Hamburg. HSV bekommt sogar mehr Geld von Ausrüster Adidas, der langfristig verlängert. Warum das TV-Geld auch in der 2. Liga gleich bliebe.

Die Saison ist noch nicht vorbei, doch ein Titel ist Borussia Dortmund nicht mehr zu nehmen. Der Tabellenführer landet vor dem FC Bayern München auf Platze eins. Der BVB, der am kommenden Sonnabend erstmals seit elf Jahren wieder Deutscher Meister werden kann, ist erneut der Zuschauerkönig im deutschen Fußball mit einem Schnitt von 81.219. Die eigentliche Überraschung landet auf Platz fünf: der HSV.

Mit einem Schnitt von 53.529 Zuschauern pro Heimspiel liegt der Club nur hinter Dortmund, den Bayern, Schalke 04 und Hertha BSC.

Es ist eine erstaunliche Zahl, die dem HSV nicht nur sportlich und wirtschaftlich hilft. Auch für die Sponsoren ist der Club trotz des fünften Jahres in der Zweiten Liga wieder attraktiv. Was das Abendblatt am Montagabend exklusiv berichtete, ist nun offiziell: der HSV hat überraschend den Vertrag mit Adidas bis 2029 verlängert.

HSV: Wie es zur Adidas-Wende kam

Nachdem der Ausrüster seinen ursprünglich bis 2024 gültigen Vertrag eigentlich auslaufen lassen wollte, ist es nun zur Wende gekommen. Seit Wochen hatten sich Jonas Boldt und Eric Huwer mit Adidas um eine Fortsetzung der seit 2007 laufenden Partnerschaft bemüht. Bei einem Treffen in Herzogenaurach haben die beiden HSV-Vorstände die Adidas-Verantwortlichen nun überzeugt, den Vertrag noch einmal zu verlängern – und zwar langfristig.

„Zwei starke Marken, Tradition, Emotion! Wir setzen auf eine verlässliche Beziehung. Unsere Fußballer schätzen die bewährte Adidas-Qualität und wir alle diese sehr gut gelebte Partnerschaft“, freut sich Boldt, der zudem ein Sponsoring mit dem Sportbekleidungshändler 11teamsports aushandelte.

„Wir freuen uns sehr, dass adidas in der Zusammenarbeit mit 11teamsports ein starkes Zeichen und Bekenntnis zum HSV abgibt“, sagt Finanzvorstand Huwer, nachdem der Aufsichtsrat des HSV den Deal abgesegnet hat. „Unser Ausrüster erfährt zudem eine große Beliebtheit bei unseren Fans. Die drei Streifen im Zeichen der Raute stehen für einen emotionalen Wiedererkennungseffekt, wecken Erinnerungen und machen Lust auf mehr.“

HSV bekommt mehr Geld von Adidas

Finanziell soll die neue Vereinbarung sogar noch lukrativer sein als die bisherige. Aktuell bekommt der HSV von Adidas in der Zweiten Liga rund zwei Millionen Euro pro Saison, bei einem Aufstieg in die Bundesliga wären es wieder vier. Ab 1. Juli 2024 soll die Summe sogar steigen.

Geholfen hat dem Club sicherlich auch, dass mit Castore und Jako zwei weitere Unternehmen großes Interesse gezeigt hatten, als HSV-Ausrüster einzusteigen. „Fortan wollen wir mit unserer Servicekompetenz für einen Mehrwert bei Club und Fans sorgen“, sagt 11teamsports-Chef Rolf Gramer.

HSV: TV-Geld bliebe in 2. Liga gleich

Für die Hamburger sind das gute Nachrichten mitten in einer Phase der ungewissen Zukunft. Am Sonntag könnte sich entscheiden, ob der HSV nach fünf Jahren in die Bundesliga zurückkehrt oder erneut in der Relegation um den Aufstieg spielen wird. Doch unabhängig davon wird der Club auch bei einem Verbleib in der Zweiten Liga in der kommenden Saison wieder finanziell gut aufgestellt sein. Und das hat vor allem mit dem Fernsehgeld zu tun.

Nach Abendblatt-Informationen werden sich die Erlöse aus der TV-Vermarktung auch im Falle eines verpassten Aufstiegs nicht verringern. Das TV-Geld stellt für den HSV die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle dar. In dieser Saison schüttete die Deutsche Fußball-Liga (DFL) 17,3 Millionen Euro an die Hamburger aus.

