Hamburg. HSV-Manager zweifelt am Ziel einer „objektiven Wahrheitsfindung“. Für „intransparentes“ Arbeiten habe er eine Erklärung.

Mario Vuskovic muss sich weiter in Geduld üben. Seine Anwälte um den neuen Chefjuristen Paul Green arbeiten in diesen Wochen an der finalen Stellungnahme, mit der die Unschuld des HSV-Profis trotz eines positiven Epotests bewiesen werden soll. Wann der Dopingprozess vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) steigen wird, hängt auch vom Umfang der Schriftsätze der beiden in Berufung gehenden Parteien ab.

Denn sowohl Vuskovic, der auf Freispruch hofft, als auch die Nationale Antidoping-Agentur (Nada), die auf die im Regelwerk festgelegte vierjährige Sperre pocht, gehen gegen die vom DFB-Sportgericht verhängte Zweijahressperre vor. Eine Verhandlung in Lausanne (Schweiz) wird wohl nicht vor Oktober angesetzt werden.

Vuskovic: HSV-Chef Boldt nennt Nada-Arbeit „unpräzise“

HSV-Sportvorstand Jonas Boldt, der betont, dass Doping „rigoros bekämpft werden“ müsse, hat sich schon im Vorfeld klar positioniert und die Arbeit der Nada und Welt-Antidoping-Agentur (Wada) heftig kritisiert. Die Analyseergebnisse im Fall Vuskovic seien „höchst fragwürdig“, sagte der Manager in einem „Zeit“-Interview.

„Mein Glaube daran, dass es Nada, Wada und den von diesen akkreditierten Laboren ausschließlich um die objektive Wahrheitsfindung geht, hat in der Tat gelitten, nachdem ich das Verfahren eng begleitet habe“, sagte er und kritisierte vor allem das auch bei Vuskovic angewandte Sar-Page-Verfahren, bei dem es keine Grenzwerte gibt, sondern die Bilder der Dopingprobe mit einer positiven sowie einer negativen Vergleichsprobe verglichen werden.

Diese Analytik, führte Boldt aus, sei „nach Ansicht zahlreicher Wissenschaftler unpräzise“ und führe „teilweise zu nicht oder kaum nachvollziehbaren Ergebnissen.“ Die Nada hält dagegen und verweist darauf, dafür ausgebildet sein zu müssen, um die Bilder richtig bewerten zu können. Die Dopingprobe einem Wada-unabhängigen Labor zur Verfügung zu stellen, kommt für die Institution allerdings auch nicht infrage.

„Das, was in unseren Laboren gemessen wird, ist hochspezifisch. Diese Möglichkeit gibt es in anderen medizinischen Laboren überhaupt nicht“, sagte die scheidende Vorstandschefin der Nada, Andrea Gotzmann, vor Kurzem auf Nachfrage.

Was Boldt mit der Nada gemein hat

Boldt hofft, dass die Argumente des HSV vor dem Cas gehört werden, der „anders als das Sportgericht des DFB häufiger mit Dopingverfahren zu tun“ habe. Eine Kritik, die Boldt im Übrigen mit der Nada teilt, die das „Know-how“ beim DFB und seinen Gerichten erst vor eineinhalb Wochen infrage gestellt hatte und dafür plädierte, dass sich der Fußballverband dem hauseigenen Disziplinarverfahren anschließe.

Denn im Gegensatz zu anderen Sportarten führt der DFB seine Dopingverfahren in Eigenregie. Das Ergebnis ist bekannt: Das Urteil im Fall Vuskovic ist in nahezu allen Punkten angreifbar. Nun muss der Cas Klarheit schaffen.

Boldt meint, es gebe „keinerlei Anzeichen dafür, dass Mario (Vuskovic) gedopt haben könnte. Es lassen sich keine entsprechenden Sprünge in seinen Leistungsdaten feststellen.“

Vuskovic: HSV-Boss Boldt kritisiert Nada

Der HSV-Vorstand befürchtet, „die Sorge um den eigenen Ruf“ könne die involvierten Labore dazu verleiten, an den Ergebnissen festzuhalten. Zumal ein Labor seine Akkreditierung verlöre, wenn es nachweislich zu einem falschen Analyseergebnis gekommen sei.

Sollte es sich bei Vuskovic tatsächlich um einen falsch-positiven Dopingtest handeln, wie seine vier internationalen Gutachter beteuern, könne dies dazu führen, „dass der eine oder andere Epo-Fall aus der Vergangenheit noch einmal neu bewertet würde“, orakelt Boldt. Viel Konjunktiv für den Moment.

Boldts abschließendes Urteil über die Antidoping-Kämpfer: „Eine gewisse Unfehlbarkeit ist Teil der Arbeitsgrundlage von Nada und Wada. Nur so erklärt sich mir, dass beide Institutionen nach heutigen Maßstäben sehr intransparent arbeiten.“