger
Entsprechend gereizt reagierte Boldt auf die Frage, warum es nach Elversberg (1:2) und Osnabrück (1:2) auch gegen den dritten Aufsteiger nicht zu einem Sieg reichte. „Haben Sie die Spiele gesehen?“, fragte Boldt kurz nach dem Abpfiff einen Reporter in der Brita-Arena leicht patzig nach dem erneuten Patzer des HSV. „Wenn ja, dann würden Sie die Spiele auch unterschiedlich bewerten.“
Tatsächlich hatte der HSV in Wiesbaden ein deutlich besseres Spiel gemacht als noch in Elversberg und Osnabrück. Wiesbaden stand sogar noch tiefer als die anderen zwei Teams zuvor. Die Hamburger blieben geduldig, erspielten sich ein paar Chancen, doch Benes und Co. waren im Abschluss nicht konsequent genug. 23 Torschüsse reichten nur zu einem Treffer durch Miro Muheim (89.).
Zuvor hatte Wiesbaden mit der zweiten Chance des Spiels nach einer Ecke das 1:0 erzielt, weil Torhüter Daniel Heuer Fernandes den Kopfball von Marcus Mathisen nach vorne abprallen ließ und Aleksandar Vukotic schneller schaltete als Ignace Van der Brempt (81.). Erst danach warf der HSV alles nach vorne und wurde mit dem 1:1 belohnt. Es hätte aber mehr sein müssen als ein Punkt. „Dieses Spiel hatte nur einen Sieger verdient“, sagte Boldt.
Selbst Düsseldorf setzte als Spitzenreiter auf Mauertaktik
Doch weil Fußball ein Ergebnissport ist, fragte hinterher kaum jemand nach der Leistungssteigerung des HSV. „Jetzt musst du wahrscheinlich wieder ein bisschen was ertragen, obwohl wir wieder gegen eine Mannschaft gespielt haben, die einen Bus geparkt hat“, sagte Boldt. „Am Ende fehlt die Konsequenz und daher müssen wir uns an die eigene Nase fassen.“
Das Problem mit den parkenden Bussen ist für den HSV nicht neu. Sogar Fortuna Düsseldorf hatte als Spitzenreiter eine Woche zuvor im Volkspark auf eine Defensivtaktik gesetzt. Weil diese gegen das Spielsystem von HSV-Trainer Tim Walter ein durchaus erfolgversprechendes Mittel ist, das sich in Walters dritten Jahr in Hamburg herumgesprochen hat.
Was sich Walter vorwerfen lassen muss
Walter muss sich vorwerfen lassen, dass es ihm nicht gelingt, dieses Problem nachhaltig zu beheben. Zu statisch spielt der HSV in diesen Spielen, wenngleich in Wiesbaden eine der drei herausgespielten Großchancen eigentlich zu einem Tor hätte reichen müssen. Doch Benes traf schon in der ersten Halbzeit nur die Latte (35.), kurz zuvor nur die Beine des Gegners (32.) und in der zweiten Halbzeit schoss der schön freigespielte Ludovit Reis links vorbei (63.). Am Ende war der HSV aber nicht zwingend genug in seinen Aktionen.
Vor allem das für Walters System so wichtige Flügelspiel lahmte in Wiesbaden. Jatta hat regelmäßig Probleme gegen destruktive Gegner, wenn ihm zumeist der Platz fehlt. Gleiches gilt für den eingewechselten Ransford Königsdörffer. Vor allem aber kommt Neuzugang Levin Öztunali auf Linksaußen überhaupt nicht zur Geltung. So hing Robert Glatzel erneut in der Luft.
Der Stürmer dürfte vor allem seinen kongenialen Vorbereiter aus der vergangenen Saison, Jean-Luc Dompé, vermisst haben. Der Franzose ist mit seinen Dribblings gegen tief stehende Gegner am ehesten in der Lage, insbesondere Glatzel in Szene zu setzen. Doch wegen muskulärer Probleme konnte Dompé nicht länger als zehn Minuten spielen.
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HSV hat vier Punkte weniger als vor einem Jahr
So blieb am Ende das Resümee, dass sich der HSV zwar gesteigert hatte. Die bestehenden Zweifel an einer Verbesserung gegen Mannschaften wie Wiesbaden konnten die Hamburger aber nicht überzeugend beseitigen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr steht der HSV nach neun Spieltagen zudem mit vier Punkten weniger da. Damals endete die Serie von fünf Siegen in Folge mit einem 1:1 zu Hause gegen Aufsteiger Kaiserslautern.
Die guten Nachrichten zum Schluss: Der HSV ist immer noch Zweiter. Am nächsten Spieltag kommt mit Fürth eine offensiv ausgerichtete Mannschaft. Und die beste: Auswärts bei einem Aufsteiger muss der HSV in dieser Saison nicht mehr spielen.