Auch wenn der Club zweitklassig bliebe, wird die Summe in etwa gleich bleiben. Sie könnte sich sogar minimal auf rund 17,5 Millionen Euro erhöhen, je nachdem welcher Verein aus der Bundesliga absteigt. Zuzüglich Zuschauereinnahmen, Sponsoren und Marketingerlösen wäre der HSV in der Lage, den aktuellen Spieleretat von 22 Millionen Euro auch in der neuen Saison zu stemmen.

HSV-Erklärung für TV-Geld-Überraschung

Im Falle des Aufstiegs betrügen die TV-Einnahmen rund 37 Millionen Euro und lägen damit innerhalb der regulären Diskrepanz zwischen Erst- und Zweitligisten.

Wie aber ist es möglich, dass sich das Fernsehgeld, anders als üblich, bei einem weiteren Zweitligajahr nicht verringern würde? Die Erklärung liegt in dem zur neuen Saison leicht modifizierten Vier-Säulen-Modell der DFL. Demnach werden die Bereiche „Nachwuchs“ (4 Prozent) und „Interesse“ (3 Prozent) um je einen Prozentpunkt stärker gewichtet. Dadurch würde der HSV die Mindereinnahmen durch die schlechter werdende Fünfjahreswertung ausgleichen, denn zur neuen Saison entfällt die bislang letzte Bundesligaspielzeit 2017/18.

Diese Säule ist ein Schutz für die Traditionsvereine im Falle eines Abstiegs. In den vergangenen Jahren hatten Vereine wie Schalke 04, Werder Bremen, der VfB Stuttgart oder der 1. FC Köln davon profitiert. Sie alle stiegen nach einem Jahr Zweite Liga wieder in die Bundesliga auf – anders als der HSV. Als sichere Konstante bliebe nur der rund 7,2 Millionen Euro schwere Anteil aus der unter allen Zweitligisten gleich aufgeteilten Summe von 130 Millionen Euro.

HSV profitiert von Talenten beim TV-Geld

Spannend wird es insbesondere beim Thema Nachwuchs, denn zwei Drittel dieser Säule entfallen auf die Einsatzminuten der U-23-Spieler, der sogenannten „Local Player“. Ausländische Spieler müssen vor ihrem 15. Geburtstag für einen deutschen Verein aktiv gewesen sein.

Anssi Suhonen (22), der als 16-Jähriger zum HSV wechselte, oder Ludovit Reis (22), William Mikelbrencis (19), Andras Nemeth (20), Xavier Amaechi (22) und Mario Vuskovic (21) werden daher nicht für diesen Teil der Ausschüttung berücksichtigt.

Durch die Profieinsätze von Ransford Königsdörffer (21), Jonas David (23), Noah Katterbach (22), Filip Bilbija (23) Omar Megeed (17), Tom Sanne (19), Elijah Krahn (19), Bent Andresen (20), Valon Zumberi (20) und Ogechika Heil (22) ist der HSV in dieser Kategorie ganz vorne mit dabei. Genauso wie bei der Ausbildung der U-23-Spieler, die das noch fehlende Drittel ausmacht.

HSV steht auch vor Kühne-Deal

Für die Säule Interesse hat die DFL eine Umfrage unter 23.000 Deutschen ab 14 Jahren durchgeführt. Es dürfte wenig überraschen, dass der HSV als Traditionsverein mehr Fußballfans begeistert als die meisten Erstligisten. Alles in allem nimmt der HSV aus den Säulen Nachwuchs und Interesse eine niedrige Millionensumme ein, wodurch die Gesamterlöse auf aktuellem Niveau gehalten werden können.

Der HSV ist also für den Fall des Zweitligaverbleibs finanziell gerüstet. Trotzdem bleibt die Rückkehr in die Bundesliga natürlich das große Ziel. Dann würden sich neben der Summe durch Ausrüster Adidas auch die Einnahmen von Hauptsponsor Hanse-Merkur auf rund sechs Millionen Euro verdoppeln.

Und auch bei den Verhandlungen mit Anteilseigner Klaus-Michael Kühne über das Stadionnamensrecht hätte der HSV eine deutlich bessere Position. Kühne soll sogar bereit sein, den auslaufenden Vertrag auch in der Zweiten Liga zu verlängern – diesmal langfristig.

Bis es so weit ist, muss der HSV am letzten Spieltag und möglicherweise in den zwei weiteren Relegationsspielen noch einmal sportlich überzeugen. Das wäre immer noch der beste Weg, die guten wirtschaftlichen Nachrichten noch einmal zu erweitern.