Hamburg. HSV und St. Pauli gehören zu den meistsanktionierten Clubs im deutschen Fußball. Sie plädieren für ein Umdenken beim DFB.

Wenn am Sonnabend ab 13 Uhr der FC St. Pauli seine Saison-Heimpremiere im Millerntor-Stadion gegen Fortuna Düsseldorf feiert, dann werden auch wieder Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dabei sein.

Die Damen und Herren werden genau hinsehen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Man kann sich vorstellen, wie sie zählen und Strichlisten führen: Da, ein bengalisches Feuer, noch eins, hier eine Leuchtrakete.

HSV-Fans eröffneten Saison mit Pyrotechnik

Am Ende des Spieltages wird es eine genaue Auflistung geben, auf der all diese Dinge vermerkt sind, die entsprechend der „Richtlinie für die Arbeit des DFB-Kontrollausschusses“ zu sanktionieren sind.

Die HSV-Fans haben die Saison gegen Schalke 04 bereits mit einer hübsch anzusehenden Pyro-Choreografie eröffnet, einem Geburtstagsgruß zum 20-jährigen Bestehen an die Freunde der „Urban Crew“, einer Ultragruppe des FC Kopenhagen.

Und wie zu hören ist, wollen sie sich auch den Eröffnungsfeierlichkeiten des neuen Stadions vom Karlsruher SC am Sonntag (13.30 Uhr) „beteiligen“. Auch das wird also wieder kosten.

Pyro-Strafe? DFB kontrolliert Maßnahmen

Natürlich sind die Strafgebühren für jedes Delikt genau festgelegt. Abbrennen von Pyros kostet in der Zweiten Liga 600 Euro, das Abschießen schon 1500 Euro, Werfen von Gegenständen 500 Euro und das Verwenden von Laserpointern 2000 Euro. Und so fort.

Mit unschöner Regelmäßigkeit sorgen die vom DFB entsprechend verhängten Strafen an die Clubs wegen des nicht DFB-regelkonformen Verhaltens ihrer Fans in den Kurven für Aufsehen – und für volle Kassen beim Verband.

7.997.610 Euro mussten die 36 Vereine der beiden Bundesligen für die abgelaufene Saison blechen, 33 Prozent davon sollen sie für „sicherheitstechnische und gewaltpräventive Maßnahmen“ im eigenen Stadion und der Fanszene ausgeben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen unterliegen einer umfangreichen Kontrolle: Sie werden beim DFB eingereicht und unterliegen einer Nachweispflicht.

Teurere Ticketpreise wegen Pyro?

Die beiden Hamburger Clubs gehören mit ihren aktiven Fanszenen wenig überraschend zu den größeren Einzahlern auf das DFB-Konto. Hinter Eintracht Frankfurt (861.200 Euro) und Hannover 96 (625.820 Euro) folgt der HSV bereits auf Platz drei der Strafenliste mit 545.580 Euro.

Hannover droht seinen Fans nun sogar mit höheren Ticketpreisen, um die Kosten abzufedern. Eine Maßnahme, die für die beiden Hamburger Zweitligisten nicht infrage kommt. Stattdessen hinterfragt der HSV den grundsätzlichen Prozess des DFB und hält wie St. Pauli die Methodik, die Vereine in der geübten Form zur Kasse zu bitten, nicht für sinnvoll.

HSV sieht Pyro als Teil der Fankultur

Der HSV akzeptiert Pyrotechnik als Teil seiner Fankultur und hat seine Sicherheit erhöht sowie die Anzahl der Fanbetreuer erweitert. „Wir treten dafür ein, in einem vertrauensvollen Austausch und nicht auf der Basis von Drohungen oder Verboten, diesem Phänomen lösungsorientiert und konstruktiv zu begegnen“, sagte Cornelius Göbel, Direktor für Fankultur beim HSV, vor Kurzem dem Abendblatt.

Der Club verfolgt weiterhin das Ziel, ein zweites Mal legal Pyrotechnik im Volksparkstadion abbrennen zu dürfen und befindet sich darüber im Austausch mit Fanvertretern und der Stadt.

Wie St. Pauli zu Pyro steht

Der FC St. Pauli lag mit 292.590 Euro auf Platz sieben und damit noch vor Fan-Schwergewichten wie Borussia Dortmund oder Schalke 04. „111 Bengalos und 22 Raketen“ beim Derby im Volksparkstadion gegen den HSV hatten die offiziellen Mitzähler in der St.-Pauli-Kurve gezählt. Die Kosten: 117.250 Euro. Oder auch „vier Bengalos und Rauchkörper“ beim Spiel in Magdeburg, macht 5400 Euro. Und so weiter.

Auch der FC St. Pauli akzeptiert Pyrotechnik als Teil seiner Fankultur.
Auch der FC St. Pauli akzeptiert Pyrotechnik als Teil seiner Fankultur. © WITTERS | TimGroothuis

Insgesamt sieben Strafen wurden für die abgelaufene Saison gegen St. Pauli verhängt. So läppert es sich zusammen und verärgert die Bosse. „Ich stehe dafür, dass man Pyrotechnik im geordneten Rahmen als gangbar einordnen sollte, um die Verbotsthematik rauszunehmen. Solange aber der Strafenkatalog da ist, schadet jeder seinem eigenen Verein, dem er eigentlich das Beste wünscht“, sagt Präsident Oke Göttlich.

HSV und St. Pauli: Was mit der Pyro-Strafe passiert

Immerhin 97.600 Euro soll sein Verein im Prinzip „für sich selbst“ ausgeben, um präventiv zu arbeiten oder die Sicherheitstechnik im Stadion zu verbessern. „Das Geld wurde beispielsweise eingesetzt für die Reparatur oder Anschaffung von Zäunen“, teilt St. Pauli mit. Gleiches gilt auch für den HSV, der das Geld unter anderem noch in effektivere Kamerasysteme und Fanprojekte investierte.

Der DFB lässt jedes Jahr eine Summe, die mindestens der Höhe der angefallenen Geldstrafen entspricht, fußballnahen Stiftungen zukommen. Diese Stiftungen unterstützen soziale Projekte.

Im Millerntor-Stadion ist der Zugang zum Gästebereich in der Nordkurve ein sehr enger Flaschenhals, der bei großem Andrang eine genaue Kontrolle der Zuschauer zeitweise nur schwer möglich macht. Auch das führte beispielsweise gegen Hansa Rostock zu Pyro-Exzessen, die über das gewohnte Maß weit hinaus gingen.

Die Situation in diesem Bereich möchte der FC St. Pauli deshalb verbessern und auch dazu „Strafgeld“ einsetzen: „Aktuell planen wir, in eine neue Zugangsanlage für den Gästeeingang zu investieren, genauso wie in ein Fangnetz rund um den Gästeblock, das anlassbezogen eingesetzt werden kann.“