Hamburg. Vor dem Zweitliga-Start sprechen Emilia Hirche und Pauline Machtens über den Aufstieg – und ein mögliches Spiel im Volksparkstadion.

Emilia Hirche war acht Jahre alt und wohl auch ziemlich aufgeregt, als sich die ersten Erinnerungen an HSV-Fußballerinnen in ihren Kopf einbrannten. Es waren zwar nur ein paar Hundert Zuschauer in den Sportpark Eimsbüttel, der damals noch Wolfgang-Meyer-Sportanlage hieß, gekommen, doch für Hirche war die Erfahrung als Einlaufkind einmalig.

An der Seite von HSV-Abwehrspielerin Anna Hepfer lief die gebürtige Hamburgerin, die zwei Jahre zuvor beim TSV Wellingsbüttel mit Fußball angefangen hatte, auf den Rasen – und hatte das Privileg, eines der bisher letzten Bundesliga-Heimspiele der HSV-Frauen live zu erleben.

HSV News: Frauenteam wurde 2012 zurückgezogen

Um Geld zu sparen, zog der HSV-Vorstand um den damaligen Vorsitzenden Carl-Edgar Jarchow das Frauenteam, dessen Etat zuvor bereits von 750.000 auf 500.000 Euro zusammengekürzt worden war, im Sommer 2012 zurück.

Zwölf Jahre nach ihrem Einlaufkindeinsatz sitzt die mittlerweile 20-jährige Hirche im Abendblatt-Studio am Großen Burstah und spricht darüber, wie sie es mit den HSV-Frauen zurück in die Bundesliga schaffen will.

„Wir wollen wieder dahinkommen, wo die HSV-Frauen schon mal waren. Den ersten Schritt haben wir dafür jetzt schon gemacht, in den nächsten zwei bis fünf Jahren soll dann der nächste Schritt in die Erste Liga erfolgen“, sagt die Mittelfeldspielerin, die über den SC Condor mit 15 Jahren in die B-Jugend des HSV gewechselt war, sich früh in der drittklassigen Frauen-Regionalliga beweisen konnte und im Juni mit dem Team in die Zweite Liga aufstieg. Gegen Borussia Mönchengladbach starten Hirche und die HSV-Frauen am Sonnabend (14 Uhr) im Sportpark Eimsbüttel in die neue Saison.

Hirche steht vor erstem Zweitligaspiel

„Ich bin mega stolz auf mich und das Team. Es ist toll, hier geboren zu sein und professionell Fußball spielen zu können“, sagt Hirche. „Ich habe noch nie höher als Regionalliga gespielt. Das ist ein Traum, der jetzt in Erfüllung.“

Mit Einlaufpartnerin Anna Hepfer, die den HSV zwar nach dem Bundesliga-Absturz verlassen hatte, 2018 aber wieder zurückgekehrt war, spielte die BWL-Studentin bis Sommer 2022 sogar noch gemeinsam in der Regionalliga. Wäre der Aufstieg in diesem Jahr nicht geglückt, gibt Hirche zu, hätte sie sich auch einen Wechsel zu einem anderen Club vorstellen können. Es kam glücklicherweise anders für sie. „Mir war klar, dass ich beim HSV bleiben würde, wenn wir den Schritt schaffen“, sagt Hirche.

Horst Hrubesch sorgte für Aufschwung

Entscheidenden Anteil daran, dass die Mittelfeldspielerin auch in Hamburg ihren Traum einer Bundesligakarriere weiterverfolgen kann, hatte Horst Hrubesch. Nachdem der frühere Frauen-Nationaltrainer im Sommer 2020 zum HSV zurückgekehrt war, trieb er den Frauenfußball entscheidend voran. Der eingetragene Verein, zu dem die Frauenabteilung gehört, und die Fußball AG, die in erster Linie für den Profibereich der Männer zuständig ist, beteiligen sich seitdem zu jeweils 50 Prozent am Etat der Frauen.

Das Ziel, die Rückkehr in die Bundesliga, wird offen kommuniziert. Auch wenn sich die Spielerinnen und Verantwortlichen mit Kampfansagen nach dem Aufstieg noch zurückhalten, trauen manche Experten den HSV-Frauen zu, in der Zweiten Liga direkt oben mitzuspielen. Neun Neuzugänge wurden in diesem Sommer verpflichtet, darunter auch die erst 16 Jahre alten Talente Lotte Raab (vom Eimsbütteler TV), Almudena Sierra (eigene U17) sowie Selma Merz (Turbine Potsdam).

Spielerinnen studieren nebenbei

Pauline Machtens, die in der Jugend von Bayer Leverkusen ausgebildet wurde und zuletzt zwei Jahre am bekannten US-College Syracuse aktiv war, ist mit ihren 21 Jahren da schon fast ein Oldie. „Einerseits ist der HSV ein großer Name, andererseits wollte ich in einer Stadt spielen, in der ich nebenbei studieren kann. Da hat sich Hamburg mit der großen Universität angeboten“, sagt die Mittelfeldspielerin, die von Oktober an Bewegungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der Universität Hamburg studieren wird.

Eine konkrete Zielsetzung für die Zweite Liga will auch Machtens nicht formulieren. „Wir sind in der guten Position, nicht sagen zu müssen, dass wir aufsteigen wollen. Klar ist aber, dass es möglich wäre. Uns wurde gesagt, dass die Strukturen vorhanden sind“, sagt sie.

Zwei Teams steigen in die Bundesliga auf

Als Favoriten gehen die Bundesliga-Absteiger Turbine Potsdam und SV Meppen sowie die zweiten Mannschaften des FC Bayern und des VfL Wolfsburg in die neue Saison. Auch der FSV Gütersloh, der in der vergangenen Saison Vierter wurde, dürfte eine gute Rolle im Kampf um die zwei Aufstiegsplätze spielen. „Für uns ist gut, dass die zweiten Mannschaften nicht aufsteigen können“, sagt Machtens.

In der ersten DFB-Pokalrunde am vergangenen Wochenende zählten Hirche und Machtens zu den Torschützinnen beim 4:1-Sieg über Regionalligist ATS Butentor. Die Auslosung für die nächste Runde verfolgten die HSV-Frauen am Dienstagabend gemeinsam. Am Wochenende des 9. bis 11. September kommt es ausgerechnet zum Stadtderby beim FC St. Pauli.

Obwohl die HSV-Frauen ihre Heimspiele weiterhin auf der Paul-Hauenschild-Sportanlage in Norderstedt sowie im Sportpark Eimsbüttel austragen werden, wünschen sie sich ein Highlightspiel im Volksparkstadion. „Das ist ein Traum von uns allen. Da die Fans das auch gefordert haben, würde die Unterstützung der Zuschauer auf jeden Fall gegeben sein“, sagt Machtens. Klar ist: Sollte es zum ganz großen Auftritt kommen, dürften die HSV-Fans ihr sogar verzeihen, dass sie auf den eher unpassenden Spitznamen „Pauli“ hört.