Wiesbaden. Nach dem 1:1 des HSV bei Aufsteiger Wehen Wiesbaden lobt der Sportvorstand seine Mannschaft und reagiert gereizt.
Jonas Boldt wusste natürlich, welche Fragen nach dem 1:1 (0:0) des HSV beim SV Wehen Wiesbaden auf ihn zukommen würden. Und so kamen sie dann auch verlässlich. Woran es denn liege, dass die Hamburger in dieser Saison auch im dritten Spiel gegen einen Aufsteiger nicht gewinnen konnten, wollte ein Reporter vom Sportvorstand des HSV wissen. Boldt reagierte patzig. „Haben Sie die anderen Spiele gesehen?“, fragte der HSV-Manager. „Dann beantworte ich die Frage nicht.“
HSV trotz 71 Prozent Ballbesitz nur 1:1
Drei Wochen nach dem 1:2 bei der SV Elversberg und zwei Wochen nach dem 1:2 beim VfL Osnabrück reichte es am Sonnabend auch in Wiesbaden beim dritten Aufsteiger nicht zu einem HSV-Sieg. Trotz eines Torschussverhältnisses von 23:6 und einem Ballbesitzanteil von 71 Prozent. „Dann gehen Sie halt auf die Schlagzeile, wir haben wieder nicht gegen einen Aufsteiger gewonnen. Dann können wir es dabei belassen“, sagte der gereizte Boldt. Und weiter: „Diejenigen, die die Spiele gesehen haben, bewerten sie auch unterschiedlich.“
Boldt war genervt, dass es gegen einen destruktiven Gegner mal wieder nicht zu einem Sieg gereicht hatte, obwohl die Chance am Ende so groß war. Doch Laszlo Benes vergab in der achten Minute der Nachspielzeit per Strafstoß den möglichen Auswärtssieg, der die Diskussion um den HSV und die Probleme mit den kleinen Clubs vorerst beendet hätte. So wurde es wieder ein Patzer, auch wenn der HSV den Sieg verdient gehabt hätte.
„Jetzt musst du wahrscheinlich wieder ein bisschen was ertragen, obwohl wir wieder gegen eine Mannschaft gespielt haben, die mit elf Mann verteidigt. Wir haben nie aufgesteckt. Für mich hätte es nur einen Sieger geben dürfen“, sagte Boldt, der erst im zweiten Teil der Frage-und-Antwort-Runde auch Selbstkritik übte. „Wir waren einmal nicht aufmerksam und haben es versäumt, vorher in Führung zu gehen. Ich fand unseren Auftritt eigentlich ziemlich gut und sehr geduldig. Aber es ist ein Ergebnissport und daher nervt es, wenn man nicht gewinnt. Am Ende fehlt die Konsequenz und daher müssen wir uns an die eigene Nase fassen.“
Niederlagen von Elversberg und Osnabrück holen den HSV ein
Durch den vergebenen Sieg in Wiesbaden holen den HSV die zwei Niederlagen von Elversberg und Osnabrück wieder ein. Wären diese Spiele nicht schief gegangen, hätte der Club auch mit einem Punkt in Wiesbaden leben können. So haben die Hamburger nun saisonübergreifend schon fünf Spiele gegen Aufsteiger nicht gewonnen. Zu wenig, wenn man selbst aufsteigen will.
Der HSV stand zwar nach dem Spiel vorübergehend an der Tabellenspitze, doch die Zweifel wachsen, ob es mit diesem Ansatz in der Zweiten Liga im dritten Anlauf unter Trainer Tim Walter und im fünften Anlauf unter Sportvorstand Boldt mit dem Aufstieg klappt. Zu stark erinnerte das Spiel in Wiesbaden an Partien in den vergangenen Jahren, in denen der HSV gegen destruktiv eingestellte Gegner keine Lösungen gefunden hat. Schon vor vier Jahren hatten die Hamburger beim Aufsteiger aus Wiesbaden nur 1:1 gespielt und zwei wichtige Punkte liegen gelassen.
Umso ärgerlicher war es für den HSV, dass ausgerechnet der verlässlichste Torschütze in dieser Saison am Ende etwas zu genau zielen wollte. Benes verpasste sein siebtes Saisontor am neunten Spieltag nur knapp. „Normalerweise schießt Lazi jeden Elfmeter rein. Aber das passiert. Er ist ein Topspieler. Wir sind eine Mannschaft und müssen weitermachen“, sagte Ludovit Reis, der erneut den an der Wade verletzten Kapitän Sebastian Schonlau vertrat.
Schon vor vier Jahren spielte der HSV nur 1:1 in Wiesbaden
Schon in der ersten Halbzeit hatte Benes nach Vorarbeit von Reis nur die Latte getroffen. Möglicherweise wäre das Spiel für den HSV dann in eine andere Richtung gelaufen. So kam es fast, wie es im Fußball so oft kommt. Der Außenseiter kam in der zweiten Halbzeit nur ein Mal nach vorne und traf nach einer Ecke prompt zum 1:0. Fast wie vor vier Jahren, als eine Wiesbadener Ecke zum späten Ausgleich führte.
Jonas Meffert haderte hinterher mit den Gesetzmäßigkeiten des Fußballs. „Im Basketball hätten wir mit der Überlegenheit hoch gewonnen. Das ist Fußball, deswegen kommen die Leute ins Stadion“, sagte der Mittelfeldmann, der mit dem HSV seinen dritten Versuch unternimmt, in die Bundesliga zurückzukehren. „Es hat die Genauigkeit beim letzten Pass gefehlt. Aber was wir uns vorgenommen haben, haben wir super umgesetzt. Es war auf jeden Fall eine Steigerung“, sagte Meffert im Vergleich zu den auswärtigen Aufsteiger-Ausrutschern zuvor. Das war aber auch nicht schwer.
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Was bleibt nach diesem Spiel? In jedem Fall die Frage, ob es dem HSV unter Walter noch gelingt, die wiederkehrenden Probleme gegen tiefstehende Mannschaften zu lösen. Möglichkeiten zu Antworten wird es in dieser Saison noch einige geben. Dass man gegen den HSV mit dieser Spielweise erfolgreich sein kann, wissen in der Zweiten Liga nicht nur die Wiesbadener.